Entscheidungsstichwort (Thema)
Volljährigenunterhalt: Kosten der Ausbildung, hohe Fahrtkosten zum Ausbildungsort, Kosten der Heimfahrten zu einem Elternteil
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Höhe der üblichen Kosten eines in der Ausbildung befindlichen volljährigen Kindes.
2. Bei hohen Fahrtkosten kann auch einem volljährigen Kind ein Umzug an den Ausbildungsort zumutbar sein.
3. Der feste Bedarfsbetrag für in einem eigenen Haushalt lebende volljährige Kinder deckt auch die Heimfahrten zu einem Elternteil und grds. auch besondere anfallende Verpflegungskosten ab.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1603, 1610
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Aktenzeichen 31 F 270/07) |
Tenor
1. Der Antrag des Klägers vom 7.10.2009 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen die Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
2. Es werden die nachfolgenden Hinweise erteilt.
3. Es wird folgender Vergleichsvorschlag unterbreitet:
a. Zur Abgeltung aller Unterhaltsansprüche des Klägers bis einschließlich November 2009 zahlt der Beklagte einen einmaligen Betrag von 1.000 EUR.
b. Der Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger ab Dezember 2009 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 100 EUR zu zahlen.
c. Die Kosten des Rechtstreits und des Vergleichs werden gegeneinander aufgehoben.
Gründe
A. Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist mangels ausreichender Darlegung eigener Bedürftigkeit (§ 115 ZPO) wegen des Bestehens eines Prozesskostenvorschussanspruchs zurückzuweisen. Volljährige Kinder haben gem. §§ 1610 Abs. 2, 1615a BGB i.V.m. § 1360a Abs. 4 BGB analog einen Anspruch auf Vorschuss, solange ihnen ein Unterhaltsanspruch wegen Ausbildung (oder aus sonstigen Gründen) zusteht (BGH, FamRZ 2005, 883; FamRZ 2004, 1633 [1634]; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2007, 1037; OLG München FamRZ 2007, 911, 912). Der Ausbildungsunterhaltsanspruch des Klägers folgt aus den §§ 1601 ff., 1610 BGB, sein grds. Bestehen ist zwischen den Parteien auch nicht im Streit. Damit schulden der Beklagte und die Mutter des Klägers diesem als Sonderbedarf die Zahlung der voraussichtlichen Prozesskosten.
Soweit dies von der Leistungsfähigkeit der Kindeseltern abhängt, fehlen aktuelle Angaben des Klägers zu den Einkünften seiner Eltern im Rahmen der begehrten Prozesskostenhilfe. Schon deshalb kann seinem Antrag derzeit kein Erfolg zukommen.
Vorsorglich sein darauf hingewiesen, dass angesichts der nachfolgenden Berechnungen zu den Elterneinkünften davon auszugehen ist, dass die Eltern voraussichtlich zur Zahlung der Prozesskosten - zumindest mit 4 von den Eltern anteilig zu leistenden Raten, § 115 Abs. 4 ZPO - in der Lage sind. Bei einem Berufungswert von 3043,20 EUR (bis September 2007 rückständiger Unterhalt über 924,99 EUR; i. Ü. 3 Monate × 204,07 EUR, 5 Monate × 210 EUR und 4 Monate × 114 EUR als laufender Unterhalt) fallen geschätzte Kosten von etwa 1.500 EUR an. Diesen Betrag werden beide Eltern auch unter Beachtung ihres Selbstbehalts von 1.100 EUR und des Elementarunterhaltsanspruchs des Klägers aller Voraussicht nach mit 4 Monatsraten decken können (allgemein zur Auferlegung von Ratenzahlungen gegen den Prozesskostenvorschusspflichtigen: BGH FamRZ 2004, 1633, 1635 m. zustimmender Anm. Viefhues; OLG Stuttgart OLGReport Stuttgart 2007, 1037, 1038; OLG Celle, FamRZ 2007, 762, 763; OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1933 f.).
B. Zur Sache:
I. Die Parteien streiten um Volljährigenunterhalt. Mit Schreiben vom 7.10.2006 hat der Kläger den Beklagten zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert.
Der am 13.7.1984 geborene Kläger ist der Sohn des Beklagten. Der Kläger führt einen eigenen Hausstand in E. Nach dem Abschluss der allgemeinen Schulausbildung und der Ableistung einer verlängerten Soldatenzeit bei der Bundeswehr ist er seit September 2006 in einem Berufsausbildungsverhältnis zum Konstruktionsmechaniker (Berufsausbildungsvertrag v. 1.9.2006, Bl. 7). Die Probezeit endete am 31.12.2006; die Berufsausbildung wird voraussichtlich am 28.2.2010 abgeschlossen sein.
Der Ausbildungsort ist in F. Die Berufsschule besucht der Kläger in B, wo er dann in einem Internat übernachtet.
Die Mutter des Klägers verdient unstreitig monatlich netto 1.756,52 EUR. In einen Beteiligungsfonds zahlt sie monatlich 210 EUR ein (Bl. 15 ff.).
Das unstreitige Nettoeinkommen des Beklagten beträgt bereinigt 1.913,90 EUR. Der Beklagte wohnt in dem seiner Ehefrau zu Alleineigentum zustehende Haus; auf Hausverbindlichkeiten zahlt der Beklagte monatlich die Hälfte von 585 EUR (Bl. 50). Auf eine Lebensversicherung zahlt der Beklagte jährliche Prämien von 1.415 EUR (Bl. 30, 50).
Unstreitig hat der Beklagte an den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum folgende monatliche Unterhaltszahlungen geleistet:
Okt 06 |
- EUR |
Nov 06 |
- EUR |
Dez 06 |
- EUR |
Jan 07 |
- EUR |
Feb 07 |
220 EUR |
Mrz 07 |
220 EUR |
Apr 07 |
220 EUR |
Mai 07 |
220 EUR |
Jun 07 |
220 EUR |
Jul 07 |
162 EUR |
Aug 07 |
162 EUR |
Sep 07 |
162 EUR |
Okt 07 |
162 EUR |
Nov 07 |
162 EUR |
Dez 07 |
162 EUR |
Jan 08 |
162 EUR |
Feb 08 |
162 EUR |
Mrz 08 |
162 EUR |
Apr 08 |
162 EUR |
Mai 08 |
162 EUR |
Jun 08 |
162 EUR |
Jul 08 |
50 E... |