Verfahrensgang

Vergabekammer Brandenburg (Entscheidung vom 12.06.2008; Aktenzeichen VK 12/08)

 

Tenor

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 12. Juni 2008 (VK 12/08) bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird aufgegeben, sich binnen drei Wochen zu erklären, ob die sofortige Beschwerde zurückgenommen wird.

 

Gründe

I.

Am 21.4.2008 machte die Auftraggeberin auf ihrer Homepage ihre Absicht bekannt, zum 1.7.2008 Vereinbarungen über die Versorgung von enteral ernährten Anspruchsberechtigten mit Sondennahrung, Trinknahrung, Verbandmitteln und Hilfsmitteln zu schließen.

Die Antragstellerin forderte fristgemäß die Unterlagen ab. Unter dem 6.5.2008 übersandte ihr die Auftraggeberin einen Entwurf der zu schließenden Vereinbarung nebst drei Anlagen (Leistungsbeschreibung, Vergütung - Angebot, Feststellung der Eignung). In ihrem Anschreiben teilte die Auftraggeberin mit, dass sie voraussichtlich in der 23. und 24. KW Verhandlungen durchführen werde.

Gegenstand der Vereinbarung sind nach § 1 des Vertragsentwurfes vier Versorgungsformen - die Versorgung der Versicherten mit Sondennahrung und Verbandmitteln, die Versorgung der Versicherten mit Trinknahrung, die Versorgung der Versicherten mit Hilfsmitteln der Produktgruppe 03 "Applikationshilfen" über Bolusgabe. Mit Ausnahme der Trinknahrung, für die die aktuell gültigen Apothekenpreise (AEP) anzugeben war, sollten für die übrigen Versorgungsformen Monatspauschalen angeboten werden.

Lose sollen nicht gebildet werden.

Unterteilt in Regionallose hatte die Auftraggeberin die Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln der Produktgruppe 03 (Enterale Ernährung) im April des Vorjahres europaweit im Offenen Verfahren ausgeschrieben. Damaliges Ziel der Ausschreibung war nach den Verdingungsunterlagen der Abschluss von (Rahmen-)Verträgen im Sinne von § 127 I SGB V zur Versorgung der Versicherten der Auftraggeberin mit Hilfsmitteln für die Enterale Ernährung in Form von Versorgungspauschalen.

Die in jenem Vergabeverfahren gestellten Nachprüfungsanträge hatte die Vergabekammer verworfen, weil die Auftraggeberin als gesetzliche Krankenkasse kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB sei. Der erkennende Senat hatte mehrere bei ihm anhängig gewordene Beschwerdeverfahren wegen eines vom OLG Düsseldorf dem EuGH im Vorabentscheidungsverfahren vorgelegten Verfahrens (Beschluss vom 23.5.2007, Verg 5/06) bis zur Entscheidung des EuGH ausgesetzt.

Die Auftraggeberin hob daraufhin dieses Vergabeverfahren auf und machte dies im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 22.3.2008 bekannt.

Die Auftraggeberin will nunmehr gemäß § 127 II SGB V mit einer Vielzahl von nach § 136 SGV V geeigneten Leistungserbringern Versorgungsverträge schließen. Den Auftragswert schätzt die Auftraggeberin auf etwa 6 Mio. EUR netto pro Jahr.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 9.5.2008 rügte die Antragstellerin, die von der Auftraggeberin beabsichtigte Vergabe müsse europaweit ausgeschrieben werden. Das Vorgehen der Auftraggeberin sei nicht nach § 127 II SGB V gerechtfertigt, weil die Regelungen des GWB vorrangig seien. Die Antragstellerin forderte die Auftraggeberin auf, bis zum 13.5.2008 schriftlich zu erklären, dass sie die in der 23. und 24. KW vorgesehenen Vertragsverhandlungen nicht führen werde.

Die Auftraggeberin wies die Rüge mit Schreiben vom 13.5.2008 zurück.

Die Antragstellerin hat sodann mit anwaltlichem Schreiben vom 13.5.2008 einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer gestellt, mit dem sie beanstandet hat, dass die Auftraggeberin die Verträge nicht europaweit in einem Verfahren gemäß §§ 97 ff. GWB ausschreibt. Die Auftraggeberin könne in dem von ihr betriebenen intransparenten Verfahren nach Gutdünken mit wenigen Billiganbietern Verträge abschließen; die meisten der bisherigen Anbieter blieben vertragslos und seien ab 2009 ohne Versorgungsberechtigung. Rechtsschutz gebe es faktisch nicht. Sie, die Antragstellerin, wolle als zugelassene Leistungserbringerin die Versicherten der Auftraggeberin weiterhin versorgen, so dass ihr Interesse am Abschluss eines Vertrages nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens auf der Hand liege. Ihr könne jedoch nicht zugemutet werden, sich zunächst auf ein erkennbar rechtswidriges Verfahren der Auftraggeberin einzulassen. Eine Beteiligung an diesem Verfahren könne den Mangel der unterlassenen Ausschreibung nicht heilen, jedenfalls bezogen auf die von den beabsichtigten Vereinbarungen betroffenen Versorgungsformen, die einer öffentlichen Ausschreibung zugänglich seien.

Die Auftraggeberin hat geltend gemacht, die Antragstellerin habe bei der Ausschreibung 2007 lediglich die Unterlagen abgefordert und eine nicht weiter verfolgte Rüge erhoben, jedoch kein Angebot abgegeben. Auch im vorliegenden Verfahren habe sie kein Angebot als Verhandlungsgrundlage eingereicht. Danach sei zwe...

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