Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann sich der Unterhaltsschuldner dem minderjährigen Kind gegenüber darauf berufen kann, es sei infolge einer noch bestehenden Beistandschaft seitens des Jugendamtes durch die das Verfahren einleitende Mutter nicht gesetzlich vertreten.
Normenkette
BGB §§ 1712, 1715
Verfahrensgang
AG Strausberg (Aktenzeichen 2.1 F 294/16) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert.
Dem Antragsgegner wird zur Rechtsverteidigung in vollem Umfang Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Auch insoweit wird ihm Rechtsanwältin ... in H... beigeordnet.
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
Die gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Dem Antragsgegner ist für die beabsichtigte Rechtsverteidigung Verfahrenskostenhilfe in vollem Umfang zu bewilligen, da insgesamt hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Im summarischen Verfahren der Verfahrenskostenhilfe (vgl. hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 114 Rn. 19; Verfahrenshandbuch Familiensachen/Gutjahr, 2. Aufl., § 1 Rn. 167) ist zugunsten des Antragsgegners davon auszugehen, dass der Antragsteller im gerichtlichen Verfahren nicht ordnungsgemäß vertreten ist, mithin der Antrag auf Verpflichtung des Antragsgegners zur Zahlung von Kindesunterhalt unzulässig ist.
Gemäß §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 51 Abs. 1 ZPO bestimmt sich die Fähigkeit eines Beteiligten, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht verfahrensfähiger Beteiligter durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Verfahrensführung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, soweit nichts Abweichendes geregelt ist. Wer sich auf Verfahrensunfähigkeit beruft, muss entsprechende Tatsachen für hinreichende Anhaltspunkte vortragen. Lässt sich nicht feststellen, oder verbleiben nicht klärbare Zweifel, ob einer Beteiligter verfahrensfähig ist, so muss er als verfahrensunfähig angesehen werden (Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 35. Aufl., § 52 Rn. 8). Die fehlende Verfahrensvoraussetzung würde zur Abweisung des Antrags als unzulässig führen (vgl. Zöller/ Vollkommer, a.a.O., § 52 Rn. 12).
Der Antragsgegner macht hier geltend, der minderjährige Antragsteller sei durch die im Rubrum des Antrags genannte Mutter nicht ordnungsgemäß gesetzlich vertreten, weil eine Beistandschaft des Jugendamts bestehe. Wenn dieser Einwand durchgreift, ist allerdings von Unzulässigkeit des Antrags auszugehen.
Zwar wird gemäß § 1716 Satz 1 BGB durch die Beistandschaft die elterliche Sorge nicht eingeschränkt. Das hat grundsätzlich zur Folge, dass die elterliche Sorge und die Beistandschaft nebeneinander bestehen und der sorgeberechtigte Elternteil und der Beistand Unterhalt außergerichtlich parallel geltend machen können (vgl. Palandt/Götz, BGB, 76. Aufl., § 1716 Rn. 1). Anders verhält es sich aber im gerichtlichen Verfahren. Wird das Gericht durch das Jugendamt als Beistand vertreten, ist die Vertretung durch den sorgeberechtigten Elternteil ausgeschlossen, § 234 FamFG. Mithin haben im gerichtlichen Verfahren die Verfahrenshandlungen des Beistands Vorrang (OLG Jena, FamRZ 2014, 965, 966). Der Beistand ist kraft Gesetzes der alleinige Vertreter des Kindes. Der Sorgeberechtigte ist zur Verfahrensführung nicht mehr befugt (Johannsen/ Henrich/Maier, Familienrecht, 6. Aufl., § 234 FamFG Rn. 2). Bestände im vorliegenden Fall Besitandschaft durch das Jugendamt, wäre die Mutter als Sorgeberechtigte nicht mehr befugt, ein Unterhaltsverfahren einzuleiten.
Dafür, dass eine Beistandschaft bestanden hat und auch noch besteht, sind hinreichende Anhaltspunkte gegeben. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 2.12.2916 ein Schreiben des Landkreises ... vom 18.11.2016 vorgelegt, in dem er, der Antragsgegner, um Ausfüllen und Übersendung eines Fragebogens gebeten worden ist. Dabei hat der Landkreis hinsichtlich der Unterhaltsangelegenheit für den Antragsteller ausgeführt, der Antragsgegner sei dem Kind zum Unterhalt verpflichtet, das Kind werde in der Angelegenheit durch das Jugendamt ... vertreten. Diese Formulierung spricht eindeutig für eine Beistandschaft.
Dass eine Beistandschaft nicht bestanden hat oder zumindest nicht mehr besteht, hat der Antragsteller nicht hinreichend dargetan. Im Schriftsatz vom 16.1.2017 (Bl. 49) ist allein davon die Rede, der Mutter sei von einer Beistandschaft des Jugendamtes nichts bekannt gewesen, sie selbst habe keine Beistandschaft veranlasst, das Jugendamt sei angeschrieben und um Aufklärung gebeten worden, die Mutter gehe davon aus, das Jugendamt sei tätig geworden, weil von dort aus Unterhaltsvorschussleistungen gezahlt worden seien. Das Ergebnis der Bemühungen um Klärung mit dem Jugendamt hat der Antragsteller aber seither nicht mitgeteilt. Dass das Jugendamt des Landkreises ... im Hinblick auf geleisteten Unterhaltsvorschuss tätig geworden ist, kann nicht angenommen werden. Dagegen spricht nicht nur die Formulierung, das Kind werde durch das Jugendamt ver...