Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindschaftssache - Beschleunigungsgebot für Umgangssachen innerhalb des Verbundverfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Das Beschleunigungsgebot des § 155 FamFG umfasst, ebenso wie die Regelungen der §§ 155b und 155c FamFG zu seiner verfahrensrechtlichen Sicherung, sämtliche in § 155 Abs. 1 FamFG bezeichneten Kindschaftssachen, insbesondere als Folgesachen im Verbund, in dem sie wegen oft vielfachen und schwierigen Fragen besonders Gefahr laufen, aus dem Blickfeld zu geraten oder stark verzögert bearbeitet zu werden (vgl. vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, FamRZ 2018, 128). Gerade die Verbundregelungen der §§ 137 Abs. 3 HS. 2; 140 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FamFG tragen dem Rechnung (vgl. MüKoFamFG, FamFG vor § 133 Rn. 11).
2. Für die Bewertung der Verfahrensdauer ist eine Gesamtabwägung aller verfahrens- und sachbezogenen Faktoren sowie der subjektiven, personenbezogenen Umstände vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeit des Verfahrens, seine Bedeutung vor allem für die Verfahrensbeteiligten, deren Verhalten im Verfahren sowie die Verfahrensführung und -förderung durch das Gericht. In Verfahren, die das Verhältnis einer Person zu ihrem Kind betreffen, obliegt den Gerichten eine besondere Förderungspflicht, weil die Gefahr besteht, dass allein der fortschreitende Zeitablauf zu einer faktischen Entscheidung der Sache führt; Verfahren, die das Sorge- oder Umgangsrecht betreffen, sind insoweit besonders bedeutsam (vgl. Keuter, FamRZ 2016, 1817, 1821).
3. Zur Einhaltung des Vorrang- und Beschleunigungsgebotes bei einem Umgangsverfahren im Verbund, kann sich eine Verfahrensabtrennung (§ 140 Abs. 2 Nr. 3 FamFG) unabweisbar aufdrängen, wenn eine Entscheidung im Ehescheidungsverbundverfahren in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, FamRZ 2018, 128).
Verfahrensgang
AG Strausberg (Aktenzeichen 2.2 F 137/18) |
Tenor
Es wird festgestellt, dass die bisherige Dauer des Verfahrens betreffend die Regelung des Umgangs zwischen dem eingangs genannten Kind und dem Kindesvater nicht dem Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG entspricht.
Seine außergerichtlichen Kosten trägt jeder Antragsbeteiligte selbst.
Gründe
1. Der beschwerdeführende Antragsgegner erstrebt die Beschleunigung einer Umgangssache, die er mit Schriftsatz vom 17.07.2018 als Folgesache im Verbund anhängig gemacht hat.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 03.01.2019, auf den der Senat wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist, hat das Amtsgericht die Beschleunigungsrüge des Antragsgegners zurückgewiesen. Sein Beschleunigungsbegehren sei unbegründet, da er eine Entscheidung erst für den Fall einer Scheidung erstrebe, wie sich aus seiner Antragstellung im Verbund ergebe, § 137 Abs. 3 FamFG.
2. Die nach § 155c Abs. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschleunigungsbeschwerde, über die der Senat nach Aktenlage entscheidet (§ 155c Abs. 3 S 1 HS. 1 FamFG), hat Erfolg.
Das hier zu prüfende Beschleunigungsgebot umfasst, ebenso wie die Regelungen der §§ 155b und 155c FamFG zu seiner verfahrensrechtlichen Sicherung, sämtliche in § 155 Abs. 1 FamFG bezeichneten Kindschaftssachen, insbesondere als Folgesachen im Verbund, in dem sie wegen oft vielfachen und schwierigen Fragen besonders Gefahr laufen, aus dem Blickfeld zu geraten oder stark verzögert bearbeitet zu werden (vgl. vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 19. Juli 2017 - 9 WF 155/17 -, juris Rn. 1). Gerade die Verbundregelungen der §§ 137 Abs. 3 HS. 2; 140 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 FamFG tragen dem Rechnung (vgl. MüKoFamFG, FamFG vor § 133 Rn. 11).
Die bisherige Verfahrensdauer widerspricht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG (§ 155c Abs. 3 S 3 FamFG).
Für die Bewertung der Verfahrensdauer ist eine Gesamtabwägung aller verfahrens- und sachbezogenen Faktoren sowie der subjektiven, personenbezogenen Umstände vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeit des Verfahrens, seine Bedeutung vor allem für die Verfahrensbeteiligten, deren Verhalten im Verfahren sowie die Verfahrensführung und -förderung durch das Gericht. In Verfahren, die das Verhältnis einer Person zu ihrem Kind betreffen, obliegt den Gerichten eine besondere Förderungspflicht, weil die Gefahr besteht, dass allein der fortschreitende Zeitablauf zu einer faktischen Entscheidung der Sache führt; Verfahren, die das Sorge- oder Umgangsrecht betreffen, sind insoweit besonders bedeutsam (vgl. Keuter, FamRZ 2016, 1817, 1821).
Hier hat das Amtsgericht auf den Umgangsantrag des Kindesvaters vom 17.07.2018 in der Umgangssache keine verfahrensfördernden Schritte unternommen, namentlich weder das Kind (§ 159 Abs. 1 FamFG) noch die Eltern persönlich angehört (§ 160 Abs. 1 S 1 FamFG), auf kein Einvernehmen hingewirkt (§ 156 Abs. 1 FamFG) und sich kein Bild gemacht über die Erforderlichkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistandes (§ 158 FamFG).
Auch in Ansehung einer Verfahrensabtrennung (§ 140 Abs. 2 Nr....