Leitsatz (amtlich)

Zur Wirksamkeit einer Vereinbarung, nach welcher der Versorgungsausgleich nur für Zeiten familienbedingter Erwerbslosigkeit stattfinden soll.

 

Normenkette

VersAusglG § 6

 

Verfahrensgang

AG Bernau (Beschluss vom 17.04.2014; Aktenzeichen 6 F 11/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich im Beschluss des AG Bernau bei Berlin vom 17.4.2014 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die seinerzeit in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Beteiligten schlossen am 10.7.2003 eine notarielle Vereinbarung, die unter III. einen Ehevertrag enthielt, in dem die Beteiligten den Versorgungsausgleich ausschlossen. Durch notarielle Urkunde vom 24.11.2005 änderten die Beteiligten die notarielle Urkunde vom 10.7.2003 teilweise ab. Hinsichtlich des Versorgungsausgleichs schlossen sie nunmehr folgende Regelung:

"Wir schließen hiermit den Versorgungsausgleich nach § 1408 Abs. 2 S. 1 BGB aus und nehmen dies gegenseitig an. Jedoch soll der Versorgungsausgleich nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften für die folgenden Zeiträume stattfinden, in denen ein Ehegatte keine Versorgungsanwartschaften erworben hat. Dies sind die Zeiten fami- lienbedingter Erwerbslosigkeit, etwa zum Zwecke der Haushaltsführung oder der Be- treuung von Kindern und sonstigen Angehörigen, und sonstige ehebedingte erwerbslose Zeiten, mit denen der andere Ehegatte einverstanden war.

Die Vereinbarung bezweckt die Einschränkung des gesetzlichen Versorgungsaus- gleichs. Ergibt sich aus ihr jedoch, dass auf den Ausgleichsberechtigten mehr Versor- gungsanwartschaften zu übertragen wären als bei Durchführung des gesetzlichen Ver- sorgungsausgleichs, so wird der gesetzliche Versorgungsausgleich ohne Berücksichti- gung der Vereinbarung durchgeführt.

Gleichwohl soll es beim vorstehend modifizierten gesetzlichen Güterstand verblei- ben."

Am 16.12.2005 schlossen die Beteiligten die Ehe. Das gemeinsame Kind C. war bereits vor Eheschließung am... 1.2004 geboren worden. Im Haushalt der Eheleute lebten auch die am... 3.1995 geborene Tochter der Antragsgegnerin aus einer anderen Beziehung sowie die am... 1.1998 geborene Tochter des Antragstellers aus einer vorangegangenen Ehe.

Der Antragsteller war während der Ehe als verbeamteter Lehrer und Sonderpädagoge vollbeschäftigt. Die Antragsgegnerin gab ab 1.11.2005 freiberuflich Englischunterricht in Kindergärten und Nachhilfe für Schüler. Jedenfalls seit 1.8.2012 ist sie als Lehrerin angestellt. Die zu versteuernden Einkünfte der Beteiligten stellten sich in den Jahren 2005 bis 2012 wie folgt dar:

Antragsteller

Antragsgegnerin

2005

47.552 EUR

7.285 EUR

2006

51.685 EUR

1.885 EUR

2007

51.902 EUR

4.952 EUR

2008

52.802 EUR

4.834 EUR

2009

52.802 EUR

6.781 EUR

2010

54.215 EUR

10.029 EUR

2012

57.953 EUR

11.705 EUR

Die Trennung der Beteiligten erfolgte im Mai 2012. Der Scheidungsantrag des Antragstellers wurde der Antragsgegnerin am 12.3.2014 zugestellt. Durch notarielle Urkunde vom 11.4.2014 änderten die Beteiligten die notariellen Urkunden vom 10.7.2003 und vom 24.11.2005 bezüglich des Kindesunterhalts und des nachehelichen Unterhalts ab. Hinsichtlich der modifizierten Regelungen zum Unterhalt heißt es in dieser notariellen Urkunde ausdrücklich:

"Mit der Unterhaltszahlung soll u.a. auch die unterschiedliche Rentenversorgungsan- wartschaft während der Ehe und der Betreuung der Kinder ausgeglichen werden."

Durch den angefochtenen Beschluss hat das AG die Ehe der Beteiligten geschieden, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die gemeinsame Tochter der Antragsgegnerin allein übertragen und ausgesprochen, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Hinsichtlich der letztgenannten Entscheidung hat sich das AG auf die Vereinbarung vom 10.7.2003 berufen. Die notarielle Urkunde vom 24.11.2005 war dem AG nicht vorgelegt worden.

Gegen die Entscheidung über die Folgesache zum Versorgungsausgleich wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Sie trägt vor:

Es habe der gemeinsamen Lebensplanung der Ehegatten entsprochen, dass sie, die Antragsgegnerin, die drei Kinder betreue. Aus diesem Grund habe man die notarielle Vereinbarung aus dem Jahr 2003 im Jahr 2005, zu einer Zeit, als sie keine Einkünfte aus einer nichtselbständigen Arbeit mehr erzielt habe, geändert.

Erst seit 1.8.2012 habe sie eigene Rentenanwartschaften erwerben können. Für den "Riestervertrag" seien zu keinem Zeitpunkt Zahlungen erfolgt. Sie sei daher zur Alterssicherung auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewiesen.

Der Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs sei durch die Unterhaltszahlungen, wie sie durch notarielle Urkunde vom 11.4.2014 vereinbart worden seien, nicht kompensiert.

Der Antragsteller habe sie sowohl vor der letzten Vertragsänderung als auch vor dem Termin des AG telefonisch unter Druck gesetzt, indem er ihr vor Augen geführt habe, dass das Verhältnis als Eltern sehr schwierig werden und das gemeinsame Kind darunter le...

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