Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit des vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahrens

 

Verfahrensgang

Vergabekammer des Landes Brandenburg (Beschluss vom 15.09.2003; Aktenzeichen VK 57/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 25.9.2000 gegen den Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 15.9.2003 - VK 57/03 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich außergerichtlichen Kosten des Auftraggebers zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

 

Gründe

I. Der Auftraggeber schrieb öffentlich im Bundesausschreibungsblatt vom 11.6.2003 die Betreibung und Bewachung einer Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber mit einer Außenstelle auf dem Gelände des Flughafens ... und mit der Betreibung und Bewachung einer Abschiebungshafteinrichtung für Ausländer für den Zeitraum vom 1.10.2003 bis zum 31.12.2006 mit der Option zur Verlängerung bis zu drei Jahren aus. Eine europaweite Ausschreibung erfolgte nicht. Die Auftragssumme für ein Jahr beträgt nach Schätzung des Auftraggebers ca. 1.860.000 Euro. In dem Ausschreibungstext heißt es: "Mit der Abgabe eines Angebotes unterliegt der Bewerber den Bestimmungen über nicht berücksichtigte Bieter (§ 27 VOL/A)".

Der Auftraggeber übersandte interessierten Bietern die Vergabeunterlagen mit dem Formular "Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes". Darin waren die dieser Aufforderung beigefügten Anlagen angekreuzt. Nicht angekreuzt war die erste Option "Ergänzungsblatt für EU-Vergabeverfahren". In den dieser Aufforderung beigefügten Bewerbungs- und Vergabebedingungen des Landes B. für die Vergabe von Leistungen nach der VOL heißt es an erster Stelle unter 1. unter "Allgemeines".

1. ... Bei der Vergabe von Leistungen, deren geschätzter Auftragswert sich wenigstens auf den in § 1a VOL/A genannten Betrag (Schwellenwert) beläuft (EU-Vergabeverfahren), hat der Bewerber bzw. Bieter einen Rechtsanspruch auf Anwendung der VOL Teil A. Zur Nachprüfung behaupteter Verstöße gegen diese Vergabebestimmungen kann sich der Bewerber bzw. Bieter am die in der Angebotsaufforderung genannte Vergabeprüfstelle wenden. Bei der Vergabe von Leistungen, deren geschätzter Auftragswert unterhalb des vorbezeichneten Schwellenwerts liegt, besteht kein Rechtsanspruch des Bewerbers bzw. Bieters auf Anwendung der VOL Teil A.

Der Auftraggeber gab weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen die zur Nachprüfung zuständige Vergabekammer oder eine Vergabeprüfstelle an.

In den bereits genannten Bewerbungs- und Vergabebedingungen heißt es unter 2.9:

Das Angebot gilt als abgelehnt, wenn bis zum Ablauf der Zuschlagsfrist kein Zuschlag erteilt worden ist. Hierzu ergeht keine besondere Mitteilung. Will der Bieter jedoch ausdrücklich über die Ablehnung seines Angebots unterrichtet werden, so muss er dies schriftlich beantragen und einen adressierten Freiumschlag für die Rückantwort beifügen; der Antrag kann bereits mit der Abgabe des Angebots gestellt werden.

Diese Klausel entspricht § 27 VOL/A.

In den Verdingungsunterlagen heißt es, dass von den sich an der Ausschreibung beteiligenden Bietern vorausgesetzt werde, dass das Unternehmen Mitglied im Verband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. ist.

Zur Angebotseröffnung am 4.8.2003 lagen insgesamt fünf Angebote vor, darunter diejenigen der Antragstellerin und der Beigeladenen. Nach der Behauptung der Antragstellerin hat sie dem Auftraggeber in ihrem Begleitschreiben zum Angebot vom 30.7.2003 ein Nebenangebot übersandt. Ein solches Schreiben befindet sich nicht bei den dem Vergabesenat vom Auftraggeber überlassenen Vergabeakten.

Die Antragstellerin ist ein bundes- und europaweit tätiges Dienstleistungsunternehmen, das sich regelmäßig an Vergabeverfahren beteiligt. Sie ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V. (BDWS). Die Beigeladene ist Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Wach- und Sicherheitsunternehmen e.V.

Der Auftraggeber legte der Wertung der Angebote eine nicht bekannt gegebene Matrix zugrunde. Die Antragstellerin erzielte im Rahmen der Wertung eine Gesamtpunktzahl von 242. Mit Schreiben vom 12.8.2003 erteilte der Auftraggeber der mit einer Gesamtpunktzahl von 294 erstplatzierten Beigeladenen den Zuschlag.

Mit Schreiben vom 13.8.2003 teilte der Auftraggeber der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot den zweiten Platz erhalten habe. Entsprechend § 24 Abs. 3 VOL/A sei der Zuschlag einem anderen Bieter erteilt worden.

Mit von ihr selbst verfasstem Schreiben vom 18.8.2003 rügte die Antragstellerin die Vergabeentscheidung. Sie wies darauf hin, dass die Beigeladene - sollte ihr der Zuschlag erteilt worden sein - kein Mitglied im BDWS sei und somit von der Ausschreibung hätte ausgeschlossen werden müssen. Die Antragstellerin stellte dann, durch ebenfalls von ihr selbst verfasstes Schreiben vom 18.8.2003, bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag.

Mit Schriftsatz vom 25.8.2003 bestellten sich die nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigt...

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