Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeitsbestimmung: Bindung eines Gerichts an einen Verweisungsbeschluss unter Berücksichtigung der Willkürschwelle
Normenkette
EEG § 58; UWG § 13; ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281 Abs. 2 S. 4; GVG § 23 Nr. 1; GG Art. 101 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Zuständig ist das AG Fürstenwalde.
Gründe
I. Die Klägerin betreibt eine Photovoltaikanlage und macht gegenüber der Beklagten als Netzbetreiberin Einspeisevergütungen aus dem Jahr 2010 geltend.
Das AG Fürstenwalde hat unter Hinweis auf die ausschließliche Zuständigkeit des LG Frankfurt/O. gem. § 58 EEG i.V.m. § 13 UWG den Rechtsstreit an das LG verwiesen. Das LG Frankfurt/O. hat sich ebenso für unzuständig erklärt und die Sache zur Entscheidung über die Zuständigkeit dem Senat vorgelegt.
II.1. Der Zuständigkeitsstreit ist gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO durch das Brandenburgische OLG zu entscheiden, weil es für die am Kompetenzkonflikt beteiligten Gerichte das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht ist.
2. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor. Sowohl das AG Fürstenwalde als auch das LG Frankfurt/O. haben sich i.S.v. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO rechtskräftig für sachlich unzuständig erklärt, ersteres durch nach § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO unanfechtbaren Verweisungsbeschluss vom 31.1.2011 und letzteres durch den seine Zuständigkeit abschließend verneinenden Vorlagebeschluss vom 1.6.2011.
3. Zuständig ist das AG Fürstenwalde.
Seine Zuständigkeit ergibt sich aus § 23 Nr. 1 GVG. Der Streitwert i.H.v. 5.000 EUR ist nicht überschritten.
Eine der Zuständigkeit des AG Fürstenwalde vorgehende Zuständigkeit des LG Frankfurt/O. ergibt sich auch nicht aus der Bindungswirkung, die Verweisungsbeschlüssen wie dem des AG Fürstenwalde gem. § 282 Abs. 2 Satz 4 ZPO grundsätzlich zukommt. Denn diese Bindungswirkung ist hier nicht eingetreten.
Aufgrund der klaren Regelung des § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO kann die Bindungswirkung nur ausnahmsweise infolge der Verletzung höherrangigen Verfassungsrechts, namentlich bei der ungenügenden Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) oder bei objektiv willkürlicher Entziehung des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfallen. Im Interesse einer baldigen Klärung der Gerichtszuständigkeit und Vermeidung von wechselseitigen (Rück-)Verweisungen ist die Willkürschwelle hoch anzusetzen. Einfache Rechtsfehler wie das Übersehen der zuständigkeitsbegründenden Rechtsnorm rechtfertigen die Annahme einer objektiv willkürlichen Verweisung demzufolge grundsätzlich nicht. Hinzukommen muss dafür vielmehr, dass die Verweisung offenbar gesetzwidrig oder sonst grob rechtsfehlerhaft ist, also gleichsam jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. statt vieler OLG Brandenburg NJW 2004, 780; NJW 2006, 3444, 3445).
Die Willkürschwelle ist hier überschritten. Der Verweisungsbeschluss des AG Fürstenwalde entbehrt jeder Rechtsgrundlage, ist grob fehlerhaft, mithin objektiv willkürlich und bindet daher nicht.
Eine ausschließliche Zuständigkeit des LG ergibt sich nicht aus § 58 EEG i.V.m. § 13 UWG. Nach dieser Vorschrift ist das LG ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes ausschließlich zuständig, soweit es um Verstöße gegen die Vorschriften der §§ 16 - 33 EEG geht. Diese Voraussetzungen sind hier ersichtlich nicht gegeben. Unstreitig verlangt die Klägerin von der Beklagten für die über ihre Photovoltaikanlage erfolgte Einspeisung von Strom eine weitere Vergütung, da sie die Auffassung vertritt, die Beklagte habe ihr einen zu geringen Betrag für den eingespeisten Strom bezahlt. Die Klägerin ist damit nicht Verbraucherin des Stroms. Demgegenüber bemüht das AG die Vorschrift des § 58 EEG, welche unter der Überschrift "Verbraucherschutz" für Verstöße gegen Vergütungsvorschriften der §§ 16 - 33 EEG die entsprechende Geltung der §§ 8 - 14 UWG anordnet. Der Verweis auf die §§ 8 - 14 UWG bezweckt die Verhinderung von Verstößen der am Förder- bzw. Wälzungssystem des EEG Beteiligten zum Nachteil der Stromletztverbraucher (vgl. nur die Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/8148 vom 18.2.2008, S. 74). Nach dem Sinn und Zweck sollen auf der Grundlage von § 58 EEG bestimmte Verbände und Kammern sowie Mitbewerber die Einhaltung der vorbenannten Vorschriften der §§ 16 - 33 EEG kontrollieren können (Frenz/Müggenborg, EEG, Kommentar, 2. Aufl., § 58 Rz. 2). Die Klägerin ist weder Mitbewerber der Beklagten als Einspeisender noch Verbraucherin im Sinne dieser Vorschrift. Vielmehr geht es um die Geltendmachung vertraglicher Ansprüche und nicht um den Verbraucherschutz. Auch aus dem Verweis des § 58 EEG auf die Vorschriften im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb lässt sich nichts anderes herleiten. Die Vorschriften der §§ 8 - 10 UWG sehen als Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Vorschriften der §§ 16 - 33 EEG lediglich Beseitigungs-, Unterlassungs-, Schadensersatz- und Gewinnabschöpfungsansprüche vor, nicht jedoch die von der Klägerin gegenüber de...