Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 32. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 09.07.2020, Az. 32 O 4/20, wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er beabsichtigt, den Antragsgegner, seinen damaligen Hausarzt, wegen einer nach seiner Behauptung fehlerhaften Behandlung im Juni 2017 auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000,00 EUR in Anspruch zu nehmen.

Im März 2017 wurde der Antragsteller durch den Antragsgegner wegen auftretender Magen- und Darmkrämpfe behandelt. Im Juni 2017 stellte sich der Antragsteller bei dem Antragsgegner erneut vor, nachdem bei ihm eine Schwellung an der linken Halsseite - von ihm als "Beule" beschrieben - aufgetreten war. Bei der Untersuchung diagnostizierte der Antragsgegner eine Lymphknotenvergrößerung zervikal links, die nicht schmerzhaft, von weicher Konsistenz und gut verschieblich war. In den Behandlungsunterlagen notierte der Antragsgegner: "eher unverdächtig". Er veranlasste eine Überweisung zum Hals-Nasen-Ohren-Arzt und zum Radiologen. Am 31.07.2017 erfolgte die Exstirpation des Lymphknotens. Im weiteren Verlauf wurde bei dem Antragsteller ein Non-Hodgkin-Lymphom diagnostiziert.

In einem im Rahmen eines Schlichtungsverfahrens von der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammer eingeholten Gutachtens vom 04.03.2019 kam die Sachverständige, die Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. B..., zu dem Ergebnis, dass dem Antragsgegner kein Behandlungsfehler vorzuwerfen sei. Die Ursache des Non-Hodgkin-Lymphoms sei nicht vollständig geklärt. Der Antragsgegner habe sich nach dem Auftreten der Lymphdrüsenschwellung im Halsbereich korrekt verhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die zu den Gerichtsakten gereichte Kopie des gutachterlichen Bescheides vom 04.03.2019 (Bl. 32 ff. GA) verwiesen.

Der Antragsteller wirft dem Antragsgegner vor, ihn nicht nach dem hausärztlichen Standard behandelt zu haben. Insbesondere habe er keine Blutbildanalyse durchgeführt und dadurch einen Lymphdrüsenkrebs nicht erkannt. Die notwendige Antibiotikabehandlung sei unterlassen worden, so dass eine Chronifizierung des Lymphdrüsenkrebses eingetreten sei. Infolgedessen leide er an Übervorsichtigkeit, könne nicht mehr Fußball oder andere Mannschaftssportarten spielen und nur noch in den Sommermonaten Fahrrad fahren. Jede einfache Erkältung und sonstige Infektionskrankheiten seien für ihn lebensgefährlich.

Der Antragsgegner ist dem Vorbringen entgegengetreten. Ein Behandlungsfehler durch den Antragsgegner sei nicht ersichtlich. Die Gutachterin im Schlichtungsverfahren habe explizit festgehalten, dass ein Behandlungsfehler nicht vorliege. Vielmehr sei die von ihm veranlasste Überweisung an den HNO-Arzt und den Radiologen die richtige und notwendige Konsequenz gewesen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für die beabsichtigte Klage bestehe keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO. Nach dem im Schlichtungsverfahren eingeholten, sorgfältig begründeten und inhaltlich überzeugenden Gutachten, das grundsätzlich im Wege des Urkundenbeweises gewürdigt werden könne, habe der Antragsgegner den Antragsteller nach Auftreten der Lymphdrüsenschwellung fachgerecht behandelt. Fehler bei der zuvor erfolgten Behandlung des Antragstellers seien durch die Gutachterin der Schlichtungsstelle ebenso nicht festgestellt worden. Schließlich sei nicht ersichtlich, inwiefern die von dem Antragsteller behaupteten Folgen den Anspruch auf Schmerzensgeld rechtfertigten und sie auf die behauptete Fehlbehandlung durch den Antragsgegner zurückgeführt werden könnten, wobei zu berücksichtigen sei, dass der Antragsteller an diversen weiteren Erkrankungen vor Feststellung des Lymphoms gelitten habe.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigten am 24.07.2020 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 24.08.2020 beim Landgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er macht geltend, eine vorweggenommene Beweiswürdigung im Prozesskostenhilfeverfahren sei unzulässig und eine Beweisprognose nur in sehr engen Grenzen gestattet. In Arzthaftungsfällen komme dies ohnehin nicht in Frage. Es sei unzulässig, ein Gutachten aus einem Schlichtungsverfahren als Urkundenbeweis zu würdigen, zumal er nicht die Beweislast trage. Zudem sei die im Schlichtungsverfahren tätige Gutachterin, Frau Dr. B..., Fachärztin für Allgemeinmedizin und nicht eine spezialisierte Medizinerin, obwohl es sich vorliegend um einen onkologischen Sachverhalt handele.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 10.09.2020 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist nach §§ 127 Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fri...

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