Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich durch Beitragszahlung zum Ausgleich im Beitrittsgebiet erworbener Anrechte
Leitsatz (redaktionell)
1. Wenn nach vorausgegangenem Rentensplitting in Bezug auf angleichungsdynamische Anrechte lediglich noch regeldynamische Anrechte auszugleichen sind, hindert § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VAÜG den Ausgleich durch Beitragszahlung zur Begründung von Anrechten in der Rentenversicherung (West) nicht.
2. Zum Ausgleich im Beitrittsgebiet erworbene nichtangleichungsdynamischer Anrechte ist die Begründung ebenfalls nichtangleichungsdynamischer Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung zulässig.
Verfahrensgang
AG Zehdenick (Entscheidung vom 05.06.2007; Aktenzeichen 3 F 181/06) |
Gründe
Die gemäß § 629 a Abs. 2 i. V. m. § 621 e Abs. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. ist unbegründet. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich zutreffend durchgeführt.
Beide Ehegatten haben in der Ehezeit - dies ist die Zeit vom 1.8.1985 bis zum 31.8.2006 - in der gesetzlichen Rentenversicherung angleichungsdynamische Rentenanwartschaften erworben. Die Ehefrau hat darüber hinaus auch auf die Ehezeit entfallende nichtangleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Zudem haben beide Ehepartner durch private Versicherung bei der V... Lebensversicherungs AG aus Leibrentenversicherungen ein auf die Ehezeit entfallendes Deckungskapital erworben. Dieses hat das Amtsgericht zutreffend in dynamische Rentenanwartschaften umgewertet. Danach ergibt sich eine Ausgleichspflicht des Antragstellers, der sowohl die höheren angleichungsdynamischen als auch die höheren regeldynamischen Anwartschaften erworben hat.
Nach Ausgleich der angleichungsdynamischen Anwartschaften durch Rentensplitting gemäß § 3 Abs. 1 VAÜG i. V. m. § 1587 b Abs. 1 BGB hat das Amtsgericht auch die verbliebenen auszugleichenden 0,92 EUR monatlich an nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften in nicht zu beanstandender Form durchgeführt, indem es die Beitragszahlung zum Erwerb regeldynamischer Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG angeordnet hat.
Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 29.10.2007 zum Az.: 9 UF 155/07 ausgeführt hat, vertritt er die Ansicht, dass in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem nach vorausgegangenem Rentensplitting in Bezug auf angleichungsdynamische Anrechte lediglich noch regeldynamische Anrechte auszugleichen sind, § 4 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 VAÜG den Ausgleich durch Beitragszahlung zur Begründung von Anrechten in der Rentenversicherung (West) nicht hindert.
Es handelt sich bei den dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich unterliegenden noch auszugleichenden Anrechten im Wesentlichen um solche, die die Ehepartner durch den Abschluss privater Lebensversicherungsverträge erworben haben. Die Eheleute leben im Beitrittsgebiet, die Versicherungsunternehmen sind nicht dort ansässig. Angesichts dieser Umstände könnten bereits Zweifel daran entstehen, ob es sich bei den durch die Lebensversicherungen erworbenen Anwartschaften überhaupt um "im Beitrittsgebiet erworbene Anrechte" handelt. Aber auch wenn man mit der herrschenden Ansicht davon ausgeht, dass es auch insoweit nur auf den Wohnsitz der Eheleute ankommt, und die Voraussetzung des Erwerbs im Beitrittsgebiet somit vorliegt, steht § 4 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG der vorgenommenen Anordnung der Beitragsentrichtung nicht entgegen. Überwiegend wird in Rechtsprechung und Schrifttum allerdings vertreten, dass sich die Ausgleichsform der Begründung von Rentenanwartschaften durch Beitragszahlung auf den Ausgleich angleichungsdynamischer Anrechte des Verpflichteten beschränkt (OLG Dresden, FamRZ 2000, 962; OLG Brandenburg, 2. Familiensenat, FamRZ 2001, 489; Beschluss vom 24.09.2007 zum Az. 10 UF 147/06; Johannsen/Henrich/Hahne, Eherecht, 4. Aufl., § 4 VAÜG, Rz. 2; Rotax/Vogel, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl., Teil 10, Rz. 1218; Borth, Versorgungsausgleich, 3. Aufl., Rz. 287; MünchKomm/Sander, BGB, 4. Aufl., § 4 VAÜG Rz. 2; Palandt/Brudermüller, BGB, 66. Aufl., § 4 VAÜG Rz. 3; Hoppenz/Triebs, Familiensachen, 8. Aufl., § 4 VAÜG Rz. 5). Zur Begründung wird ausgeführt, es solle mit dieser Regelung eine gleichmäßige Entwicklung von anzugleichendem und dem durch Beitragszahlung begründeten Anrecht sichergestellt werden, die angleichungsbedingte Änderungen vermeidet. Dem gegenüber wird unter Bezugnahme auf dieselbe Begründung vertreten, § 4 VAÜG modifiziere die Anwendung von § 3 b VAHRG (nur) für angleichungsdynamische Anrechte. Der Anwendungsbereich von § 3 b VAHRG werde dadurch eingeschränkt, dass angleichungsdynamische Anrechte nur für den Ausgleich ebenfalls angleichungsdynamischer Anrechte herangezogen werden könnten, regeldynamische nur für ebenfalls regeldynamische und dass bei auszugleichenden angleichungsdynamischen Anrechten ebenfalls nur angleichungsdynamische Anrechte zu den für sie geltenden Preisen eingekauft werden könnten (Bamberger/Roth/Gut...