Leitsatz (amtlich)
1. Nutzungsentschädigungsansprüche gegen einen Ehegatten für eine im Miteigentum stehende Wohnung sind für die Zeit der Trennung nach § 1361b Abs. 3 S 2 BGB zu beurteilen und als Wohnungssache nach § 111 Nr. 5 FamFG im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verfolgen.
2. Nutzungsentschädigungsansprüche gegen einen früheren Ehegatten für eine im Miteigentum stehende Wohnung sind nach Rechtskraft der Scheidung nach § 745 Abs. 2 BGB zu beurteilen und als sonstige Familiensache nach § 111 Nr. 10 FamFG im streitigen Verfahren zu verfolgen.
Verfahrensgang
AG Senftenberg (Aktenzeichen 33 F 87/17) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin und unter Zurückweisung ihrer weiter gehenden Beschwerde wird der Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 14.08.2017 aufgehoben, soweit das Amtsgericht Verfahrenskostenhilfe für die Rechtsverfolgung von Ansprüchen der Antragstellerin bis zum 23.01.2017 abgelehnt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache an Amtsgericht zurückverwiesen, das über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut entscheiden soll.
Gründe
1. Die Antragstellerin wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für die Geltendmachung von Nutzungsentschädigungsansprüchen gegen ihren früheren Ehemann.
Die Beteiligten sind je hälftige Eigentümer eines Hausgrundstückes, waren verheiratet, trennten sich im Juni 2014, wobei der Antragsgegner auf dem bis dahin als Familienheim benutzen Grundstück verblieb, und sind seit dem 24.01.2017 rechtskräftig geschieden.
Die Antragstellerin erstrebt nach vorangegangenem Zahlungsverlangen eine ab 05.08.2015 fortlaufende Nutzungsentschädigung, für die Zeit der Trennung gestützt auf § 1361b BGB.
Der Antragsgegner hat das Verfahrenskostenhilfegesuch in Ansehung einer Begutachtungsabrede zwischen den Beteiligten für mutwillig erachtet.
Die Antragsgegnerin macht geltend, der Antragsgegner habe die Begutachtungsabrede nicht erfüllt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht jeweils ohne Begründung eine Erfolgsaussicht verneint und Mutwilligkeit bejaht. Im Nichtabhilfebeschluss verweist es zur Begründung einer Mutwilligkeit auf die Beauftragung eines Gutachters durch den Antragsgegner.
2. Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 bis 4, 567 ff. ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde hat teilweise und vorläufig Erfolg.
a) Die Erfolgsaussichten (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S. 1 ZPO) für die beabsichtigte Ehewohnungssache (§ 111 Nr. 5 FamFG) über die Nutzungsentschädigungsansprüche der Antragstellerin während der Trennung aus § 1361b Abs. 3 S 2 BGB lassen sich nicht verneinen. Ihr Vorbringen zum Entstehen der Ansprüche aus der letztgenannten Bestimmung ist für die Zeit der Trennung schlüssig und nicht bestritten.
Eine Begutachtungsabrede muss sich die Antragstellerin nicht entgegen halten lassen, etwa als Stundungsabrede oder als zeitweisen Ausschluss der Klagbarkeit. Eine dahingehende Rechtsfolge könnte nur eintreten, soweit der Antragsgegner seine Pflichten aus der Begutachtungsabrede erfüllt hätte. Dies ist nach dem insoweit unwidersprochenem Vorbringen der Antragstellerin schon deshalb nicht der Fall, weil der Antragsgegner abredewidrig keinen der von der Antragstellerin vorgeschlagenen Gutachter beauftragt hat, sondern einen eigenmächtig gewählten, der noch dazu die abredegemäß einzuhaltenden Qualifikationsvoraussetzungen verfehlt.
Bei einer solchen Missachtung der Gutachtenabrede bleibt für die Annahme von Mutwillen im Rahmen des Verfahrenskostenhilfeverfahrens (§ 114 Abs. 2 ZPO) kein Raum, da auch ein begüteter Beteiligter nicht davon ausgehen müsste, ohne gerichtliche Inanspruchnahme zu seinem Recht zu gelangen.
b) Die Erfolgsaussicht für Nutzungsentschädigungsansprüche für die Zeit nach rechtskräftiger Scheidung hat das Amtsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Sie wurzeln nach Rechtskraft der Ehescheidung nicht mehr in der ehelichen Gemeinschaft, sondern in der Grundstücksgemeinschaft und bestimmen sich nach § 745 Abs. 2 BGB, weil § 1568 a BGB keine Regelung für einen Anspruch auf Nutzungsvergütung enthält (vgl. BGH FamRZ 2017, 693, Rn. 40 m.w.N.). Sie lassen sich als sonstige streitige Familiensache (§ 111 Nr. 10 FamFG) nicht wie eine Wohnungssache im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§ 111 Nr. 5 FamFG) verfolgen.
c) Der Senat hat die Sache im Umfang der Aufhebung zurückverwiesen, damit das Amtsgericht auch die von ihm bislang unterlassene Prüfung der Hilfsbedürftigkeit nachholen kann, § 572 Abs. 3 ZPO. Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines PKW, dessen Wert sie nicht angegeben hat und den sie in Kenntnis des auf sie zukommenden Rechtsstreits angeschafft haben könnte (vgl. 2 BA). Zudem könnte das Fehlen von Angaben zu einem Zugewinnausgleichsanspruch erläuterungsbedürftig sein (vgl 16).
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst § 127 Abs. 4 ZPO.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 76 Abs. 2 FamFG, 574 Abs. 2, Abs. 3 ZPO), besteht nicht.
Fundstellen