Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam (Rechtspfleger) vom 28.03.2022, Az. 13 O 422/18, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Der in Griechenland ansässige Beklagte ist auf Antrag des Klägers im schriftlichen Vorverfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO durch Versäumnisurteil vom 19. Juli 2019 zur Herausgabe eines gebrauchten Segelboots nebst Zubehör Zug um Zug gegen Zahlung restlichen Kaufpreises innerhalb einer Frist von einem Monat nach Rechtskraft des Urteils verurteilt worden. Zugleich wurde die Feststellung ausgesprochen, dass sich der Beklagte mit der Annahme der Restkaufpreiszahlung in Annahmeverzug befinde und wurde er für den Fall, dass er seiner Herausgabepflicht nicht fristgerecht nachkomme, verurteilt, an den Kläger einen weiteren Geldbetrag zu zahlen. Die amtswegig veranlasste Zustellung des Versäumnisurteils an den Beklagten durch die zuständigen griechischen Behörden konnte nicht bewirkt werden, als Grund dafür ist angegeben "Address unknown" (Adresse unbekannt), "Addressee cannot be located" (Addressat nicht aufzufinden).

Unter dem 8. August 2019 beantragte der Kläger außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.697,02 EUR nebst Gerichtskosten und Zinsen gegen den Beklagten festzusetzen. Diesen Antrag wies der Rechtspfleger des Landgerichts Potsdam mit dem angefochtenen Beschluss vom 28. März 2022 als unzulässig zurück. Zur Begründung führt er aus, es fehle an einem zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titel, weil die Wirksamkeit des im schriftlichen Vorverfahren erlassenen Versäumnisurteils die Zustellung von Amts wegen an den Beklagten voraussetze.

Mit der "Beschwerde" vom 5. April 2022 verfolgt der Kläger die Festsetzung der angemeldeten Kosten weiter und führt dazu aus, in Griechenland könne die Zustellung von Urteilen lediglich im Parteibetrieb, dh durch Gerichtsvollzieher, erfolgen. Eine entsprechende Zustellung sei erfolgt und auch wirksam, weil gemäß Art. 15 VO (EG) 1393/2007 für Mitgliedsstaaten des Europäischen Parlamentes die im Mitgliedstaat geltenden Zustellungsvorschriften zugrunde zu legen seien.

Der Rechtspfleger hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen, sondern "die Beschwerde" mit Beschluss vom 22. August 2022 dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die als sofortige Beschwerde gemäß § 567 ZPO auszulegende Eingabe des Klägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 28. März 2022 ist nach § 11 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567, 569 ZPO zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht eingelegt worden und die notwendige Beschwer ist erreicht.

Sie ist allerdings unbegründet. Zu Recht hat das Landgericht Potsdam - Rechtspfleger - den Antrag auf Erlass des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses zurückgewiesen.

Nach § 103 ZPO kann der Anspruch auf Erstattung der Prozesskosten nur auf Grund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels geltend gemacht werden, der bestimmt, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Ein im schriftlichen Vorverfahren gemäß § 331 Abs. 3 ZPO erlassenes Versäumnisurteil ist allerdings nur dann zur Zwangsvollstreckung geeignet, wenn es beiden Parteien wirksam zugestellt worden ist. Erst dann ist es rechtlich existent wird, denn die Zustellung ersetzt in diesem Fall die Verkündung des Urteils nach § 310 Abs. 1 ZPO und stellt damit den Staatsakt dar, durch den das Urteil aus dem inneren Bereich des Gerichts heraustritt (Zöller-Feskorn, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 310 Rn. 1). Diese Zustellung ist nach § 166 Abs. 2 ZPO zwingend von Amts wegen vorzunehmen. Eine Zustellung im Parteibetrieb genügt insoweit nicht, denn diese findet - wie sich auch aus § 191 ZPO ergibt - nur in den gesetzlich zugelassenen oder vorgeschriebenen Fällen statt (Zöller-Schultzky, a.a.O., § 166 Rn. 7), zu denen die Zustellung eines im schriftlichen Verfahren erlassenen Versäumnisurteils nicht zählt. Mangels amtswegiger Zustellung kann das Versäumnisurteil vom 19. Juli 2019 deshalb nicht Grundlage des beantragten Kostenfestsetzungsbeschlusses sein und war der darauf gerichtete Antrag des Klägers zurückzuweisen.

Entgegen der Ansicht des Klägers rechtfertigt sich eine andere rechtliche Begründung auch nicht aus Art. 20 EuZustVO (VO [EU) 2020/1784] in der ab dem 01.07.2022 geltenden, der bis dahin in Art. 15 EuZustVO (VO [EU] 1393/2007) enthaltenen Regelung korrespondierenden Fassung, soweit dort bestimmt ist, dass jeder an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligte gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Amtspersonen, Beamte oder sonstige zuständige Personen des Empfangsmitgliedstaats zustellen lassen kann, wenn eine solche unmittelbare Zustellung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats zulässig ist. Denn das Vorgehen nach Art. 20 (ehemals Art. 15) EuZustVO setzt - als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - voraus, dass die Zustellung des betreffenden Schriftstücks nach dem Recht des Staates, in dem das Verfahren geführt wird, im Parteibetrieb zu erfolgen hat, ...

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