Leitsatz (amtlich)

Ein Rückstand im Sinne des § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO, der die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen kann, entsteht nicht, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sind die subjektiven Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe auch dann nochmals zu prüfen, wenn die Bewilligungsentscheidung formell rechtskräftig geworden ist, weil der Antragsteller versäumt hat, Beschwerde einzulegen.

Die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe erwächst nicht in materielle Rechtskraft - weder in ihren begünstigenden noch in ihren belastenden Bestandteilen. Während der Rücknahme der Begünstigung der Vertrauensschutz entgegensteht, bleibt die Belastung - etwa mit Ratenzahlungen - ohne diese Beschränkung überprüfbar.

 

Verfahrensgang

AG Zossen (Aktenzeichen 6 F 543/16)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts xxx vom 6. November 2017 aufgehoben.

 

Gründe

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Aufhebung der ihr bewilligten Verfahrenskostenhilfe, nachdem sie mit der Zahlung der festgesetzten Raten in Rückstand geraten ist.

Das Amtsgericht hatte der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 29. November 2016 Verfahrenskostenhilfe bewilligt und dabei die Zahlung von Monatsraten in Höhe von 47 EUR angeordnet. Die Antragsgegnerin hat keine der Raten bezahlt, obwohl sie durch gerichtliche Verfügungen vom 31. August 2017 und vom 18.10.2017, zum Ausgleich des Rückstandes und zur Aufnahme der Ratenzahlung aufgefordert und zugleich auf die Möglichkeit der Aufhebung der Verfahrenskostenhilfebewilligung hingewiesen worden war. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Verfahrenskostenhilfebewilligung aufgehoben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten sofortigen Beschwerde vom 8. Dezember 12017 macht die Antragsgegnerin geltend, ab Januar lediglich mit der Ratenzahlung beginnen zu können, weil sie alleinerziehend mit drei Kindern sei.

Im Rahmen des Abhilfeverfahrens hat das Amtsgericht eine Verfahrenskostenhilfeüberprüfung (§§ 76 I FamFG, 120 a I ZPO) durchgeführt. Die Antragsgegnerin hat hierauf nicht reagiert. Daraufhin hat das Amtsgericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

Die Beschwerde ist begründet.

Eine Aufhebung der bewilligten Verfahrenskostenhilfe findet in § 124 I Nr. 5 ZPO keine Grundlage. Das Aufhebungsermessen ist nicht eröffnet, weil ein Rückstand mit der Zahlung der festgesetzten Raten nicht entstanden ist.

Ein Rückstand entsteht nicht, wenn Raten nicht hätten festgesetzt werden dürfen. Bei einer Entscheidung über die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe sind die subjektiven Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe auch dann nochmals zu prüfen, wenn die Bewilligungsentscheidung formell rechtskräftig geworden ist, weil der Antragsteller versäumt hat, Beschwerde einzulegen (vgl. OLG Brandenburg, Senat, MDR 2015, 420; OLG Koblenz, FuR 1999, 441; Musielak/Voit/Fischer, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 124 Rdnr. 9; Zöller-Geimer, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 124 Rdnr. 18; BeckOK-ZPO/Kratz, Stand: März 2018, § 124 Rdnr. 25, alle m. w. Nachw.). Das Amtsgericht hat diese Prüfung nicht durchgeführt. Indes erwächst die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe nicht in materielle Rechtskraft - weder in ihren begünstigenden noch in ihren belastenden Bestandteilen. Während der Rücknahme der Begünstigung der Vertrauensschutz entgegensteht, bleibt die Belastung - etwa mit Ratenzahlungen - ohne diese Beschränkung überprüfbar.

Die Überprüfung der angeordneten Ratenzahlungen lässt es nicht zu, die unterlassene Zahlung als Rückstand zu beurteilen, der eine Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe rechtfertigen könnte. Der Antragsgegnerin ist Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, wobei richtigerweise der ihr anzurechnende Mehrbedarf für Alleinerziehende (§ 115 I S. 3 Nr. 4 ZPO, § 30 III Nr. 1 Anl. § 28 SGB XII) von seinerzeit 144 EUR hätte berücksichtigt werden müssen. Die Antragsgegnerin hatte bereits damals angegeben (Bl. 5/8 VKH), zu viert mit ihren drei Kindern zusammen in einer Wohnung zu leben. Dass sie alleinerziehend war, ergab sich auch aus dem Bericht des Jugendamts im Hauptsacheverfahren (Bl. 50). Auch mit ihrer sofortigen Beschwerde hat sie sich auf diesen Umstand bezogen.

Nur der Umstand, dass die Anrechnung des Mehrbedarfs für Alleinerziehende unterblieben ist (Bl. 52 VKH), hat zur Anordnung von Raten geführt. Nach dem vorzunehmenden Abzug des Betrags von 144 EUR von dem vom Amtsgericht errechneten einzusetzenden Einkommen von 94 EUR wäre kein Einkommen verblieben, das die Antragsgegnerin hätte für die Zahlung der Verfahrenskosten einsetzen können. Raten hätten also von vornherein nicht festgesetzt werden dürfen.

Ein Rückstand, der die Aufhebung der Verfahrenskostenhilfe zuließe, kann aus der unterlassenen Zahlung auf diese Beschlüsse nicht folgen.

Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ist nicht zu entscheiden (§§ 76 III FamFG, 127 IV ZPO).

Eine Streitwertfestsetzung und eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. ...

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