Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 06.06.2015; Aktenzeichen 53 F 76/16) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Neuruppin vom 06.06.2015 Az.: 53 F 76/16, aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im Übrigen obliegt dem Familiengericht die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 3.000,00 EUR
II. Der Beschwerdeführerin wird Verfahrenskostenhilfe für die Beschwerde gegen den Beschluss des AG Neuruppin vom 06.06.2015 Az.: 53 F 76/16 unter Beiordnung von Rechtsanwältin... aus Neuruppin bewilligt.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin wendet sich im Wesentlichen gegen die Anordnung unbegleiteten Umgangs für den Antragsteller mit der gemeinsamen Tochter L., für die sie alleinsorgeberechtigt ist.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das AG das Umgangsrecht des Antragstellers mit seiner Tochter näher geregelt. In Ansehung des Kindeswillens nach einem unbegleiteten Umgang bestünden mangels Gefährdung des Kindeswohls keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit von Umgangseinschränkungen, wobei allerdings ein Konflikt zwischen den Eltern für das Kind offensichtlich wahrnehmbar sei und das Gericht sich von seiner Umgangsregelung eine Entspannung der elterlichen Situation erhofft. Von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes hat das AG abgesehen, weil eine wesentliche Beschränkung des Umgangs zu keinem Zeitpunkt ernsthaft in Betracht gekommen sei.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde beanstandet die Antragsgegnerin die unterlassene Bestellung eines Verfahrensbeistands, eine Unklarheit bei der Regelung der Herbstferien 2016 und in Ansehung von Verhaltensauffälligkeiten des Kindes nach den Umgängen, die sie auf Abwertungen des Antragstellers während der Umgänge zurückführt, eine unzureichende Sachverhaltsermittlung.
Der Antragsteller verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung (§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG). Eine erneute Anhörung der Beteiligten ist entbehrlich, wenn der angefochtene Beschluss in jedem Fall aufzuheben ist (vgl. Schulte-Bunert/Weinreich/Unger, FamFG, 4. Aufl., § 68 Rn. 41 m.w.N).
II. Die nach §§ 58 ff. FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat vorläufig Erfolg insoweit, als sie zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung über das Umgangsrecht des Antragstellers und gemäß § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG zur Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht führt.
Das Verfahren leidet an einem wesentlichen Mangel.
1. Wird von der Bestellung eines Verfahrensbeistandes in den in § 158 Abs. 2 FamFG aufgeführten Regelfällen abgesehen, liegt darin ein wesentlicher Verfahrensverstoß, der im Beschwerdeverfahren zur Aufhebung der Hauptsacheentscheidung führen kann (vgl. Zorn in: Bork/Jakobi/Schwab, FamFG, 2. Aufl., § 158, Rn. 16 m.w.N.).
Das AG hat auf der Grundlage seiner eigenen Feststellungen gegen seine Pflicht zur Bestellung eines Verfahrensbeistandes nach § 158 Abs. 2 S. 1 FamFG verstoßen. Ein in dieser Bestimmung vorausgesetzter erheblicher Interessengegensatz zwischen dem Kind und seinem gesetzlichen Vertreter besteht, wenn, wie hier, die Mutter, die mit dem Vater ihres Kindes nicht verheiratet ist, als alleinige Inhaberin der elterliche Sorge (§ 1626a Abs. 2 BGB) trotz guter Beziehungen des minderjährigen Kindes zu seinem Vater einen Umgang ohne triftigen Grund unterbinden oder massiv einschränken will (vgl. Musielak/Borth/Grandel, FamFG, 5. Auflage 2015, § 158 Rn. 6). So liegt es hier nach den Feststellungen des AG, wonach die zur Umgangsbegleitung geltend gemachten Befürchtungen der Mutter sich nicht ansatzweise bestätigt hätten.
Zudem erfasst in der Praxis § 158 Abs. 2 Nr. 1 FamFG gerade stark konfliktträchtige Sorge- und Umgangsrechtsverfahren getrennt lebender Eltern (vgl. MüKoFamFG/Schumann, FamFG, 2. Aufl. § 158 Rn. 8 m.w.N.), in denen sich aufdrängt, dass die Eltern in Ansehung ihrer häufig eskalierten Konflikte die Interessen des Kindes bereits nachhaltig aus dem Blick verloren haben können.
Die eigentliche Schwierigkeit bei dieser Fallgruppe liegt in der tatsächlichen Feststellung, dass ein Elternteil lediglich seine eigenen Interessen sieht, dagegen nicht auch das Kindeswohl im Auge hat. Insoweit ist das Trennen von objektiv vorhandenen Gründen, die das Kindeswohl beeinträchtigen können, von subjektiv wahrgenommenen schwer zu trennen. Entscheidend sind insoweit die offenbar gewordenen Konflikte oder Abwehrhaltungen eines Elternteils gegen eine Maßnahme zur Regelung der elterlichen Sorge oder des persönlichen Umgangs, dagegen nicht die Ursachen hierfür bzw. eine Bewertung dessen Verhaltens, weil der Zweck dieser Vorschrift darin besteht, durch die Beiordnung eines Verfahrensbeistands das minderjährige Kind zu schützen. Treten...