Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 11.03.2019; Aktenzeichen 20 StVK 321/18)

 

Tenor

Die Beschwerde der Verteidigerin des inzwischen verstorbenen Verurteilten H... R... gegen den Beschluss der Vorsitzenden der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam vom 11. März 2019 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

 

Gründe

1.

Die Verteidigerin des verstorbenen Verurteilten wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Versagung ihrer Beiordnung als notwendige Verteidigerin im Strafvollstreckungsverfahren.

Der Beschwerde liegt folgender Verfahrensgang zu Grunde:

Der zwischenzeitlich verstorbene Verurteilte H... R...verbüßte eine Freiheitsstrafe von neun Jahren und sechs Monaten mit anschließender Sicherungsverwahrung aus dem Urteil des Landgerichts Trier vom 12. April 2011, rechtskräftig seit dem 14. Dezember 2011 (8007 Js 27139/02. 2a KLs), zuletzt in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel. Zwei Drittel der Haftzeit waren am 5. November 2016 verbüßt, das Haftende war auf den 6. Januar 2020 notiert; der Haft sollte sich die Sicherungsverwahrung anschließen.

Am ... 2018 verstarb der Verurteilte in der Strafhaft.

Mit Anwaltsschriftsatz vom 31. August 2018 hat die Verteidigerin des Verurteilten die Aussetzung der laufenden Freiheitsstrafe zur Bewährung unter Aufhebung der angeordneten Sicherungsverwahrung und zugleich ihre Beiordnung als notwendige Verteidigerin gemäß § 140 Abs. 2 StPO beantragt.

Mit Beschluss vom 11. März 2019 hat die Vorsitzende der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam den Antrag der Beschwerdeführerin auf Beiordnung zurückgewiesen, da eine "stillschweigende Beiordnung" mangels Notwenigkeit eines "sofortigen Eingreifens" eines Verteidigers für den Verfolgten nicht gegeben gewesen sei sowie eine gerichtliche Anhörung nicht stattgefunden habe. Darüber hinaus sei eine rückwirkende Verteidigerbestellung nicht möglich und wäre unwirksam.

Gegen diese Entscheidung hat die Verteidigerin des Verurteilten mit Anwaltsschriftsatz vom 1. April 2019 Beschwerde eingelegt. Da eine Anhörung des Verurteilten erforderlich gewesen wäre, läge ein Fall der "stillschweigenden Beiordnung" schon mit Antragstellung vor.

Tatsächlich war zum Zeitpunkt des Todes des Verurteilten weder ein Prognosegutachten in Auftrag gegeben noch ein konkreter Anhörungstermin avisiert worden.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat unter dem Datum des 15. Mai 2019 beantragt, die gegen den Beschluss der Kammervorsitzenden vom 11. März 2019 gerichtete Beschwerde der Verteidigerin des Verurteilten als unbegründet zu verwerfen. Dem ist die Beschwerdeführerin mit Anwaltsschriftsatz vom 31. Mai 2019 entgegengetreten.

2.

a) Die gem. § 304 StPO statthafte Beschwerde ist formgerecht (§ 306 StPO) eingelegt worden. Die Kammervorsitzende hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

b) In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, sie ist unbegründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg führt in ihrer Stellungnahme vom 15. Mai 2019 wie folgt aus:

"Das Rechtsmittel kann in der Sache keinen Erfolg haben, da weder eine konkludente Bestellung des Landgerichts Potsdam gemäß § 141 StPO vorliegt noch eine rückwirkende Bestellung zulässig ist.

Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum hält eine konkludente Beiordnung eines Pflichtverteidigers (gerade auch) im Strafvollstreckungsverfahren für möglich (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 141 Rn 7). Eine stillschweigende Beiordnung darf jedoch nicht unterstellt werden. Von ihr kann nur dann ausgegangen werden, wenn sich zureichende Anhaltspunkte dafür finden, dass das Gericht den Verteidiger tatsächlich beiordnen wollte. Dabei ist das Verhalten des Gerichts so auszulegen, wie es aus der Sicht eines verständigen und redlichen Beteiligten aufzufassen ist. Für einen dahingehenden Willen des Gerichts können etwa folgende Umstände sprechen: Der die Beiordnung beantragende Verteidiger hatte bisher kein oder zumindest kein durch eine schriftliche Vollmacht belegtes Wahlmandat; gleichwohl beteiligt ihn das Gericht aktiv am Verfahren. Der Verteidiger wiederholt seinen Beiordnungsantrag zeitnah zur Anhörung oder in der Anhörung, ohne dass das Gericht eine insoweit ablehnende Haltung einnimmt. Der Verteidiger beantragt seine Beiordnung rechtzeitig und die Notwendigkeit der Beiordnung drängt sich einem verständigen Richter geradezu auf (OLG Jena, Beschluss vom 13.01.2010 -1 Ws 546/09).

Derartige zureichende Anhaltspunkte sind im vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich.

Die Verteidigerin war im Strafvollstreckungsverfahren durch den Verurteilten durch Vollmacht vom 01.07.2014 ursprünglich mandatiert worden (Bd. I Bl. 97 d. A.). Der erneute Beiordnungsantrag vom 31.08.2018 erfolgte in Zusammenhang mit einem gleichzeitigen Antrag des Verurteilten auf Aussetzung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Trier vom 12.04.2011 und Aufhebung der mit diesem Urteil angeordneten Sicherungsverwa...

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