Leitsatz (amtlich)
1. Das Verbot der Schlechterstellung (§ 331 StPO) greift auch dann ein, bzw. lebt dann wieder auf, wenn beide Seiten (Angeklagter und Staatsanwaltschaft zu Ungunsten des Angeklagten) Berufung eingelegt haben, diejenige der Staatsanwaltschaft aber verworfen wird. Ein verworfenes Rechtsmittel wirkt nicht zum Nachteil des Angeklagten und beseitigt den Rechtsvorteil des § 331 StPO nicht. Es liegt so, als ob der Angeklagte von vornherein allein Berufung eingelegt hätte.
2. Eine Zurückverweisung ist nicht erforderlich. Der Senat kann entsprechend § 354 Abs. 1a StPO die entgegen § 331 Abs. 1 StPO durch das Berufungsgericht erhöhte Einzelstrafe auf das ursprünglich vom Erstgericht festgesetzte Maß zurückführen (so auch BayObLG NStZ-RR 2004, 22, 23).
Verfahrensgang
LG Neuruppin (Entscheidung vom 24.07.2008; Aktenzeichen 11 Ns 9/08) |
AG Oranienburg (Aktenzeichen 12 Ls 14/07) |
Tenor
Die Revision des Angeklagten ......gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2008 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Auf die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft wird die Kostenentscheidung hinsichtlich des Angeklagten .......wie folgt neu gefasst: Der Angeklagte ... trägt die Verfahrenskosten der 1. und 2. Instanz und seine notwendigen Auslagen soweit er verurteilt ist; sowie er freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten ... in diesen Instanzen entstanden notwendigen Auslagen der Landeskasse zur Last. Die Kosten des Revisionsverfahrens und die ihm darin entstandenen notwendigen Auslagen trägt der Angeklagte ... vollständig.
Auf die Revision des Angeklagten ... wird das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2008 im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben; die weitergehende Revision wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Der Angeklagte ... wird wegen gemeinschaftlich begangenen Diebstahls im besonders schweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von 10 Monaten verurteilt.
Der Angeklagte ... trägt die Verfahrenskosten soweit er verurteilt ist; sowie er freigesprochen ist, fallen die Kosten des Verfahrens und die dem Angeklagten ... entstanden notwendigen Auslagen der Landeskasse zur Last; jedoch trägt die Landeskasse die dem Angeklagten ... durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen Mehrauslagen. Darüber hinaus werden die Gebühren für das Berufungs- und für das Revisionsverfahren um 1/6 ermäßigt. Der Landeskasse werden schließlich 1/6 der dem Angeklagten ... im Berufungs- und im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen auferlegt.
Die Revision des Angeklagten ... gegen das Urteil der 1. kleinen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 24. Juli 2008 wird gemäß § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet verworfen.
Der Angeklagte ... hat die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen, jedoch mit Ausnahme der durch die Berufung der Staatsanwaltschaft entstandenen Mehrauslagen, die die Landeskasse trägt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hinsichtlich des Angeklagten ... und die ihm darin entstandenen notwendigen Mehrauslagen trägt die Landeskasse.
Gründe
I. 1. Das Amtsgericht Oranienburg - Schöffengericht - verurteilte am 15. August 2007 (12 Ls 14/07) den Angeklagten ... wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in zwei Fällen" zu einer unbedingten Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 4 Monaten, der Einsatzstrafen in Höhe von jeweils 1 Jahr zugrunde liegen. Gegen den Angeklagten ... erkannte das Amtsgericht Oranienburg ebenfalls wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in zwei Fällen" auf eine unbedingte Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 2 Monaten mit Einsatzfreiheitsstrafen von jeweils 10 Monaten. Der Angeklagte ... wurde wegen "gemeinschaftlichen Diebstahls im besonders schweren Fall in zwei Fällen [...] zudem mit Fahren ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt; hier betrugen die Einsatzstrafen jeweils 1 Jahr 6 Monate.
Gegen diese Entscheidung haben die drei Angeklagten Berufung eingelegt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat überdies zu Ungunsten der Angeklagten ... und ... Berufung eingelegt mit dem Ziel, eine höhere Freiheitsstrafe zu erreichen.
Die 1. kleine Strafkammer des Landgerichts Neuruppin hat mit Urteil vom 24. Juli 2008 die Berufung der Staatsanwaltschaft Neuruppin als unbegründet verworfen. Die Berufung des Angeklagten ... hat das Gericht mit der Maßgabe verworfen, dass er des "gemeinschaftlich besonders schweren Diebstahls und des Diebstahls einer geringwertigen Sache, jeweils in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis" schuldig ist. Auf die Berufung der Angeklagten ... und ... hat die 1. kleine Strafkammer das Urteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 15. August 2007, soweit es sie betrifft, aufgehoben, und sie jeweils wegen "gemeinschaftlichen besonders schweren Diebstahls" zu ...