Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenlast nach Antragsrücknahme in einer Umgangssache
Leitsatz (amtlich)
Kindschaftssachen, die nur auf einen Antrag begonnen werden können oder die, obwohl sie - wie Umgangsverfahren - von Amts wegen begonnen werden könnten aber in aller Regel nur auf Antrag begonnen werden, stehen den Familienstreitsachen so nahe, dass der Erfolg des Antragstellers das maßgebliche Kriterium der Kostenverteilung bildet.
Nicht nur die mangelnde Erfolgsaussicht, sondern auch die pflichtwidrige Verfahrensführung dient der Ermessensleitung bei der Kostenentscheidung.
Normenkette
FamFG § 27 Abs. 2, § 81 Abs. 1 S. 1, § 83 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 170/18) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 20. März 2019 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Es entspricht billigem Ermessen (§§ 83 II, 81 I 1 FamFG), dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Nach dem vom Senat in ständiger Übung angelegten strengen Maßstab (vgl. Senatsbeschl. v. 22. Dezember 2014 - 13 WF 305/14 -, BeckRS 2015, 02059) entspricht es nur für die Fälle der Erledigung der Hauptsache regelmäßig der Billigkeit, die Kosten in Sorge- und Umgangssachen unter den Eltern aufzuheben. Im übrigen stehen jedenfalls die Antragsverfahren auch in Kindschaftssachen den Familienstreitsachen nahe, so dass der Erfolg des Antragstellers das maßgebliche Kriterium der Kostenverteilung bildet. In Verfahren, die nur auf einen Antrag begonnen werden können oder die, obwohl sie - wie Umgangsverfahren - von Amts wegen begonnen werden könnten aber in aller Regel nur auf Antrag begonnen werden, soll der Antragsteller nicht von der Verantwortung befreit werden, die Erfolgsaussichten seines Antrages gründlich zu prüfen und dabei auch sorgfältig abzuwägen, ob seine eigenen Interessen es rechtfertigen können, die anderen Beteiligten - insbesondere die Kinder - in das Verfahren zu verstricken. Wenn schon die schutzwürdigen Befindlichkeiten der anderen Beteiligten nicht zur oftmals nötigen Zurückhaltung drängen können, ist das Kostenrisiko ein wertvolles Abwägungskriterium, auf das nicht verzichtet werden kann. Die Antragsteller in Kindschaftssachen dürfen von dieser strengen Prüfung nicht entlastet werden, indem ihnen von vornherein die Aussicht verschafft wird, jedenfalls nur die halbe Kostenlast tragen zu müssen. Schließlich ist auch der naheliegenden Möglichkeit des Missbrauchs vorzubeugen. Eine grundsätzliche Kostenaufhebung kann verbissen streitende Eltern allzu schnell dazu verleiten, ein Verfahren auch deshalb zu beginnen, damit der andere Elternteil jedenfalls den eigenen Rechtsanwalt und die Hälfte der Gerichtskosten bezahlen muss, die wegen der Vergütung des Verfahrensbeistandes eine beträchtliche Höhe erreichen können.
Im hier geführten Verfahren ist kein Grund erkennbar, von der vollständigen Kostenlast des Antragstellers nach Antragsrücknahme und Beendigung des Umgangsverfahrens abzuweichen. Sein Antrag hatte mit dem ausdrücklich angestrebten Ziel, Wochenendumgang im Zweiwochenrhythmus anzuordnen, keine Aussicht auf Erfolg. Nicht nur die mangelnde Erfolgsaussicht, sondern auch die pflichtwidrige Verfahrensführung dient der Ermessensleitung bei der Kostenentscheidung. Der Antragsteller hat in seiner Antragsschrift wesentliche ihm bekannte Gesichtspunkte nicht genannt, die ganz offensichtlich für die Beurteilung einer Umgangsregelung oder Umgangsanbahnung wesentlich sein werden. Damit hat er gegen seine Pflicht verstoßen, vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen (§ 27 II FamFG). Die vom Jugendamt und vom Verfahrensbeistand geschilderten, vom Antragsteller nicht in Zweifel gezogenen Umstände des Verhältnisses des Antragstellers zu den Kindern und zur Antragsgegnerin drängen sich als wesentlich für eine Umgangsentscheidung auf: der Vorwurf der Antragsgegnerin gegenüber dem Antragsteller, sie mehrmals vergewaltigt zu haben; die Kenntnis der Kinder von diesem Vorwurf; Gewalttätigkeiten des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin, die die Kinder miterlebt haben; die Unterbringung der Kinder in einer Pflegefamilie und einer Wohngruppe. Die antragsgemäße Anordnung von Wochenendumgang ist nicht erst durch die während des Verfahrens begonnene Untersuchungs- und anschließende Strafhaft aussichtslos geworden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG. Einer Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren bedarf es nicht (§ 55 II FamGKG), weil eine Festgebühr entsteht.
Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen (§ 70 II FamFG), besteht nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 13224391 |
FamRZ 2019, 2023 |
FuR 2019, 4 |
JurBüro 2019, 530 |
FF 2019, 334 |
FF 2019, 424 |