Verfahrensgang

AG Oranienburg (Entscheidung vom 26.07.2006; Aktenzeichen 32 F 273/05)

 

Tenor

  • 1.

    Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Bestellung des Jugendamtes zum Pfleger für das betroffene Kind wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Die befristete Beschwerde der Antragsteller gegen die Anordnung der Herausgabe des betroffenen Kindes wird zurückgewiesen.

  • 3.

    Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  • 4.

    Der Beschwerdewert beträgt 3.000 EUR; der Geschäftswert für das Hauptsacheverfahren I. Instanz wird in Abänderung der amtsgerichtlichen Wertfestsetzung in der angefochtenen Entscheidung auf 6.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Das derzeit 3 Jahre und 7 Monate alte betroffene Kind ist die leibliche Tochter der am 27. März 1981 geborenen Beteiligten zu 2.. Die Kindesmutter gab den Säugling bereits wenige Wochen nach der Geburt in die Obhut ihrer am 23. April 1961 geborenen Mutter und ihres am 17. Oktober 1957 geborenen Adoptivvaters, der Beteiligten zu 1.. Dort lebt L..., die von Geburt an an einer Galaktosestoffwechselstörung leidet, seither. Der Aufenthalt des Kindes in den großelterlichen Haushalten, zunächst in ..., dann in ..., zuletzt in ..., erfolgte stets im Einverständnis mit der Kindesmutter, die ihre Eltern mit mehreren entsprechenden Vollmachten versah.

Die Beteiligte zu 2. kam ihrerseits bereits mit einer Krebserkrankung zur Welt, die in ihren ersten zwei bis drei Lebensjahren häufige Krankenhausaufenthalte bedingte. Nach ihrer Genesung gestaltete sich das Familienleben weiterhin schwierig. Mit etwa 13 Jahren lief sie von zu Hause fort, war teilweise obdachlos oder in Heimen/wechselnden Pflegefamilien untergebracht, kam in Kontakt mit Drogen, wurde straffällig und arbeitete längere Zeit als Prostituierte. Mit Beschluss des Amtsgerichts S... vom 5. April 1995 wurde den Beschwerdeführern aufgrund unverschuldeten Versagens (Überforderung) das Sorgerecht für ihre Tochter, die Kindesmutter, entzogen. Therapien verweigerte die Kindesmutter, obgleich wiederholt schwere Persönlichkeitsstörungen bei ihr diagnostiziert wurden. Sie besitzt weder eine abgeschlossene Schul- noch Berufsausbildung und lebt von Sozialleistungen. Aus Gründen, die zwischen ihr und den Beteiligten zu 1. umstritten sind, kam es nur zu gelegentlichen Umgangskontakten der Kindesmutter mit L....

Am 19. November 2005 ereignete sich im Haushalt der Großeltern ein Vorfall, aufgrund dessen die Kindesmutter behauptete, die Großeltern würden ihr das Kind vorenthalten. Dies nahmen die Großeltern zum Anlass, mit Anträgen vom 22. November 2005, sowohl im einstweiligen Anordnungs- wie im Hauptsacheverfahren, den Entzug des (alleinigen) Sorgerechts der Kindesmutter und dessen Übertragung auf sich zu betreiben. Mit Beschluss vom Folgetag entzog das Amtsgericht Oranienburg daraufhin der Kindesmutter durch einstweilige Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug es auf die Großeltern als Pfleger. Erste Stellungnahmen des Jugendamtes O... vom 12. Dezember 2005 wie auch der zur Verfahrenspflegerin bestellten Dipl.-Psychologin B... äußerten sich zunächst positiv über die Unterbringung und Erziehung des Kindes im großelterlichen Haushalt. Die Verfahrenspflegerin machte jedoch in ihrer Stellungnahme vom 31. Januar 2006 darauf aufmerksam, dass es aus ihrer Sicht zum Wohle des Kindes erforderlich sei, dass (begleiteter) Umgang mit der Kindesmutter stattfände. Daraufhin kam es im Rahmen des einstweiligen Anordnungsverfahrens am 2. Februar 2006 zu einer Zwischenvereinbarung, wonach die Kindesmutter einem Verbleib L... bei den Großeltern als augenblicklichem Lebensmittelpunkt und der Einleitung gegebenenfalls erforderlicher Gesundheitsmaßnahmen durch diese zustimmte, während ihr ein begleitetes Umgangsrecht eingeräumt wurde. Im Anschluss daran erließ das Amtsgericht einen Beweisbeschluss zur Einholung eines familienpsychologischen Gutachtens und bestimmte den Dipl.-Psychologen W...-P... zum Sachverständigen.

Die Umgangstermine in der Folgezeit gestalteten sich schwierig, weil sich die Beteiligten bereits nicht auf konkrete Zeiten verständigen konnten, obgleich weder die Kindesmutter noch die Großmutter einer Berufstätigkeit nachgehen. Die Verfahrenspflegerin berichtete in ihrer weiteren Stellungnahme vom 26. März 2006 von einer ihrer Beobachtung nach guten Beziehung zwischen Kindesmutter und Kind, jedoch von Störungen des Besuchsablaufs durch die Großeltern.

Der Sachverständige gelangte in seinem umfangreichen schriftlichen Gutachten vom 9. Juni 2006 zu dem Ergebnis, dass zwar der Kindesmutter aufgrund ihrer massiven Persönlichkeitsstörung das Sorgerecht zu entziehen sei, die Großeltern jedoch wegen des nicht verarbeiteten Konflikts mit ihrer Tochter aus seiner Sicht gleichfalls nicht geeignet seien, dieses auszuüben und empfahl neben Umgangskontakten mit der Kindesmutter die Unterbringung L... in einer Pflegefamilie. Auf den Einwand der Großeltern, die Kindesmutter gefährde selbst bei bloßen Umgangskontakten das W...

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