Verfahrensgang
LG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 11 O 203/14) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.) gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 30. September 2020 - 11 O 203/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte zu 1.).
Der Wert der Beschwerde wird auf 80.920 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagten mit der im Juli 2014 erhobenen Klage auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch. Die Beklagten hatten die Klägerin mit Rohbau- und Fassadenarbeiten an einem Mehrfamilienhaus in ... beauftragt. Die Beklagten haben Widerklage erhoben und begehren ihrerseits von der Klägerin einen Kostenvorschuss für die Beseitigung von Mängeln.
Das Landgericht hat am 24. April 2015 einen Beweisbeschluss erlassen und die Einholung eines Sachverständigengutachtens in Auftrag gegeben. Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten am 14. Oktober 2015 erstattet. Zu der Begutachtung hatte dieser Sachverständige noch das Fassadensystem - zumindest an einer Stelle im Erdgeschoss - geöffnet. Im Dezember 2015 hat das Landgericht die Einholung eines Ergänzungsgutachtens beschlossen, welches erst im Mai 2017 vorlag; der Sachverständige hatte zwischenzeitlich einen Schlaganfall im Kleinhirn erlitten. Nach der Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 8. Dezember 2017 hat das Landgericht im Februar 2018 die Einholung eines Obergutachtens in Auftrag gegeben. In der Folgezeit kam es unter anderem zum Streit über die Frage, wer die Einwilligung des Hauseigentümers zu bauteilzerstörenden Untersuchungen vorlegen müsse. Das Obergutachten lag im Februar 2020 vor, der Obergutachter hatte keine Gelegenheit, Proben von der streitgegenständlichen Fassade zu nehmen.
In der mündlichen Verhandlung am 18. August 2020 wurde der Obergutachter gehört. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung ging es bei der Befragung des Sachverständigen vorrangig darum, dass jedenfalls ein Teil der Beweisfragen eine Bauteilöffnung erforderlich gemacht hätte.
Nach Beendigung der Befragung des Sachverständigen und dessen Entlassung erklärte die Beklagte zu 1.), sie lehne den Vorsitzenden Richter am Landgericht wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Eine Begründung zu diesem Antrag gab sie nicht, insoweit bat sie um eine Schriftsatzfrist. Nachdem die Parteien anschließend ihre Sachanträge gestellt hatten, erklärte die Prozessbevollmächtigte der Beklagten, sie lehne den Vorsitzenden Richter hinsichtlich der Verfahrensweise erneut ab. Weitere Begründung erfolge schriftlich.
In einem etwa zwei Wochen nach dieser Verhandlung eingereichten Schriftsatz führt die Beklagte verschiedene Gründe auf, die die Befangenheitsanträge begründen sollen. Sie wirft dem Richter unter andrem vor, bei der Anhörung des Sachverständigen ihr Fragerecht beschränkt zu haben. Sie habe zu der zur Frage der Probenentnahme durch den Vorgutachter weiter vortragen und erklären wollen, wie es dazu im Jahr 2015 gekommen war. Diesen weiteren Sachvortrag habe der Vorsitzende nicht zugelassen und erklärt, sie solle die scharfen Nachfragen sein lassen. Ferner habe der Vorsitzende weitere Fragen zu der Problematik, ob bei den Fassadenarbeiten Vorschriften der EnEV eingehalten worden seien, nicht zugelassen. Auch habe der Richter zur Frage der Beweisvereitelung dadurch, dass der Obergutachter keine bauteilzerstörenden Untersuchungen durchführen konnte, unzutreffende Ansichten vertreten. Schließlich wird die Verfahrensleitung durch das Gericht in den Jahren 2014 bis 2018 gerügt. So habe der Richter in 2014 auf Terminsverlegungsanträge nicht sachgerecht reagiert. Darüber hinaus habe er in den Jahren 2015 bis 2017 den Erstgutachter falsch angeleitet. Auch die Auswahl der Gutachter durch das Gericht wird zum Gegenstand der Befangenheitsanträge gemacht. Schließlich habe das Gericht mit der Forderung nach Kostenvorschüssen für die Sachverständigen Druck auf sie ausüben wollen.
Der abgelehnte Richter hat sich dazu unter dem 3. September 2020 dienstlich geäußert. Hinsichtlich des Vorwurfes der Beschränkung des Fragerechts hat er angegeben, er habe die Beklagte 1.) lediglich gebeten, persönliche Anwürfe gegen den Sachverständigen bei den an diesen gerichteten Fragen zu unterlassen. Hinsichtlich der Frage der Beweislast im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Bauteilöffnungen habe er den Parteien seine vorläufige Rechtansicht mitgeteilt. Die dienstliche Äußerung ist den Beteiligten zur Stellungnahme übermittelt worden, woraufhin sich die Klägerin mit Schriftsatz vom 14. September 2020 und die Beklagte zu 1.) mit Schriftsatz vom 14. September 2020 geäußert haben.
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Befangenheitsgesuche der Beklagten zu 1.) und ihrer Prozessbevollmächtigten mit Beschluss vom 30. September 2020 als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 1.), der das Landgericht nicht abgeholfen und dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt hat.
II. Die sofortige Beschwe...