Entscheidungsstichwort (Thema)
Notbestellung des Vorstandes nach einstweiliger Anordnung eines Vereinsgerichts
Leitsatz (amtlich)
Erforderliche Mitglieder des Vorstandes fehlen auch dann im Sinne des § 29 BGB, wenn sie aus rechtlichen Gründen gehindert sind, ihren Amtspflichten nachzukommen.
Nur eine dem Recht völlig fremde Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts, für die in der vereinsinternen Kompetenzordnung kein Anhaltspunkt zu finden ist, könnte so offensichtlich rechtsfeindlich erlassen sein, dass sie als nichtig und im Registerverfahren als unbeachtlich zu gelten hat. Alle Fehler unterhalb dieser Evidenzschwelle sind im vereinsinternen Rechtsmittelverfahren oder im Zivilrechtsweg geltendzumachen, nicht im Verfahren des Registergerichts.
Normenkette
BGB § 29
Tenor
Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt (Oder) vom 9. Mai 2023 wird zurückgewiesen.
Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen die Notbestellung des Vorstandes. Sie meint, die Führungslosigkeit des Vereins ergebe sich nicht, wie das Amtsgericht angenommen habe, aus der einstweiligen Anordnung des Bundesvereinsgerichts vom ... 2023.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Erforderliche Mitglieder des Vorstandes fehlen auch dann im Sinne des § 29 BGB, wenn sie aus rechtlichen Gründen gehindert sind, ihren Amtspflichten nachzukommen. Ein Verbot der Amtsausübung löst die Pflicht zur Notbestellung aus, wenn - was die Beschwerdeführerin nicht bezweifelt - sämtliche Vorstandsmitglieder betroffen sind und ein dringender Fall zur Behebung der Führungslosigkeit gegeben ist.
Die Beschwerdeführerin wendet sich ohne Überzeugungskraft gegen die Verbindlichkeit der einstweiligen Anordnung des Bundesvereinsgerichts vom ... 2023.
Entscheidungen vereinsinterner Gerichte regeln die Rechtsverhältnisse innerhalb des Vereins verbindlich. Soweit ein vereinsinternes Rechtsverhältnis für die Rechtsstellung des Vereins gegenüber Dritten maßgeblich ist, wirkt sich diese Verbindlichkeit auf das Rechtsverhältnis zu dem Dritten aus. Ist ein vereinsinternes Gericht berufen, über die Wirksamkeit der Bestellung oder Abberufung des Vorstandes zu entscheiden, so ist diese Entscheidung auch gegenüber außenstehenden Dritten dafür maßgeblich, wer den Verein als Organ im Rechtsverkehr vertritt (§ 26 I BGB).
Die Verbindlichkeit der Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts über die Frage, wer zum Vorstand des Vereins bestellt ist, wirkt auch gegenüber dem Registergericht, wenn es für seine Amtshandlungen auf diese Frage ankommt (§§ 67 I, 29 BGB). Das Registergericht hat bei den Eintragungen in das Vereinsregister und ebenso bei allen anderen Entscheidungen, zu denen es berufen ist, die Ergebnisse der vereinsinternen Willensbildung hinzunehmen. Die Beschwerde, über die hier zu entscheiden ist, gibt keinen Anlass, Prüfungspflichten und -befugnisse des Registergerichts in Einzelheiten zu erörtern. Gewiss ist einerseits, dass das Registergericht Verstöße gegen nicht abdingbares oder nicht abbedungenes Gesetzesrecht zu beanstanden hat, und andererseits, dass es die Verfahren, die das staatliche und das vereinsinterne Recht zur Korrektur rechtswidriger oder unzweckmäßiger Entscheidungen vorsehen, nicht durch eigene Entscheidungen ersetzen darf.
Entscheidungen eines vereinsinternen Gerichts hat das Registergericht daher seinen Amtshandlungen zu Grunde zu legen, weil die Überprüfung solcher Entscheidungen nicht ihm obliegt, sondern den etwaig vorgesehenen vereinsinternen Rechtsmittelverfahren oder der ordentlichen Zivilgerichtsbarkeit.
Ob das Registergericht eine ihm vorgelegte Entscheidung eines vereinsinternen Gerichts nicht beachten darf, wenn diese Entscheidung unter so schwerwiegenden Mängeln leidet, dass sie als nichtig oder gar als eine Nichtentscheidung beurteilt werden müsste, braucht hier nicht entschieden zu werden. Mängel dieses Gewichts hat die Beschwerdeführerin nicht aufzeigen können:
Sie meint, dem Bundesvereinsgericht fehle die Kompetenz, ihr als einem Mitglied des Vorstandes eines Bezirksverbandes die Amtsausübung zu verbieten.
Zur Nichtigkeit der dahingehenden Anordnung des Bundesvereinsgerichts könnte dieser Angriff nur führen, wenn die fragliche Kompetenz nach den vereinsinternen Regeln, also nach der Satzung und nach dem auf Grund der Satzung gesetzten Binnenrecht des Vereins, als völlig ausgeschlossen gelten müsste. Nur eine dem Recht völlig fremde Entscheidung, für die in der Kompetenzordnung kein Anhaltspunkt zu finden ist, könnte so offensichtlich rechtsfeindlich erlassen sein, dass sie als nichtig und im Registerverfahren als unbeachtlich zu gelten hat. Alle Fehler unterhalb dieser Evidenzschwelle führen zu Fehlentscheidungen, die die Rechtsverhältnisse verbindlich regeln, wenn sie nicht auf Anfechtung aufgehoben oder abgeändert werden.
Da der Verein als Bezirksverband nach seiner Satzung (§ ...) dem Bunde...