Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein naher Verwandter als Vormund anstelle der Eltern für die Erziehung und Pflege des Kindes verantwortlich, hat er eine Beschwerdebefugnis jedenfalls insoweit, als in den Kreis der Rechte, für die der Vormund bestellt ist, eingegriffen wird.
2. Die Auswahl des Ergänzungspflegers richtet sich nach den für die Auswahl des Vormunds geltenden Vorschriften, §§ 1915 Abs. 1 Satz 1 BGB, 1779 Abs. 2 BGB. Die Regelung in § 1916 BGB, wonach die Regelungen über die Berufung zur Vormundschaft für die Ergänzungspflegschaft nach § 1909 BGB nicht gelten, bezieht sich nicht auf § 1779 Abs. 2 BGB, der die Auswahl durch das Familiengericht regelt. Die Ermessensausübung des Familiengerichts bei der Auswahlentscheidung ist in der Beschwerdeinstanz einer Überprüfung zugänglich
3. Großeltern und sonstigen nahen Verwandten kommt bei der Auswahl des Vormunds oder Ergänzungspflegers der Vorrang gegenüber nicht verwandten Personen zu, sofern nicht im Einzelfall konkrete Erkenntnisse darüber bestehen, dass dem Wohl des Kindes, das für die Auswahl bestimmend ist durch die Auswahl einer dritten Person besser gedient ist
Normenkette
FamFG § 59; BGB § 1779
Verfahrensgang
AG Eisenhüttenstadt (Beschluss vom 07.02.2014; Aktenzeichen 3 F 207/13) |
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG Eisenhüttenstadt vom 7.2.2014 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin.
Der Beschwerdewert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das Verfahren betrifft die Auswahl des Ergänzungspflegers für das Kind E. R.
E. wurde am ... 2.2010 geboren. Die Mutter hat das Sorgerecht für E. allein. Sie war bei der Geburt 19 Jahre alt und wohnte bei ihren Eltern, der Beschwerdeführerin Frau K. R. und Herrn H. R. Auf Antrag der Großmutter und mit Zustimmung der Mutter wurde die Großmutter durch Beschluss des AG Eisenhüttenstadt vom 24.2.2010 - 7 F 80/10 - zur Ergänzungspflegerin für die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmungsrecht und Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bestellt, da die Mutter an der Ausübung dieser Angelegenheiten gehindert sei.
E. lebte nach seiner Geburt mit seiner Mutter zusammen bei der Großmutter. Als die Mutter im März 2011 gemeinsam mit ihrem Bruder in eine eigene Wohnung zog, blieb er bei der Großmutter. Nach einem weiteren Umzug der Mutter zurück nach E. lebte E. zeitweise bei ihr, überwiegend aber bei der Großmutter.
Am 23.1.2013 stellte die Mutter einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung, damit sie zukünftig mit ihrem Sohn in einem Haushalt leben könnte. Die vom Jugendamt eingesetzte Familienhelferin kam während der ersten sechs Monate der Unterstützung zu der Einschätzung, dass die Familienhilfe ambulant nicht sinnvoll ausgeübt werden könne, da die Großmutter mütterlicherseits den Umgang der Mutter mit ihrem Sohn beschränke und die Bemühungen der Mutter nicht unterstütze. Zudem sah es das Jugendamt als nachteilig an, dass die Großmutter zum damaligen Zeitpunkt gleichzeitig E. s Ergänzungspflegerin und Betreuerin seiner Mutter war. Die Betreuung ist durch Beschluss vom 21.8.2013 auf die bis heute eingesetzte Berufsbetreuerin übertragen worden.
Im hier geführten Verfahren hat das Jugendamt am 30.7.2013 begehrt, dass anstelle der Beschwerdeführerin eine andere Person zum Ergänzungspfleger bestellt werde. In einem Anhörungstermin am 23.10.2013 ist eine "vorläufige Einigung" dahin getroffen worden, dass die Mutter E. während der Dauer von drei Monaten ab dem 25.10.2013 jeweils mittwochs und freitags nach der Kita abholt und mit ihm bis zum darauffolgenden Tag zusammen ist. Eine abschließende Entscheidung ist zunächst nicht getroffen worden.
Seit dem 24.10.2013 lebt die Mutter ohne E. in einer Mutter-Kind-Einrichtung des Evangelischen Jugend- und Fürsorgewerks E. Die Großmutter unterstützte diesen Aufenthalt zunächst. Anfang Dezember 2013 kam es zu Schwierigkeiten, da die Großmutter die Mutter kritisierte und an Hilfeplangesprächen nicht teilnahm. Der Umgang, der zunächst über die gerichtliche Vereinbarung hinaus erweitert worden war, wurde wieder auf den Umfang der Vereinbarung reduziert.
Der Träger der Wohneinrichtung, in der sich die Mutter befindet, und das Jugendamt haben dahin Stellung genommen, dass Mutter und Kind längere Zeit, etwa sechs Monate, in der Einrichtung gemeinsam verbringen sollten, um eine Rückführung von E. zur Mutter zu erproben.
Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss das Jugendamt anstelle der Großmutter zum Ergänzungspfleger eingesetzt und gleichzeitig den Aufgabenkreis auf die Antragstellung für Hilfe zur Erziehung erweitert.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Großmutter mit der Beschwerde. Zur Begründung trägt sie vor, die Mutter von E. wünsche, dass sie, die Beschwerdeführerin, Ergänzungspflegerin bleibe. Dies habe die Mutter in einem Schreiben vom 22.2.2014 erklärt. Zudem habe sie - entsprechend der gerichtlichen Vereinbarung - den Umgang gewährt. Zu weiteren Umgangsgewährungen sei sie nicht verpflichtet. Beanstand...