Leitsatz (amtlich)

1. Bezugsgröße für die dem Beratungshilfeanwalt zustehende Pauschale für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen können allein die im Beratungshilfeverfahren entstandenen Gebühren sein. Anhaltspunkte dafür, dass Grundlage für die Berechnung der Pauschgebühr die hypothetischen Wahlanwaltsgebühren sein sollen, existieren nicht.

2. Für den Fall, dass dem im Beratungshilfeverfahren tätigen Anwalt tatsächlich 20 % der Gebühr übersteigende Auslagen entstanden sind, bleibt es ihm unbenommen, die konkreten Auslagen in voller Höhe abzurechnen.

 

Normenkette

RVG-VV Nrn. 2503, 7001-7002

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 22.09.2008; Aktenzeichen 19 T 415/08)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Frankfurt/O. vom 22.9.2008 - 19 T 415/08 - wird zurückgewiesen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Die Antragsteller haben in dem Beratungshilfeverfahren betreffend Frau K.K. am 20.2.2008 die Festsetzung von Anwaltskosten gegen die Staatskasse i.H.v. insgesamt 107,10 EUR beantragt. Unter anderem haben sie die Festsetzung eines Entgeltes für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen (Pauschale-Nr. 7002 RVG-VV) i.H.v. 20 EUR beantragt.

Am 25.2.2008 hat der Rechtspfleger am AG die beantragten Gebühren festgesetzt, jedoch hinsichtlich der geltend gemachten Pauschale lediglich 14 EUR zzgl. Umsatzsteuer berücksichtigt.

Die Antragsteller haben hiergegen Erinnerung eingelegt, welche das AG durch den Richter mit Beschluss vom 17.8.2008 zurückgewiesen hat.

Das AG hat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die Beschwerde zum LG zugelassen.

Das LG Frankfurt/O. hat mit Beschluss vom 22.9.2008 die Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen mit der Begründung, die Telekommunikationspauschale bemesse sich nach der für die Beratungshilfe anfallenden Festgebühr (Nr. 2503 RVG-VV) und nicht nach der (fiktiven) Gebühr, die dem Rechtsanwalt als Wahlanwalt zustehen würde.

Hiergegen wenden sich die Antragsteller mit ihrer vom LG zugelassenen weiteren Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Frankfurt/O. vom 22.9.2008 ist unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig, da sie vom LG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Rechtsfrage zugelassen worden ist (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG).

Die fristgemäß eingelegte weitere Beschwerde ist unbegründet.

Die angegriffene Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Verletzung des Rechtes (§§ 33 Abs. 6 Satz 2 RVG, 546, 547 ZPO).

Im Verfahren der Beratungshilfe hat der Anwalt Anspruch auf die Erstattung von Festgebühren, die in Nr. 2501 ff. RVG-VV bestimmt sind. Nach Nr. 7002 RVG-VV erhält der Rechtsanwalt 20 % "der Gebühren", höchstens jedoch 20 EUR als Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen. Die Bezugsgröße für diesen Pauschsatz können einzig und allein die im Beratungshilfeverfahren entstandenen Gebühren, hier die Festgebühr nach Nr. 2503 RVG-VV bilden.

Anhaltspunkte dafür, dass Grundlage für die Berechnung der Pauschgebühr Gebühren sein sollen, die dem Beratungshilfeanwalt in dem konkreten Verfahren zustehen, also die hypothetischen Wahlanwaltsgebühren, ergeben sich weder aus dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Regelung, noch der amtlichen Begründung zum Kostenrechtsmodernisierungsgesetz. Insoweit wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses und die dort zitierte Rechtsprechung Bezug genommen.

Der von den Antragstellern bemühte Vergleich der Kostentatbestände des RVG mit den Regelungen der BRAGO (§§ 26, 133) greift nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es im Rahmen des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes das Ziel des Gesetzgebers war, das Kostenrecht transparenter und einfacher zu gestalten. Eine Auslegung der gesetzlichen Vorschriften dahin, dass sich die Auslagenpauschale für Post- und Telekommunikation im Beratungshilfeverfahren nach den hypothetischen Wahlanwaltsgebühren bemessen solle, steht der Erreichung dieses Zieles im Wege. Wie das OLG Nürnberg (Beschl. v. 20.6.2008 - 13 W 882/08) anschaulich ausgeführt hat, wäre unter Zugrundelegung dieser Ansicht der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle gezwungen, die hypothetischen Wahlanwaltsgebühren zu ermitteln, obwohl es im Beratungshilfeverfahren an einer bindenden richterlichen Festsetzung des Wertes der anwaltlichen Tätigkeit fehlt. Der Urkundsbeamte wäre also veranlasst, den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit zu bestimmen, um sodann die Bemessungsfaktoren des § 14 RVG abzuwägen.

Der erkennende Senat schließt sich der Ansicht des OLG Nürnberg an, wonach im Hinblick auf die begrenzten Ressourcen der Justiz dem gesetzgeberischen Ziel der Vereinfachung des Kostenrechtes nur durch eine Anbindung der Auslagenpauschale an die im Beratungshilfeverfahren tatsächlich entstandenen Gebühren Rechnung getragen werden kann.

Dem im Beratungshilfeverfahren tätigen Anwalt droht dadurch kein wirtschaftlicher Nachteil. Für de...

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