Leitsatz (amtlich)
Die Berücksichtigung eines Wohnvorteils in einem Unterhaltsverfahren/-titel der Beteiligten kann einem Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 1361b Abs. 3 BGB bzw. § 745 Abs. 2 BGB entgegenstehen.
Bei einem Kindesunterhaltsverfahren/-titel handelt es sich indes nicht um ein/en solches/n zwischen den am Verfahren über Ansprüche nach § 1361b Abs. 3 BGB bzw. § 745 Abs. 2 BGB beteiligten (vormaligen) Ehegatten.
Normenkette
BGB § 745 Abs. 2, §§ 1581, 1603
Verfahrensgang
AG Mayen (Aktenzeichen 8b F 298/20) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 15.04.2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 3.420,00 Euro.
Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I. Die Beteiligten streiten über eine Nutzungsentschädigung für die alleinige Nutzung des im gemeinsamen Eigentum stehenden Hauses durch den Antragsgegner.
Die Beteiligten sind je zu 1/2 Miteigentümer eines Hausanwesens, dem früheren Familienwohnsitz, welches der Antragsgegner nach der Scheidung alleine bewohnt. Die Ehe der Beteiligten ist seit Juni 2017 rechtskräftig geschieden. Im Mai 2019 verpflichtete das Oberlandesgericht Koblenz den Antragsgegner zur Zahlung von Kindesunterhalt, wobei es den Wohnvorteil von 380,00 Euro gemäß eines Sachverständigengutachtens des Jahres 2018 beim Antragsgegner als einkommenserhöhend berücksichtigte.
Die Antragstellerin forderte mit Schreiben vom 28.01.2020 vom Antragsgegner die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für das Hausanwesen von monatlich 220,00 Euro ab Januar 2020. Der Antragsgegner beansprucht von der Antragstellerin die Zahlung von 8.357,86 Euro im Wege des Gesamtschuldnerausgleiches mit der Begründung, er habe gemeinsame Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Immobilie in der Zeit von 01.12.2016 bis zum 31.12.2019 alleine getragen. Das Verfahren ist beim Familiengericht C. anhängig.
Die Antragstellerin hat erstinstanzlich die Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung ab Juli 2020 von 220,00 Euro und eines Rückstandes von 1.320,00 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2020 nebst Verzugszinsen begehrt und zur Begründung ausgeführt, dass der Wohnwert aufgrund allgemein gestiegener Immobilienpreise mittlerweile monatlich 440,00 Euro betrage.
Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Antrags beantragt und im Wesentlichen ausgeführt, dass die geltend gemachte Nutzungsentschädigung bereits bei der Berechnung des Gesamtschuldnerausgleichsanspruchs und der Wohnwert bei der Berechnung des Kindesunterhalts zu seinen Lasten berücksichtigt worden seien.
Das Amtsgericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antragsgegner zur Zahlung von monatlicher Nutzungsentschädigung ab Juli 2020 von 190,00 Euro sowie eines Rückstandes von 1.140,00 Euro für die Zeit von Januar bis Juni 2020 nebst Zinsen verpflichtet. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Anspruch auf § 1363 b (gemeint: 1361b) BGB beruhe und die Einwände der Antragstellerin gegen den sachverständigenseits ermittelten Wohnwert von 380,00 Euro nicht durchgriffen. Im Übrigen sei der Einwand des Antragsgegners hinsichtlich der bereits erfolgten Berücksichtigung der Nutzungsentschädigung im Verfahren über den Gesamtschuldnerausgleich nicht substantiiert.
Gegen den am 19.04.2021 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit der am 19.05.2021 beim Amtsgericht eingelegten und am 18.06.2021 begründeten Beschwerde.
Er wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen, dass die Verpflichtung zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung vorliegend gegen das Verbot der Doppelverwertung verstoße, da der Wohnwert des Hausanwesens bereits zu seinen Lasten im Kindesunterhaltsverfahren berücksichtigt worden sei. Auch habe er die Nutzungsentschädigung schon bei der Berechnung des Gesamtschuldnerausgleichsanspruches angerechnet.
Er beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mayen vom 15.04.2021 abzuändern und den Antrag auf Zahlung von Nutzungsentschädigung insgesamt zu- rückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass kein Fall der Doppelverwertung vorliege, da der Wohnvorteil im Kinderunterhaltsverfahren und nicht in einem Verfahren der Beteiligten Berücksichtigung gefunden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.
II. Die nach §§ 58 ff., 117 FamFG statthafte und zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Senat entscheidet über die Beschwerde nach §§ 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG ohne mündliche Verhandlung, da zusätzliche Erkenntnisse hiervon nicht zu erwarten sind und das Familiengericht vor Erlass der angefochtenen Entscheidung am 25.03.2021 mündlich verhandelt hatte. Der nach § 117 Abs. 3 FamFG erforderliche Hinweis wur...