Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftswert der Beurkundung einer Teilungserklärung
Leitsatz (amtlich)
Der Geschäftswert der Beurkundung einer Teilungserklärung bemisst sich nach dem fiktiven Preis, der für das als bebaut zu vermutende Grundstück zur Zeit der Beurkundung zu erzielen gewesen wäre. Maßgeblich ist, was vernünftigerweise als Verkaufserlös hätte erwartet werden dürfen, wenn zur Zeit der Teilungserklärung schon fertige Wohnungen verkauft worden wären.
Für die Wertbemessung maßgebliche Tatsachen, die erst nach dem Bemessungsstichtag entstehen oder erreichbar oder zufällig erkennbar werden, sind zu verwerten, wenn sie für den Wert am Stichtag maßgeblich sind.
Normenkette
GNotKG §§ 10, 42 I 2, § 46 I, § 96; KV-GNotKG Vorb. 2.2.1.1 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 3 OH 11/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Landgerichts Cottbus vom 17. März 2021, der durch den Beschluss vom 21. Mai 2021 berichtigt worden ist, abgeändert:
Die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 18. Mai 2017 - 17C0601-3-bö - wird dahin abgeändert, dass sie auf einen noch zu begleichenden Betrag von 1.457,16 Euro lautet.
Im übrigen werden die Beschwerde und der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragstellerin 49 Prozent und der Antragsgegner 51 Prozent.
Gründe
I. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, mit dem die Antragstellerin einzelne Gesichtspunkte der Kostenberechnung des Antragsgegners für die Beurkundung und den Vollzug einer Teilungserklärung beanstandet. Die Antragstellerin meint, der Geschäftswert sei unzutreffend hoch veranschlagt und eine Vollzugsgebühr sei nicht entstanden.
Gegenstand des Verfahrens ist allein die Kostenrechnung des Antragsgegners vom 18. Mai 2017 - 17C0601-3-bö - (Anlage 2 zur Antragsschrift = Bl. 5). Diese Rechnung hat die Rechnung vom 27. Oktober 2015 - 15C1266-ME - (Anlage 1 zur Antragsschrift = Bl. 4) vollständig ersetzt und dadurch gegenstandslos werden lassen. Die jüngere Kostenberechnung enthält eine vollständige Nach- und Neuberechnung der Notarkosten für dieselben Amtstätigkeiten. Das ist der in beiden Rechnungen identisch angegebenen Nummer der Urkundenrolle des Antragsgegners ebenso zu entnehmen wie den identischen Bezeichnungen der einzelnen Gebührentatbestände und der Aufnahme des in der älteren Rechnung berechneten Betrages als bereits geleistete Zahlung.
II. Die Beschwerde ist teilweise begründet.
1. Die Notarkosten der Beurkundung der Teilungserklärung richten sich nach einem Geschäftswert von 4.083.000 Euro.
a) Für den Geschäftswert sind weder - wie der Antragsgegner meint - die bis zum Dezember 2017 für die Wohnungen tatsächlich vereinbarten Kaufpreise maßgeblich noch - wie die Antragstellerin meint - der für die Gerichtsgebühren veranschlagte Geschäftswert.
Die Antragstellerin verweist auf die Entscheidung des 5. Zivilsenats vom 26. September 2016 - 5 W 73/16 - (Bl. 67 ff.), mit der der Wert für Bemessung der Gerichtsgebühren des Grundbuchamtes in der gleichen Angelegenheit auf 3.850.000 Euro festgesetzt worden ist. An jene Entscheidung ist der Senat bei der hier anhängigen Entscheidung über die Notarkosten nicht gebunden. Der 5. Zivilsenat hat den Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt (§ 79 I GNotKG). Indes gilt eine dem § 32 I RVG ähnliche Regelung für die Notargebühren nicht. Die Festsetzung des Wertes für die Gerichtsgebühren kann eventuell Anhaltspunkte aufzeigen, die für die Ermittlung oder Schätzung des Wertes für die Notargebühren verwendet werden können. Aber weder besteht in bezug auf den festgesetzten Wert eine Richtigkeitsvermutung noch gar eine Bindung, die der Rechtskraftwirkung vergleichbar wäre.
b) Der Geschäftswert der Beurkundung einer Teilungserklärung bemisst sich nach dem - fiktiven - Preis (§ 46 I GNotKG), der für das tatsächlich unbebaute, aber als bebaut zu vermutende Grundstück (§ 42 I 2 GNotKG) zur Zeit der Beurkundung (§§ 96, 10 GNotKG) zu erzielen gewesen wäre.
§ 96 GNotKG bestimmt einen Bemessungsstichtag, nicht einen Erkenntnisstichtag. Für die Wertbemessung maßgebliche Tatsachen, die erst später, nach dem Eintritt der Fälligkeit, also nach dem Bemessungsstichtag entstehen oder erreichbar oder zufällig erkennbar werden, sind zu verwerten - und sie können zur Korrektur des zuvor angenommenen Geschäftswertes und zur Neuberechnung der Notargebühren veranlassen. Diese neuen oder nachträglich ersichtlich gewordenen Tatsachen müssen aber für den Wert am - nun in der Vergangenheit liegenden - Bewertungsstichtag maßgeblich sein. Geben sie sicheren Aufschluss für einen Wert zu einem späteren Zeitpunkt, so kommt es für ihre Maßgeblichkeit darauf an, was dafür und dagegen spricht, dass zwischen dem Bewertungsstichtag und dem Zeitpunkt des Erkenntniszuwachses eine Wertänderung eingetreten sein könnte.
c) Zur Zeit der Teilungserklärung war der fiktive Preis des bebauten Grundstücks nicht auf den Anschaf...