Leitsatz (amtlich)

1. Hat sich das Nachprüfungsverfahren nicht vor, sondern nach der Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache erledigt, kann über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer nicht auf der Grundlage der Erfolgsaussichten nach billigem Ermessen entschieden werden. In einem derartigen Fall trifft die Kostenlast vielmehr den Antragsteller als Veranlasser des Verfahrens.

2. Bei übereinstimmenden Erledigungserklärungen vor dem Beschwerdegericht ist dagegen über die Tragung der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.

3. Der Antragsteller hat auch dann die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach billigem Ermessen zu tragen, wenn der Auftraggeber nach Zurückweisung des vom Antragsteller gestellten Antrages auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde einen Vertrag mit dem für den Zuschlag vorgesehenen Bieter abschließt und dieser Vertrag anschließend fristlos gekündigt wird.

 

Normenkette

GWB § 78 S. 1, § 120 Abs. 2, § 128 Abs. 1, § 3; ZPO § 91a; VwKostG § 13

 

Verfahrensgang

Vergabekammer des Landes Brandenburg (Aktenzeichen VK 21/10)

 

Tenor

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat der Antragsteller zu tragen. Die ihnen im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Auslagen tragen die Beteiligten jeweils selbst.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die Kosten des Verfahrens auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde einschließlich der notwendigen Auslagen der Auftraggeberin hat der Antragsteller zu tragen.

 

Gründe

Nachdem die Beteiligten das Nachprüfungsverfahren vor dem Beschwerdegericht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist über die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und diejenigen des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zu entscheiden.

1) Für das Verfahren vor der Vergabekammer richtet sich die Kostentragung nach § 128 Abs. 1 Satz 2 GWB n.F. i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG. Ein Fall, in dem gem. § 128 Abs. 3 Satz 3 und 4 GWB n. F über die Kosten nach billigem Ermessen zu entscheiden ist, liegt hier nicht vor, denn der Nachprüfungsantrag hat sich nicht vor, sondern nach der Entscheidung der Vergabekammer erledigt. Eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der Erfolgsaussichten lässt sich auch nicht unter entsprechender Anwendung von § 91a ZPO treffen, denn die Kostenvorschriften der ZPO finden auf das Verfahren vor der Vergabekammer keine Anwendung (vgl. BGH, Beschl. v. 9.12.2003 - X ZB 14/03, VergabeR 2004, 414; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.11.2007, VII-Verg 53/05, zitiert nach juris. de; Senat, Beschl. v. 27.1.2009 - Verg W 14/07, unveröffentlicht; KG, Beschl. v. 18.3.2010 - 2 Verg 7/09, zitiert nach juris. de).

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG trifft die Kostenlast hinsichtlich der Gerichtskosten den Antragsteller als Veranlasser des Verfahrens. Die notwendigen Auslagen der Beteiligten sind von ihnen selbst zu tragen, denn ein Unterliegen im Nachprüfungsverfahren ist nicht gegeben, weil die Entscheidung der Vergabekammer infolge der übereinstimmenden Erklärungserklärung gegenstandslos geworden ist (vgl. BGH, Beschluss v. 9.12.2003, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 26.11.2007, a.a.O.; Senat, Beschluss v. 27.1.2009).

2) Über die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich derjenigen des Verfahrens auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde ist hingegen nach §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 1 GWB n.F. i.V.m. § 91a ZPO entsprechend unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Auf das vergaberechtliche Beschwerdeverfahren als streitiges Verfahren vor einem ordentlichen Gericht sind die Kostenvorschriften der ZPO analog anzuwenden (vgl. BGH, Beschl. v. 19.12.2000 - X ZB 14/00, BGHZ 146, 202; Beschl. v. 25.10.2005 - X ZB 15/05, NZBau 2006, 392; Senat, a.a.O.).

Danach fallen die Kosten nebst notwendiger Auslagen der Auftraggeberin dem Antragsteller zur Last, weil er ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses in der Sache voraussichtlich unterlegen wäre.

a) Mit der sofortigen Beschwerde hat der Antragsteller seinen ursprünglich auf Untersagung des Zuschlags auf der Grundlage der in der Ausschreibung festgelegten Bedingungen gerichteten Nachprüfungsantrag dahin umgestellt, dass er beantragt hat, unter Aufhebung der Vergabekammerentscheidung die Auftraggeberin zu verpflichten, die Ausschreibung aufzuheben. Hilfsweise hat er beantragt, die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Beschwerdegerichts über die Sache erneut zu entscheiden. Dem im Beschwerdeverfahren geltend gemachten Rechtsschutzziel hat die Antragsbefugnis (§ 107 Abs. 2 GWB) gefehlt.

Wenngleich der Antragsteller mit seinem auf Los 1 abgegebenen Angebot an sich ein Inte...

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