Leitsatz (amtlich)
Ein Rückstand mit der Zahlung von Monatsraten, der zur Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe führen kann, entsteht nicht, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen.
Verfahrensgang
AG Perleberg (Beschluss vom 02.10.2014; Aktenzeichen 19 F 125/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des AG Perleberg vom 2.10.2014 aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde ist begründet.
Eine Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe findet im nach § 40 EGZPO anwendbaren § 124 I Nr. 4 a.F. ZPO keine Grundlage. Das Aufhebungsermessen ist nicht eröffnet, weil ein Rückstand mit der Zahlung der festgesetzten Raten nicht entstanden ist.
Ein Rückstand entsteht nicht, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sind die subjektiven Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe auch dann nochmals zu prüfen, wenn die Bewilligungsentscheidung formell rechtskräftig geworden ist, weil der Antragsteller versäumt hat, Beschwerde einzulegen (Musielak-Fischer, ZPO, 11. Aufl. 2014, § 124 Rz. 9; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 124 Rz. 18; BeckOK-ZPO-Kratz, Stand: Sept. 2014, § 124 Rz. 25, alle m.w.N.). Das AG hat diese Prüfung unterlassen und auf den unangefochtenen Bewilligungsbeschluss verwiesen (Verfügung vom 13.11.2014, Bl. 53 VKH Ast.). Damit hat es nicht beachtet, dass die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nicht in materielle Rechtskraft erwächst - weder in ihren begünstigenden noch in ihren belastenden Bestandteilen. Während der Rücknahme der Begünstigung der Vertrauensschutz entgegensteht, bleibt die Belastung - etwa mit Ratenzahlungen - ohne diese Beschränkung überprüfbar.
Die Überprüfung der angeordneten Ratenzahlungen lässt es nicht zu, die unterlassene Zahlung als Rückstand zu beurteilen, der eine Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen könnte. Dem Antragsteller sind am selben Tag sowohl in diesem Verfahren (Bl. 26 VKH Ast.) als auch in einer Unterhaltssache (19 F 128/12, Bl. 41) und in einer Ehewohnungssache (19 F 129/12, Bl. 29) Ratenzahlungen von je 60 EUR auferlegt worden. In allen drei Beschlüssen wird auf ein einzusetzendes Einkommen von "ca. 200 EUR" verwiesen. Dass diese Begründung die Entscheidungen nicht tragen kann, hätte nicht erst bei einem etwaigen vierten Beschluss auffallen dürfen, der die Ratenzahlungen auf einen Gesamtbetrag von 240 EUR aus einem einzusetzenden Einkommen von 200 EUR hätte anwachsen lassen. Vielmehr hätten die Beschlüsse in eine Reihenfolge gebracht werden müssen, um die in vorangegangenen Beschlüssen auferlegten Raten in den nachfolgenden als besondere Belastungen (§ 115 I 3 Nr. 4 a.F. ZPO) vom Einkommen abzuziehen und Raten aus einem geringeren einzusetzenden Einkommen festzusetzen (Musielak-Fischer, § 115 Rz. 30, Zöller/Geimer, § 115 Rz. 40). Die Belastung mit mehreren Ratenzahlungsverpflichtungen hätte auch berücksichtigt werden können, indem der Zahlungsbeginn bis zur Erledigung der Raten aus anderen Verfahren aufgeschoben wird (BeckOK-ZPO-Reichling, § 115 Rz. 43.1).
Es bedarf keiner Festlegung, ob alle drei Beschlüsse unter diesem Fehler leiden oder nur einer oder zwei von ihnen. In diesem Beschwerdeverfahren muss auch nicht geprüft werden, ob die Einkommensberechnung zutrifft. Es war jedenfalls nicht haltbar, dem Antragsteller drei gleich hohe Ratenzahlungen aufzuerlegen. Ein Rückstand, der die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe zuließe, kann aus der unterlassenen Zahlung auf diese Beschlüsse nicht folgen.
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 113 I FamFG, 127 IV ZPO).
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§§ 113 I FamFG, 574 II, III ZPO), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 7600423 |
MDR 2015, 420 |