Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkung eines Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschlusses
Leitsatz (amtlich)
Soweit in einem Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschluss nicht ausdrücklich der Wirkungszeitpunkt festgesetzt worden ist, ist der Beschluss dahin auszulegen, dass grundsätzlich eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife erfolgt.
Normenkette
ZPO §§ 114, 119-120, 124 Nr. 4; BGB § 286 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Oranienburg (Beschluss vom 08.10.2007; Aktenzeichen 35 F 11/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Oranienburg vom 8.10.2007 - Aktenzeichen 35 F 11/05 - aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Dem Antragsteller war auf seine sofortige Beschwerde vom 5.4.2005 unter Abänderung des zunächst Prozesskostenhilfe versagenden Beschlusses des AG Oranienburg vom 16.12.2004 mit Beschluss vom 28.12.2004 Prozesskostenhilfe für den Scheidungsantrag einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich unter Anordnung von Ratenzahlungen i.H.v. 135 EUR bewilligt worden. Mit Schriftsatz vom 11.10.2005 (Bl. 56 der Hauptakten) teilte der Antragsteller mit, dass er seit dem 2.9.2005 arbeitslos geworden sei und monatliches Arbeitslosengeld i.H.v. 560,40 EUR beziehe. Gleichzeitig teilte er eine ladungsfähige Anschrift ... mit. Auf einer Zustellungsurkunde hinsichtlich der Durchführung des Versorgungsausgleichs (Androhung eines Zwangsgeldes) vom 27.1.2006 befindet sich die handschriftliche Änderung der Anschrift des Antragstellers in:... der von der Zustellerin stammen dürfte. Diese Anschrift wird auch von der Deutschen Rentenversicherung Berlin-Brandenburg unter Bezugnahme auf eine "aktuelle Auskunft des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten" (Schreiben vom 29.12.2005, Bl. 87 Hauptakten) verwendet. Der Antragsteller selbst hat sich zu seiner aktuellen Anschrift im Scheidungsverfahren nicht weiter geäußert. Insbesondere wurde die im Laufe des Verfahrens weiterhin verwendete Anschrift ... nicht beanstandet.
Im Zusammenhang mit der Anhörung der Parteien zur Scheidung und zum Versorgungsausgleich hat das AG am 28.8.2006 dem Antragsteller Prozesskostenhilfe für das Scheidungsverfahren einschließlich der Folgesache Versorgungsausgleich ohne Ratenzahlung bewilligt (Bl. 116 Hauptakten). Unter dem 25.5.2007 fragte die zuständige Rechtspflegerin in einem intern gebliebenen Aktenvermerk beim Richter an, ob der Beschluss vom 28.8.2006 hinsichtlich der Ratenzahlung rückwirkend ab Antragstellung gelten solle. Nach Verneinung dieser Frage verfügte der sodann zuständige Rechtspfleger eine schriftliche Zahlungsaufforderung an den Antragsteller über restliche 4 Raten á 135 EUR, insgesamt 540 EUR nach Verrechnung der bislang eingegangenen Zahlungen. Mit weiterem Schreiben vom 3.9.2007 wurde der Antragsteller letztmalig zur Zahlung der offenen Raten aufgefordert und ihm die Aufhebung der Prozesskostenhilfe-Bewilligung angedroht. Dieses Schreiben ist dem Antragsteller ausweislich der Zustellungsurkunde (Bl. 51 PKH-Heft) am 6.9.2007 durch Ersatzzustellung (Einlegung in den Wohnungsbriefkasten) zugestellt worden. Mangels Zahlungseingangs hat das AG Oranienburg mit Beschluss vom 8.10.2007 die mit Beschluss vom 28.12.2004 bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben. Dieser Beschluss ist der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers formlos übersandt worden. Eine Zustellung an den Antragsteller ist ausweislich Postzustellungsurkunde am 12.10.2007 durch Ersatzzustellung erfolgt.
Mit am 26.10.2007 eingegangenem Schriftsatz hat der Antragsteller, vertreten durch seine Bevollmächtigte, hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt. Er trägt vor, es sei davon auszugehen gewesen, dass der Beschluss vom 28.8.2006 Rückwirkung entfaltet habe, zumal der entsprechende Antrag bereits vom 12.10.2005 datierte. Wäre erkennbar gewesen, dass eine Rückwirkung nicht beabsichtigt gewesen sei, so wäre gegen den Beschluss eine Beschwerde eingelegt worden. Die Schreiben vom 11.7.2007 und 3.9.2007 hätten den Antragsteller nicht erreicht. Es sei darauf hinzuweisen, dass unter der Anschrift ... insgesamt drei Adressaten mit dem Namen ... wohnten, so dass es ohne weiteres zu Verwechselungen gekommen sein könnte. Jede der Parteien verfüge über einen entsprechenden Briefkasten.
Das AG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II. Die gem. §§ 127 Abs. 2 S. 2 i.V.m. §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist begründet.
Voraussetzung für die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 4 ZPO ist der Verzug mit der Ratenzahlung. Zwar ist im Wortlaut der Vorschrift lediglich von "Rückstand" die Rede, Voraussetzung für die erhebliche Sanktion der Aufhebung des begünstigenden Beschlusses ist jedoch ein Verschulden des Begünstigten, mithin Verzug. Der Antragsteller kommt nicht in "Rückstand", solange die Leistung in Folge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat, § 286 Abs. 4 BGB (BGH NJW 1997, 1077; OLG Brandenburg FamRZ 2001, 633; B...