Leitsatz (amtlich)
Zur Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf den in Polen lebenden Vater, wenn das Kind bisher in Deutschland in einem Haushalt mit Mutter und Großeltern mütterlicherseits gelebt hat, die Mutter aber aufgrund einer leichten Intelligenzminderung und einer Persönlichkeitsstruktur, die durch starke Orientierung an anderen Personen und geringes Selbstbewusstsein gekennzeichnet ist, nicht als erziehungsfähig anzusehen und zudem nicht bereit ist, den persönlichen Umgang des Kindes mit dem Vater zu fördern.
Normenkette
BGB § 1671
Verfahrensgang
AG Frankfurt (Oder) (Beschluss vom 28.08.2013; Aktenzeichen 5.3 F 234/12) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Frankfurt/O. vom 28.8.2013 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Eltern von M. sind beide in Polen geboren. Als die Mutter drei Jahre alt war, wurde sie bei einem Autounfall schwer verletzt, wodurch ihre Entwicklung bis heute stark beeinträchtigt ist. Die Familie der Mutter zog 1989 nach Deutschland, die Mutter war damals 11 Jahre alt. Im Frühjahr 2008 lernte sie durch Vermittlung eines Onkels den Vater kennen. Der Vater besuchte sie in L., wo sie bei ihren Eltern wohnte. Etwa zwei Monate später wurde die Ehe geschlossen. Der Vater zog nach Deutschland in den Haushalt der Mutter und der Schwiegereltern und arbeitete ein Jahr lang in der Firma für Garten- und Landschaftsbau seines Schwiegervaters. Am ... 5.2009 wurde M. geboren. Im September 2009 zogen die Eltern mit der Tochter in eine eigene Wohnung in F ... Der Vater besuchte einen Deutschkurs. Als er mit der Mutter und M. im Juli 2010 nach Polen fahren wollte, um seine Eltern zu besuchen, benachrichtigte die Mutter unmittelbar vor der Abreise die Großeltern. Diese sprachen sich gegen die Mitnahme von M. aus, da sie befürchteten, dass der Vater beabsichtige, M. in Polen zu lassen. Der Vater trat die Reise daher allein an. Als er zurückkam, lebte M. mit dem Einverständnis der Mutter bei den Großeltern in L. und besuchte dort einen Kindergarten. Beide Eltern sahen ihre Tochter in der Folgezeit nur besuchsweise. Sie lebten weiterhin gemeinsam in der Wohnung in F ... Nachdem es häufig zu Auseinandersetzungen zwischen den Eltern kam, die den Aufenthalt von M. bei den Großeltern und finanzielle Angelegenheiten betrafen, trennten sich die Eltern am 28.5.2011, der Vater kündigte die Wohnung und zog nach B. in Polen zu seinen Eltern, die einen landwirtschaftlichen Betrieb führten. Die Mutter blieb zunächst allein in der Wohnung in F ... Vom 2. bis 29.7.2011 war sie in stationärer Behandlung in der psychiatrischen Abteilung des Klinikums F ... Danach wurde sie in eine betreute Wohngemeinschaft in Be. entlassen, wo sie bis Ende Februar 2012 lebte. Von dort zog sie zurück zu ihren Eltern nach L. Die Mutter war während des Zusammenlebens der Eltern und nach der Trennung nicht berufstätig. Derzeit erledigt sie von der Wohnung aus Büroarbeiten für den Betrieb ihres Vaters. Der Vater hat zwischenzeitlich den landwirtschaftlichen Betrieb seiner Eltern übernommen. Sein Wohnort befindet sich etwa 800 km weit von L. entfernt.
Nach der Trennung der Eltern hatte der Vater zunächst keinen Umgang mit M. Im hier geführten Verfahren vereinbarten die Eltern im Anhörungstermin am 18.4.2012 Umgang einmal monatlich an einem Freitag, Samstag und Sonntag, jeweils für mehrere Stunden. Der Umgang fand einige Male statt, allerdings waren jeweils Familienmitglieder der Mutter anwesend und der Umgang wurde nicht an allen Tagen, wie vorgesehen, gewährt. Im Juni und Juli 2012 waren Umgangstermine vereinbart, die abgesagt wurden. Im August 2012 nahm der Vater den Umgang nicht wahr, erst im Rahmen der Einholung des Sachverständigengutachtens im hier geführten Verfahren wurde der Umgang wieder aufgenommen.
Im Ergebnis eines am 17.9.2012 eingeleiteten weiteren Umgangsverfahrens - 5.3. F 622/12 - schlossen die Eltern am 13.3.2013 einen gerichtlich gebilligten Vergleich, der einen Umgang einmal monatlich sonnabends für die Dauer von sieben Stunden vorsah. Das AG ordnete gleichzeitig eine Umgangspflegschaft an und bestellte das Jugendamt des Landkreises ... zum Umgangspfleger. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde des Jugendamtes bestellte der Senat nach Anhörung der Beteiligten durch Beschl. v. 17.6.2013 - 10 UF 76/13 - zwei Bekannte der Mutter, Frau R. L... und Herrn W ... S., zu Umgangspflegern.
Die Mutter hat am 12.2.2012 einen Antrag auf Übertragung der gesamten elterlichen Sorge, hilfsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich allein beim AG eingereicht (früheres Aktenzeichen 5.3. F 163/12). Der Vater hat seinerseits mit Schriftsatz vom 20.3.2012 ein Verfahren betreffend das Aufenthaltsbestimmungsrecht für M. eingeleitet. Durch Beschluss vom 15.8.2012 sind die Verfahren verbunden worden.
Der Vater hat vorgetragen:
Die Mutter sei nicht bereit, M. zu betreuen und zu erzie...