Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Unzulässigkeit einer unselbständigen Anschlussbeschwerde. Anwendung des Art. 111 FGG-RG in der Rechtsmittelinstanz
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Unzulässigkeit einer unselbständigen Anschlussbeschwerde in Sorgerechtsverfahren nach § 621e ZPO a.F.
2. Zur Anwendung des Art. 111 FGG-RG in der Rechtsmittelinstanz.
3. Zur (mangelnden) Abzugsfähigkeit von Versicherungsbeiträgen im Rahmen der Prüfung der Prozesskostenhilfe-Bedürftigkeit nach § 115 ZPO.
Normenkette
ZPO a.F. § 621e Abs. 3 S. 2, §§ 517-518; FamFG § 66; FGG-RG Art. 111 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 20 F 161/08) |
Tenor
Dem Kindesvater wird auf seinen Antrag vom 8.2.2010 hin Prozesskostenhilfe für die Beteiligung im Beschwerdeverfahren bewilligt. Es werden ihm monatliche Ratenzahlungen von 45 EUR auferlegt.
Gründe
1. Der Senat hat zugunsten des am Beschwerdeverfahren beteiligten Kindesvaters sein Schreiben vom 8.2.2010 allein als Verfahrensanregung und Prozesskostenhilfebewilligungsantrag und nicht bereits als Einlegung einer Beschwerde aufgefasst.
Anderenfalls wäre auf Kosten des Kindesvaters dessen Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Eine befristete Beschwerde wäre verspätet, da der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht binnen der Frist von einem Monat (§ 621e Abs. 3 Satz 2 ZPO a.F. i.V.m. §§ 517, 518 ZPO) eingegangen ist. Der angefochtene Beschluss ist dem Kindesvater am 3.12.2009 zugestellt worden, Bl. 157. Sein Prozesskostenhilfeantrag ist dagegen erst am 10.2.2010 beim OLG Brandenburg eingegangen, Bl. 193.
Die erfolgreiche Einlegung einer unselbständigen Anschlussbeschwerde scheidet ebenfalls aus. Eine Anschließung ist in Verfahren über die Regelung der elterlichen Sorge und des Umgangs mangels Bestehens eines Rechtsschutzbedürfnisses nicht zulässig. Die Verfahren über die elterliche Sorge und den Umgang gehören nicht zu den echten, eine Anschließung ermöglichenden Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (OLG Jena FamRZ 2007, 661 zu Sorge- und Umgangsrecht; OLG Köln FamRZ 2002, 1053 zum Umgangsrecht). Im Sorgerechtsverfahren kommt der unselbständigen Anschlussbeschwerde eines Beteiligten damit lediglich die Bedeutung einer Anregung zu (OLG Hamm FamRZ 1981, 202).
Anderes folgt zwar aus § 66 FamFG, wonach die Anschlussbeschwerde nunmehr ohne die vorangestellten Einschränkungen zulässig ist. Die Norm ist jedoch im hiesigen Verfahren nicht anwendbar, da das Verfahren vor dem Inkrafttreten des FamFG zum 1.9.2009 und damit auf der Grundlage des vor diesem Zeitpunkt geltenden Rechts eingeleitet worden ist, vgl. Art. 111 Abs. 1 FGG-RG. Ist das Verfahren in erster Instanz noch nach altem Recht eingeleitet und entschieden worden, so richtet sich auch die Durchführung des Rechtsmittelverfahrens nach altem Recht (OLG Stuttgart, FamRB 2009, 386; OLG Schleswig OLGReport Schleswig 2009, 984; OLG Köln FamRZ 2009, 1852; Schwamb, FamRB 2010, 27; a.A. Prütting in Prütting/Helms, FamFG, Rz. 5 zu Art. 111 FGG-RG; Geimer, FamRB 2009, 386). Auf den Zeitpunkt der Endentscheidung des erstinstanzlichen Gerichts (vor oder nach dem 1.9.2009) kommt es ebenso wenig wie auf den Zeitpunkt der Einlegung des Rechtsmittels an. Der Gegenansicht, die neues Rechtsmittelrecht für anwendbar hält, ist neben dem gesetzgeberischen Willen (vgl. dazu die vorgenannten Entscheidungen) auch die scharfe verfahrensrechtliche Trennung zwischen Zivil- und Familiensachen entgegen zu halten. Würde z.B. das AG (Zivilabteilung) über einen vor dem 1.9.2009 eingeleiteten Rechtsstreit wegen Gesamtschuldnerausgleich zwischen den getrennt lebenden Ehegatten entscheiden, so wäre kaum nachvollziehbar. weshalb es sich in erster Instanz um eine Zivil-, in zweiter Instanz dagegen um eine Familiensache - nach neuem Recht handelt es sich um eine sonstige Familien(streit)sache, §§ 112 Nr. 3, 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG - handeln sollte. Auch daraus folgende praktische Umsetzungsprobleme sprechen gegen ein unterschiedliches erst- und zweitinstanzliches Verfahrensrecht.
2. Die Berechnung der Ratenzahlung folgt aus der nachfolgenden Aufstellung. Dabei waren insb. die an die beiden Kinder geleisteten Unterhaltszahlungen von 60 EUR und von 208 EUR und die für das Eigenheim aufgewandten Darlehensraten von 286,83 EUR berücksichtigungsfähig. Die geleisteten Versicherungsbeiträge von 71,50 EUR (Hausrat-, Unfall- und Lebensversicherung) sind dagegen nicht abzugsfähig (Horndasch/Viefhues/Götsche, FamFG, 2009, Anhang zu § 76 Rz. 53 f.).
Fundstellen