Verfahrensgang
AG Cottbus (Entscheidung vom 19.03.2003; Aktenzeichen 76 OWi 392/02) |
Tenor
Dem Betroffenen wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Rechtsbeschwerde gegen das Urteil des Amtsgerichts Cottbus vom 19. März 2003 gewährt.
Der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 28. Mai 2003 und der Antrag des Betroffenen auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts über diesen Beschluss sind gegenstandslos und deshalb erledigt.
Gründe
I.
Das Amtsgericht verurteilte den Betroffenen am 19. März 2003 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von 175,00 Euro und einem Fahrverbot von zwei Monaten; dieses Urteil wurde in Anwesenheit des Betroffenen verkündet. Noch am selben Tag ging die Rechtsbeschwerde des Betroffenen beim Amtsgericht ein. Das Urteil wurde, wie von der Amtsrichterin verfügt, dem Betroffenen am 2. April 2003, einem Freitag, zugestellt und seinem Verteidiger einen Tag später formlos mit dem Hinweis bekannt gemacht, dass die Zustellung des Urteils an den Betroffenen erfolgte. Am 5. Mai 2003, einem Montag, ging die Begründung der Rechtsbeschwerde bei dem Amtsgericht ein. Nachdem die Amtsrichterin den Verteidiger darauf hingewiesen hatte, dass die Begründungsfrist am 2. Mai 2003, einem Freitag, abgelaufen sei, stellte der Betroffene mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 19. Mai 2003 den Antrag, die Rechtsbeschwerde nicht als unzulässig zu verwerfen. Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht das Urteil dem Betroffenen zugestellt, dem Verteidiger hingegen nur formlos mitgeteilt habe. Im Übrigen ergebe sich aus § 37 Abs. 3 StPO, dass die Begründungsfrist erst am 5. Mai 2003 endete; denn diese Frist habe mit Zugang des Urteils beim Verteidiger, also am 3. April 2003 - einem Samstag -, zu laufen begonnen.
Am 28. Mai 2003 hat das Amtsgericht die Rechtsbeschwerde des Betroffenen als unzulässig verworfen, weil die Frist zur Begründung dieses Rechtsmittels am 2. Mai 2003 geendet habe und folglich mit dem am 5. Mai 2003 eingegangenen Schriftsatz überschritten worden sei. Dagegen richtet sich eine - mit Schriftsatz des Verteidigers vom 16. Juni 2003 eingelegte - "Beschwerde 1' des Betroffenen. Darin heißt es, dass der Verteidiger mit seinem Mandanten vereinbart habe, dass er gegen das Urteil Rechtsbeschwerde einlege; die Überwachung der Fristen habe dem Verteidiger oblegen. Im Übrigen werde auf die Begründung des Antrages vom 19. Mai 2003 Bezug genommen.
II.
1.
Die Rechtsbeschwerde ist verspätet begründet worden. Die Begründungsfrist endete, wie das Amtsgericht bereits feststellte, am 2. Mai 2003.
Das Amtsgericht war nicht verpflichtet, das Urteil auch dem Verteidiger zuzustellen. Denn der gewählte Verteidiger, dessen Vollmacht sich, wie hier, bei den Akten befindet, gilt nach § 145 a Abs.l StPO (i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG) nur als ermächtigt, Zustellungen für den Beschuldigten in Empfang zu nehmen; eine Pflicht, dem Verteidiger das Urteil zuzustellen, ergibt sich daraus nicht (vgl. OLG Düsseldorf NStZ 1989, 88). Die Begründungsfrist begann auch nicht mit dem Zugang des Urteils bei dem Verteidiger, also am 3. April 2003. Die Regel des § 37 Abs. 2 StPO gilt hier nicht, weil sie zwei (oder mehr) Zustellungen voraussetzt, folglich der formlose Zugang des Urteils bei dem Verteidiger für den Fristbeginn nicht ausreicht.
Dem Betroffenen war aber von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist zu gewähren (§ 45 Abs. 2 Satz 3 StPO). Den Betroffenen trifft offenkundig kein Verschulden an der Versäumung dieser Frist. Wie von dem Verteidiger dargelegt, oblag ihm aufgrund einer Absprache mit seinem Mandanten die Überwachung der Frist; es gibt keinen Grund, diesen Vortrag in Zweifel zu ziehen. Die irrtümliche Annahme des Verteidigers, die Begründungsfrist ende erst am 5. Mai 2003, kann dem Betroffenen nicht zugerechnet werden.
2.
Mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Begründungsfrist ist der angefochtene Beschluss des Amtsgerichts vom 28. Mai 2003 gegenstandslos (vgl Meyer/Goßner, StPO, 46. Aufl., Rdnr. 16 zu § 346). Damit ist zugleich das Rechtsmittel des Betroffenen, das sich gegen diesen Beschluss richtete und das als Antrag auf Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts (§§ 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, 346 Abs. 2 StPO) auszulegen ist, erledigt. Sobald die Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft vorliegt, wird der Senat über die Rechtsbeschwerde des Betroffenen zu entscheiden haben.
Fundstellen
Haufe-Index 2568282 |
DAR 2005, 99 |
www.judicialis.de 2003 |