Leitsatz (amtlich)
Die Frage, ob ein familienrechtlicher Ausgleichsanspruch im Hinblick auf einen Obhutswechsel des minderjährigen Kindes mitten im Monat in entsprechender Anwendung von § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB bis zum Ende des Monats, in dem der Wechsel erfolgt ist, darf im Verfahren der Verfahrenskostenhilfe nicht zu Lasten des Antragstellers beantwortet werden.
Normenkette
BGB § 1613
Verfahrensgang
AG Strausberg (Beschluss vom 10.03.2015; Aktenzeichen 2.1 F 347/14) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde führt zu der aus der Beschlussformel ersichtlichen Entscheidung. Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe kann aus den vom AG angeführten Gründen nicht vollständig versagt werden. Grundsätzlich ist das AG zwar zu Recht davon ausgegangen, dass die vom Antragsgegner beabsichtigte Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Auszunehmen ist hiervon jedoch die Verteidigung gegen den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch, soweit es die Zeit vom 18. bis zum 30.9.2014 betrifft. Insoweit ist die Rechtsverteidigung Erfolg versprechend. Aus diesem Grund ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 572 Abs. 3 ZPO zur erneuten Entscheidung an das AG zurückzuverweisen. Insoweit wird das AG noch Feststellungen zu der Frage zu treffen haben, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Antragsgegner aufgrund seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der Lage ist, die Kosten der Verfahrensführung selbst aufzubringen, §§ 114, 115 ZPO. Bislang liegt lediglich eine Erklärung des Antragsgegners vor, die nicht mehr hinreichend aktuell ist, da sie vom 13.1.2015 stammt, und die im Übrigen in verschiedenen Punkten wegen nicht ausreichender Darlegungen Nachfragen erfordert.
1. Hinsichtlich der Höhe des geltend gemachten familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs in Höhe des monatlichen Mindestunterhalts abzüglich hälftigen Kindergeldes bestehen keine Bedenken. Die Feststellung des Antragsgegners, das Kind habe im Zweifel den Lebensstandard des Elternteils, bei dem es gelebt habe, geteilt, so dass davon auszugehen sei, dass dieser Elternteil auch nur (Bar-) Unterhalt entsprechend seinen eigenen Lebensverhältnissen und Möglichkeiten geleistet habe, trifft zwar zu (Schmidt/Kohne, in: Eschenbruch/Schürmann/Menne, Der Unterhaltsprozess, 6. Aufl., Kap. 2, Rn. 392). Das besagt aber nur, dass in einem Fall, in dem der Obhutselternteil allein in der Lage ist, den Mindestunterhalt zu leisten, er auch gegenüber einem besser verdienenden anderen Elternteil keinen höheren Ausgleichsanspruch geltend machen kann.
2. Ebenfalls zu Recht hat das AG angenommen, dass dann, wenn - wie hier - ein Ausgleichsanspruch lediglich in Höhe des Existenzminimums des Kindes geltend gemacht wird, ohne weiteres davon ausgegangen werden kann, dass der betreuende Elternteil die erforderlichen Mittel auch aufgebracht hat (Schmidt/Kohne, a.a.O., Rn. 600). Daher kommt es auf die Einzelheiten im Zusammenhang mit der von der Antragstellerin angeführten Kreditgewährung nicht an.
Bei der vorliegenden Fallgestaltung kann auch ohne weiteres angenommen werden, dass die Antragstellerin die Absicht hatte, Ersatz für ihre Aufwendungen zu verlangen. Denn eine solche Absicht ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der betreffende Elternteil als (früherer) gesetzlicher Vertreter des Kindes dessen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil gerichtlich geltend gemacht hat (BGH, NJW 1989, 2816, 2817; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 8. Aufl., § 2 Rn. 777).
3. Auf fehlende Leistungsfähigkeit (vgl. hierzu Wendl/Scholz, a.a.O., § 2 Rn. 775) kann sich der Antragsgegner nicht berufen. Das AG hat unter Bezugnahme auf das vorangegangene Unterhaltsverfahren ein bereinigtes Nettoeinkommen des Antragsgegners von 2.087,52 EUR im Jahr 2013 festgestellt. Selbst wenn der Antragsgegner bis zum Obhutswechsel des Kindes L. am 18.9.2014 nicht nur ihr, sondern einem weiteren minderjährigen Kind gegenüber unterhaltspflichtig gewesen wäre, hätte sein Einkommen unter Wahrung des notwendigen Selbstbehalts ausgereicht, jedenfalls den Mindestunterhalt für beide Kinder sicherzustellen.
4. Auf die vom Antragsgegner mit der Beschwerdeschrift angeführten Überlegungen zu einem gesetzlichen Forderungsübergang im Hinblick auf so genannte Transferleistungen kommt es vorliegend nicht an. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 2.12.2014 unwidersprochen vorgetragen, Einkommen in Form von Rente und zusätzlichem Wohngeld, sonst jedoch keine sozialen Leistungen bezogen zu haben. Anhaltspunkte für einen gesetzlichen Forderungsübergang sind daher nicht gegeben.
5. Auch der vom Antragsgegner mit Schriftsatz vom 16.2.2015 angesprochene Anspruchsüberg...