Verfahrensgang
AG Nauen (Beschluss vom 07.10.2014; Aktenzeichen 23 F 94/14) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners und unter Zurückweisung seiner weiter gehenden Beschwerde wird der Antragsgegner in Abänderung des angefochtenen Beschlusses des AG - Familiengerichts - Nauen vom 07.10.2014 - 23 F 94/14 - verpflichtet, Kindesunterhalt für den am 09.06.2004 geborenen Antragsteller wie folgt zu zahlen:
246 EUR monatlich ab Januar 2014,
207 EUR monatlich ab Januar 2015,
211 EUR monatlich ab Januar 2016 und
232 EUR monatlich ab Juni 2016.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Antragsteller 13 % und der Antragsgegner 87 % zu tragen.
Dieser Beschluss ist für die ab Dezember 2016 fällig werdenden Forderungen sofort wirksam.
Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 5000 EUR festgesetzt.
II. Dem Antragsteller wird Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt.
Dem Antragsgegner wird unter Zurückweisung seines Gesuchs im Übrigen Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt, soweit er sich gegen eine Verpflichtung zur Zahlung von mehr als den zuerkannten Unterhaltsansprüchen wendet. In Umfang der Bewilligung wird ihm wird Rechtsanwalt Schaaf, 13088 Berlin, beigeordnet.
Gründe
I. Der beschwerdeführende Antragsgegner wendet sich gegen seine Verpflichtung zur Zahlung rückständigen und laufenden Mindestunterhalts für seinen am 09.06.2004 geborenen Sohn, den Antragsteller.
Dieser ist vermögenslos und lebt mit seinem am 09.11.2006 geborenen Bruder Johannes bei seiner seit Juni 2007 von dem Antragsgegner getrennten und seit November 2010 geschiedenen Mutter.
Mit Schreiben vom 28.11.2013 forderte der Beistand den Antragsgegner zur Leistung von Mindestunterhalt auf (vgl. 4).
Der Antragsgegner hat sich unter Hinweis auf das Bestehen von insgesamt zwei Unterhaltsverpflichtungen für leistungsunfähig gehalten.
Mit dem angefochtenen Beschluss, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das AG den Antragsgegner zur Zahlung des Mindestunterhalts verpflichtet. Die Leistungsunfähigkeit des Antragsgegners lasse sich mangels hinreichender Bewerbungsbemühungen nicht feststellen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein Abweisungsbegehren uneingeschränkt weiter. Das AG habe seine Leistungsunfähigkeit zu Unrecht verneint.
Er beantragt, in Abänderung des Beschlusses des AG- Familiengericht - Nauen vom 7.10.2014 - 23 F 94/14 - den Antrag des Antragstellers abzuweisen.
Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf die Korrespondenz im Beschwerderechtszug. Er entscheidet, wie angekündigt (191), ohne mündliche Verhandlung (§§ 117 Abs. 3, 68 Abs. 2 Satz 2 FamFG), von der ein weiterer Erkenntnisgewinn nicht zu erwarten war.
II. Die gemäß §§ 58 ff, 117 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat nur teilweise Erfolg.
Sein Einwand der Leistungsunfähigkeit (vgl. § 1603 BGB) greift gegenüber dem Unterhaltsanspruch (§§ 1589 S. 1, 1601, 1602, 1610, 1612a, 1612b BGB), dessen Entstehungsvoraussetzungen dem Grunde nach unstreitig sind, nur in geringem Umfang durch.
Die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners wird nicht nur durch sein tatsächlich vorhandenes Vermögen und Einkommen bestimmt, sondern auch durch seine Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, die ihm zumutbaren Einkünfte zu erzielen, insbesondere seine Arbeitsfähigkeit so gut wie möglich einzusetzen und eine ihm mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben. Kommt er dieser Erwerbsobliegenheit nicht nach, muss er sich so behandeln lassen, als ob er ein Einkommen, das er bei gutem Willen erzielen könnte, auch tatsächlich erzielt. Zum unterhaltsrechtlich relevanten Einkommen zählen daher auch Einkünfte, die der Unterhaltspflichtige in zumutbarer Weise erzielen könnte, aber tatsächlich nicht erzielt (Wendl/Dose, Unterhaltsrecht, 9. Aufl., § 1 Rn. 736 m.w.N.). Diese Erwerbsobliegenheit (vgl. § 1603 Abs. 1 BGB) ist regelmäßig nochmals gesteigert, wenn, wie hier, der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes in Frage steht (vgl. § 1603 Abs. 2 S 1 BGB); sie kann dann auch einen möglichen Berufswechsel oder die Ausübung von Nebentätigkeiten neben einer vollschichtigen Tätigkeit umfassen. Hier ist ein beruflicher Wechsel unabweisbar.
Der Antragsgegner erzielt seit Jahren als kaufmännischer Angestellter bei 20 - 30 Wochenstunden in einem nur ihn beschäftigenden Unternehmen noch immer kein den Kindesunterhalt sicherndes sondern nach eigenem Vorbringen bloß ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von durchschnittlich 436,32 EUR. Dies lässt nur den Schluss zu, dass diese Tätigkeit entweder nicht lukrativ ist, weil das Einkommen in keinem Verhältnis zu dem Arbeitsaufwand steht und es sich ins...