Entscheidungsstichwort (Thema)

Vollstreckung eines Umgangsvergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein Vergleich zur Regelung des Umgangs bedarf grundsätzlich der Klausel, wenn der Vollstreckungsgläubiger von diesem Erfordernis nicht gemäß § 86 III FamFG freigestellt ist.

Wird aus einem vor dem Beschwerdegericht geschlossenen Vergleich vollstreckt, so ist eine Klausel erforderlich, wenn ein anderes Familiengericht für die Vollstreckung zuständig ist, als dasjenige, das die Akten mit dem Titel verwahrt.

Mit dem Hinweis auf die Folgen einer Zuwiderhandlung muss nicht nur die Art, sondern auch das Höchstmaß des angedrohten hoheitlichen Zwangs einschließlich des Höchstmaßes der Ersatzordnungsmittel bestimmt angegeben werden.

 

Normenkette

FamFG § 86 Abs. 1, 3, § 89 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 205/19)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Schuldners wird der Beschluss des Amtsgerichts Zossen vom 29. Mai 2019 abgeändert.

Der Antrag wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Gläubigerin.

 

Gründe

Der Schuldner wendet sich gegen das Auferlegen von Ordnungsmitteln.

I. Die Gläubigerin betreibt die Vollstreckung aus einem vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht mit dem Schuldner geschlossenen gerichtlich gebilligten Vergleich, mit dem die Beteiligten den Umgang mit einem gemeinsamen Kind geregelt haben. Der Vergleich ist in einem Verfahren über die Beschwerde gegen einen Beschluss des Amtsgerichts Potsdam geschlossen worden.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Amtsgericht Zossen mit dem angefochtenen Beschluss gegen den Schuldner Ordnungsgeld und Ersatzordnungshaft wegen Zuwiderhandlungen gegen den Vergleich festgesetzt.

II. Die Beschwerde ist begründet.

Der Vollstreckungsantrag ist unzulässig, weil allgemeine und besondere Vollstreckungsvoraussetzungen nicht gegeben sind.

1. Es fehlt die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung der Klauselvorlegung.

a) Der Beginn der Vollstreckung ist davon abhängig, dass die Gläubigerin die vollstreckbare Ausfertigung des Protokolls vorlegt, das den zu vollstreckenden Vergleich, den Beschluss über die gerichtliche Billigung und den Hinweis auf die Ordnungsmittel enthält.

aa) Die Erforderlichkeit einer Klausel für die Vollstreckung aus einem Vergleich (Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl. 2017, § 36 Rdnr. 51, -Giers, § 86 Rdnr. 17; zweifelnd: Musielak/Borth-Borth/Grandel, FamFG, 6. Aufl. 2018, § 36 Rdnr. 14) findet im Wortlaut des § 86 III FamFG keine eindeutige Stütze. Der Erlass wird zwar im § 38 III 3 FamFG legal definiert und dabei nur auf Beschlüsse des Gerichts bezogen. Dieses enge Verständnis hätte im § 86 III FamFG deutlich bestätigt werden können, indem ebenfalls Beschlüsse als Regelungsgegenstand bezeichnet werden. Daß allgemein Titel benannt werden, spricht eher dafür, dass neben den Beschlüssen auch die weiteren im § 86 I FamFG aufgeführten Vollstreckungstitel gemeint sind, die in dem Sinne vom Gericht erlassen sind, dass dessen Mitwirkung bei ihrer Errichtung zwingend erforderlich ist. Der Sinn und Zweck der Klausel als Vollstreckungsvoraussetzung und der weitgehenden Freistellung von diesem Erfordernis bestätigt dieses weite Verständnis, einen vom Gericht protokollierten Vergleich als vom Gericht erlassenen Titel anzusehen. Die Klausel schützt den Schuldner, indem vor Beginn der Vollstreckung der Bestand und die verfahrensrechtliche Vollstreckbarkeit des Titels von demjenigen Urkundsbeamten (§§ 95 I FamFG, 795 S. 1, 724 II ZPO) bescheinigt wird, der zu dieser Prüfung in der Lage ist, dem also die Urschrift des Titels und die Akten vorliegen, denen der Stand des Verfahrens zu entnehmen ist. Dadurch wird das Vollstreckungsorgan entlastet, das nichts entscheiden soll, was es ohne die Akten allein anhand der ihm vorgelegten Ausfertigungen nicht prüfen kann (Schuschke/Walker, Vollstreckung, 5. Aufl. 2011, vor § 724 Rdnr. 1; Zöller-Seibel, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 724 Rdnr. 1 MüKo-ZPO-Wolfsteiner, 5. Aufl. 2016, § 724 Rdnr. 2).

Auch ein Vergleich bedarf deshalb grundsätzlich der Klausel (Senat, FamRZ 2016, 1960; NJW-RR 2015, 520 = FamRZ 2015, 1224, 1225). Von diesem Erfordernis ist der Vollstreckungsgläubiger nur dann gemäß § 86 III FamFG freigestellt, wenn er sich mit seinem Antrag an das Gericht der Hauptsache zu wenden hat, das den Bestand und die Wirksamkeit des Titels anhand der bei ihm noch geführten oder verwahrten Akten prüfen kann.

bb) Da der zu vollstreckende Titel vom Brandenburgischen Oberlandesgericht in einem vor dem Amtsgericht Potsdam begonnenen Verfahren erlassen worden ist, kann für die Vollstreckung durch das Amtsgericht Zossen auf eine Klausel nicht verzichtet werden. Die Klausel wäre nach § 86 III FamFG nur dann entbehrlich, wenn das Amtsgericht Potsdam zuständiges Vollstreckungsgericht wäre.

Ein vollstreckbare Ausfertigung muss nicht erteilt werden, wenn das Familiengericht als ausschließlich zuständiges Gericht des ersten Rechtszuges (§§ 95 I FamFG, 887 I, 888 I 1, 890 I 1, 802 ZPO) nach Abschluss des Beschwerdeverfahrens und nach Rücksendung der Akten einen vo...

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