Leitsatz (amtlich)
In Beratungshilfesachen ist die Beschwerde durch § 6 Abs. 2 BerHG nach wie vor ausgeschlossen, da sich für einen Willen des Gesetzgebers, dies abzuändern, keine hinreichenden Anhaltspunkte finden. § 24a Abs. 2 RPflG ist mithin einschränkend dahingehend auszulegen, dass die Erinnerung in Abweichung von § 11 Abs. 2 Satz 1 zweiter Halbsatz RPflG unbefristet ist (entgegen LG Potsdam FamRZ 2009, 902).
Normenkette
BerHG § 6 Abs. 2; RPflG § 11 Abs. 2, § 24a Abs. 2
Verfahrensgang
LG Cottbus (Aktenzeichen 7 T 107/10) |
Tenor
Die Beschwerde vom 13.4.2010 gegen den Beschluss des AG Senftenberg vom 6.4.2010 - 24 II 241/10 - wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.
Beschwerdewert: bis zu 600 EUR.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer, anwaltlich vertreten, beantragte im März 2010 beim AG Senftenberg Beratungshilfe. Das AG Senftenberg wies diesen Antrag mit Beschl. v. 18.3.2010 - 24 II 241/10 - zurück. Gegen diese Entscheidung legte der Antragsteller mit anwaltlichem Schreiben vom 22.3.2010 Erinnerung ein. Nachdem die Rechtspflegerin dieser nicht abhalf und dem Richter zur Entscheidung vorlegte, wurde die Erinnerung mit Beschluss des AG vom 6.4.2010 zurückgewiesen. Gegen den dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 12.4.2010 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller, anwaltlich vertreten, beim AG am 16.4.2010 Beschwerde eingelegt. Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem LG Cottbus vorgelegt. Mit Beschluss vom 15.7.2010 hat das LG Cottbus sich nach Anhörung des Beschwerdeführers als unzuständig für die Beschwerde erklärt und die Sache an das Brandenburgische OLG verwiesen.
II.1. Die sofortige Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen.
Das Brandenburgische OLG ist gem. § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über Beschwerden gegen Entscheidungen der AG zuständig. Für das Verfahren der Bewilligung von Beratungshilfe gelten die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend (§ 5 BerHG).
Die sofortige Beschwerde ist allerdings unstatthaft. Dies ergibt sich daraus, dass der Antragsteller mit seinem Rechtsmittel die nachträgliche Bewilligung von Beratungshilfe erstrebt. Gegen die Entscheidung des gem. § 24a Abs. 1 Nr. 1 RPflG zuständigen Rechtspflegers, mit der Beratungshilfe abgelehnt wird, ist nach der Regelung des § 6 Abs. 2 BerHG allerdings nur die unbefristete Erinnerung durch den Rechtssuchenden gem. § 11 Abs. 1 S. 1 RPflG statthaft. Hilft der Rechtspfleger der Erinnerung nicht ab, hat er die Erinnerung gem. § 11 Abs. 2 S. 2 RPflG dem Richter vorzulegen, der über die Erinnerung endgültig entscheidet. Gegen dessen Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Eine Vorlage der Erinnerung an das Rechtsmittelgericht ist ebenso wenig wie eine Beschwerde gegen die Entscheidung des AG möglich (vgl. OLG Celle, Beschl. v. 8.6.2010 - 2 W 149/10; OLG Stuttgart, JurBüro 1984, 124).
Es entspricht gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung, dass § 6 Abs. 2 BerHG nach dem Wortlaut und dem Willen des historischen Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 8/3695, S. 9) die Beschwerde gegen die Entscheidung des Amtsrichters über eine - ablehnende - Entscheidung des Rechtspflegers in Beratungshilfesachen ausschließt (s. dazu nur OLG Hamm JurBüro 1984, 1746, OLG Stuttgart Rpfleger 2009, 462; OLG Hamm FamRZ 2010, 1364). Dieser Rechtsprechung folgt die Literatur ganz überwiegend (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rz. 991; Liesner, Rpfleger 2007, 448 ff.). Der in Rechtsprechung und Literatur vereinzelt vertretenen Auffassung, dass seit der Änderung des Rechtspflegergesetzes durch das Gesetz vom 6.8.1998 nach allgemeinen Regeln die Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gegeben sei (so etwa LG Potsdam, Beschluss vom 12.10.2009 -13 T 74/08 -, veröffentlicht unter FamRZ 2009, 902) schließt sich der Senat aus nachfolgenden Gründen nicht an:
Die Gegenauffassung weist im Kern auf einen systematischen Widerspruch hin, der sich daraus ergibt, dass § 24a Abs. 2 RPflG n.F. die Anwendung des § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG n.F., also die Regelung über die "Restanwendungsfälle" der Rechtspflegererinnerung seinem Wortlaut nach ausschließt, während § 6 Abs. 2 BerHG in seiner nach wie vor gültigen Fassung die Existenz eines Rechtsbehelfes der Erinnerung voraussetzt. Dagegen gehen die Vertreter der anderen Auffassung davon aus, dass der Widerspruch durch eine reduzierende Auslegung dahingehend aufzulösen ist, dass § 24a Abs. 2 RPflG sich nur auf die Fristenregelung des § 11 Abs. 2 S. 1 RPflG bezieht.
Der Senat geht davon aus, dass der systematische Widerspruch, den die Neufassung des Rechtspflegergesetzes im Jahre 1998 zwischen § 6 Abs. 2 BerHG und § 24a Abs. 2 RPflG geschaffen hat, sich nur dann auflösen lässt, wenn man eine Norm entgegen ihrem Wortlaut ganz oder zum Teil nicht anwendet ...