Normenkette
FamFG §§ 137, 155 Abs. 1, §§ 155b, 155c
Tenor
Es wird festgestellt, dass die bisherige Dauer des Verfahrens betreffend die Regelung des Umgangs zwischen dem minderjährigen Kind M... G... und dem Kindesvater nicht dem Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG entspricht.
Im Übrigen wird die Beschleunigungsbeschwerde des Kindesvaters vom 4. Juli 2017 zurückgewiesen.
Von der Erhebung von Verfahrenskosten wird abgesehen; die Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeordnet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Beschleunigungsbeschwerde des Kindesvaters ist gemäß § 155c Abs. 2 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Regelungen der §§ 155b und 155c FamFG beziehen sich auf sämtliche in § 155 Abs. 1 FamFG bezeichneten Kindschaftssachen. Diese bedürfen der Beschleunigung unabhängig davon, ob sie selbständig oder im Rahmen eines Verbundverfahrens zu entscheiden sind. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der genannten Vorschriften, sondern auch aus dem Zweck der Beschleunigungs- und Rügeregelungen. Es gibt keinen Grund, der gegen die Anwendbarkeit auf Teile eines Ehescheidungsverbundverfahrens spricht. Im Gegenteil bedarf es gerade hier des besonderen Augenmerks auf Kindschaftsangelegenheiten, weil wegen der größeren Anzahl und häufig auch Schwierigkeit der im Verbund zu klärenden Fragen eine besondere Gefahr besteht, dass Fragen des Sorge- und Umgangsrechts aus dem Blickfeld geraten und zu stark verzögert bearbeitet werden.
In der Sache hat die Beschwerde nur in Bezug auf die Regelung des Umgangsrechts Erfolg und ist in Bezug auf sorgerechtliche Regelungen unbegründet. Die bisherige Verfahrensdauer des vorliegenden Umgangsrechtsverfahrens widerspricht dem Vorrang- und Beschleunigungsgebot des § 155 Abs. 1 FamFG.
Eine generelle Festlegung, ab wann ein Verfahren nicht beschleunigt durchgeführt wurde, ist (auch nach Auffassung des Gesetzgebers) nicht möglich (BT-Drs. 18/9092, S. 19; vgl. auch Keuter, FamRZ 2016, 1817, 1821). Ein Maßstab für diese Frage ist die Orientierung am Kindeswohl, welches das Beschleunigungsgebot sowohl prägt als auch begrenzt, denn Beschleunigung ist kein Selbstzweck, sondern dient dazu, dass die Entscheidung in der Sache nicht durch bloßen Zeitablauf faktisch präjudiziert wird (BT-Drs. 18/9092, a.a.O.; Keuter, a.a.O.; Keidel/Meyer-Holz, FamFG, 19. Aufl., § 155 c Rz. 8). Diese Gefahr besteht in den in § 155 Abs. 1 FamFG genannten Kindschaftssachen ganz besonders, weil sich während des Verfahrens Bindungs- und Beziehungsverhältnisse - einschließlich eines etwaigen Kontaktabbruchs - verfestigen oder verändern können und eine zu späte gerichtliche Entscheidung sich den geänderten tatsächlichen Bindungen und Beziehungen nur noch beschreibend anpassen, diese aber nicht mehr im Sinne des ursprünglichen Kindeswohls gestalten kann (BT-Drs. 18/9092, a.a.O.; Keuter, a.a.O.). Das Beschwerdegericht hat unter Zugrundelegung dieser Faktoren deshalb darüber zu entscheiden, ob die Dauer des bisherigen Verfahrens den Anforderungen des Vorrang- und Beschleunigungsgebotes entspricht, insbesondere ob das Ausgangsgericht die notwendigen verfahrensfördernden Maßnahmen getroffen hat (BT-Drs. 18/9092, a.a.O.). Dabei ist nicht von dem Maßstab eines idealen Richters auszugehen, sondern es ist anhand des konkreten Einzelfalles ein objektiver Maßstab anzulegen (BT-Drs. 18/9092, a.a.O.; Keidel/Meyer-Holz, a.a.O.). Um individuelle Vorwürfe oder gar Fehlverhalten geht es nicht. Dass ein erkrankter Richter nicht tätig werden kann und die Vertretung eine größere Anzahl von Verfahren nicht ohne weiteres und zügig erledigen kann, ist verständlich und angesichts der Belastung der Gerichte auch nicht möglich. Gleichwohl ist ein objektiver Maßstab anzulegen, da jeder Betroffene, insbesondere die Kinder in wichtigen Belangen einen durchsetzbaren Anspruch auf beschleunigte Behandlung besonders wichtiger Angelegenheiten haben müssen.
Gemessen an diesen Voraussetzungen entspricht der bisherige Ablauf des vorliegenden Verfahrens den Anforderungen des Vorrang- und Beschleunigungsgebotes des § 155 Abs. 1 FamFG im Hinblick auf den Umgang nicht. Das Amtsgericht hat die Anträge der Eltern auf Regelung des Umgangs, die im Januar 2017 gestellt worden sind, als Verbundsachen gemäß § 137 Abs. 3 FamFG behandelt und zunächst beanstandungsfrei einen Verfahrensbeistand bestellt und das Jugendamt beteiligt. Bereits im Termin vom 23. Januar 2017 ist eine Anhörung der Beteiligten zum Sorge- und Umgangsrecht (mit Ausnahme des Kindes) erfolgt. Der Bevollmächtigte des Vaters hat seinen bereits schriftsätzlich gestellten Abtrennungsantrag wiederholt (Bl. 83 GA). Die angekündigte schriftliche Entscheidung ist nicht ergangen. Auf Nachfrage wurde seitens des Gerichts mitgeteilt, der zuständige Richter sei erkrankt. Auf die am 22. Mai 2017 eingegangene Beschleunigungsrüge hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 14. Juni 2017 die Auffassung vertreten, § 155...