Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nachprüfungsverfahren ist nicht eröffnet, wenn der Bieter im wettbewerblichen Dialog geltend macht, der Auftraggeber schulde eine höhere als die von ihm in Aussicht gestellte Vergütung. Der Streit über die Höhe der vom Auftraggeber geschuldeten Vergütung ist in einem Verfahren vor den ordentlichen Gerichten auszutragen.
2. Schließt der Auftraggeber im wettbewerblichen Dialog unbeanstandet eine Lösung aus dem Verfahren aus, ist er nicht verpflichtet, durch Gewährung einer besonders langen Überarbeitungsfrist wettbewerbliche Nachteile desjenigen Bieters auszugleichen, der die ausgeschlossene Lösung vorgeschlagen hat.
Normenkette
GWB § 97 Abs. 2; VgV § 6a; VOB/A §§ 18, 18a
Verfahrensgang
Vergabekammer des Landes Brandenburg (Beschluss vom 08.04.2009; Aktenzeichen VK 17/09) |
Tenor
1. Der Antrag der Antragstellerin vom 23.4.2009, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde vom 23.4.2009 gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 8.4.2009 - VK 17/09 - bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.
2. Der Antragstellerin wird aufgegeben, binnen drei Wochen mitzuteilen, ob die sofortige Beschwerde aufrechterhalten oder ob sie zurückgenommen wird.
Gründe
I. Der Landtag Brandenburg fasste auf seiner 16. Sitzung am 20.5.2005 den Beschluss zu einem Landtagsneubau für Brandenburg-Berlin am Standort Alter Markt in der Mitte der Landeshauptstadt Potsdam (Drucks. 4/1092-B). Dieser neue Landtag soll über die Kapazität verfügen, das Parlament eines gemeinsamen Bundeslandes Brandenburg-Berlin aufzunehmen. Die Landesregierung wurde beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Landtag und in Abstimmung mit der Landeshauptstadt Potsdam die Voraussetzungen für einen Landtagsneubau in den äußeren Um- und Aufrissen des ursprünglichen historischen Gebäudes zu schaffen.
Der Auftraggeber schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 7.7.2006 den Neubau eines Landtagsgebäudes im wettbewerblichen Dialog im Rahmen einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) europaweit aus. Bei der Ausformung der Baukörper soll die Gestaltung und die Maßstäblichkeit der historischen Gliederung unter Berücksichtigung der neuen Geschossigkeit und der funktionalen Anforderungen aufgenommen und weiter entwickelt werden. Der Auftrag erfasst darüber hinaus Planungs-, Finanzierungs- und Gebäudemanagementleistungen. Das schlüsselfertig zu errichtende Gebäude soll dem Auftraggeber spätestens im Dezember 2010 zur Verfügung stehen. Die vertragliche Nutzungsdauer soll 30 Jahre betragen.
Im Rahmen eines Teilnahmewettbewerbs wählte der Auftraggeber im August 2006 von elf Bewerbern sechs Bewerberkonsortien für das weitere Verfahren aus.
Mit Schreiben vom 20.2.2007 übersandte der Auftraggeber den ausgewählten Unternehmen die Vergabeunterlagen, darunter die Auftragsvergabebedingungen, mit der Aufforderung, Lösungsvorschläge bis zum 20.9.2007 einzureichen. Unter Ziff. 2 der Auftragsvergabebedingungen erläuterte der Auftraggeber die Grundsätze des Verfahrens wie folgt:
Im wettbewerblichen Dialog werden die Lösungsansätze, mit denen die Bedürfnisse und Ziele des Auftraggebers am besten befriedigt bzw. erfüllt werden können, ermittelt. Dabei wird in mehreren Dialogphasen die Anzahl der Lösungsansätze und auch der Teilnehmer anhand der Zuschlagskriterien gem. Ziff. 6, Teil A verringert. Nach Abschluss der letzten Dialogphase werden die im Verfahren gebliebenen Teilnehmer aufgefordert, auf der Grundlage des von ihnen eingereichten Lösungsvorschlages ein vollständiges und endgültiges Angebot zu unterbreiten ... Aus den fristgerecht eingereichten Angeboten wird anhand der unter Ziff. 6, Teil A genannten Kriterien das wirtschaftlichste Angebot ermittelt.
Der Auftraggeber legte in Teil A. 6.3 der Verdingungsunterlagen Bewertungskriterien für Architektenentwurf und Bauleistung und in Teil A. 6.4 solche für die Vertragsstruktur und das Betreiberkonzept fest.
Die erste Dialogphase wurde im Oktober 2007 begonnen. Die sechs eingereichten Lösungsvorschläge der Teilnehmer vermochten weder das Bewertungsgremium noch den Auftraggeber zu überzeugen. Der Auftraggeber nahm Ende November 2007 eine durch das H.-P.-Förderinstitut zugesagte Spende zur Wiederannäherung des Landtagsgebäudes an Gliederung und Erscheinung der äußeren historischen Fassade des Potsdamer Stadtschlosses zum Anlass, seine Vorstellungen und Bedürfnisse zu überprüfen und die Aufgabenstellung zu präzisieren. Er übersandte den Teilnehmern mit Schreiben vom 28.5.2008 die präzisierte Aufgabenstellung zur Weiterführung des wettbewerblichen Dialoges mit dem Hinweis, dass der überarbeitete Lösungsvorschlag bis zum 28.10.2008 vorliegen müsse.
In der präzisierten Aufgabenstellung (Mai 2008) wird unter Ziff. 2.5 der Verfahrensablauf wie folgt beschrieben:
Nach der Abgabe und ersten Auswertung der überarbeiteten Lösungsvorschläge wird der Auftraggeber allen Teilnehmern, die fristgerecht einen der präzisierten Aufgabenstellung entsp...