Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bestimmtheit und Zumutbarkeit von Therapieweisungen nach § 68 b Abs. 2 StPO in der Führungsaufsicht

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bestimmtheit und Zumutbarkeit von Therapieweisungen nach § 68 b Abs. 2 StPO in der Führungsaufsicht.

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 13.01.2011)

 

Tenor

Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam (Strafvollsteckungskammer) vom 13. Januar 2011 wird verworfen.

Der Verurteilte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und seine notwendigen Auslagen zu tragen.

 

Gründe

I. Der bereits mehrfach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestrafte Beschwerdeführer hat die gegen ihn erkannte Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch eines Schutzbefohlenen aus dem Urteil des Landgerichts Potsdam vom 22. Mai 2006 -22 KLs 18/05-, rechtkräftig seit dem 26. Mai 2006, am 20. Januar 2011 vollständig verbüßt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Potsdam festgestellt, dass die von Gesetzes wegen eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt und deren gesetzliche Dauer nicht abgekürzt. Für die Dauer der Führungsaufsicht hat das Landgericht den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt. Außerdem hat es ihn unter anderem angewiesen, "im ersten Halbjahr einmal wöchentlich und danach monatlich das begonnene Behandlungsprogramm in der Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel fortzusetzen. Zusätzliche Gespräche zur Förderung der Straftataufarbeitung und Sozialtherapie hat er auf Anordnung des Behandlungsteams der Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt wahrzunehmen. Die Nachsorge hat mindestens zwei Jahre zu umfassen."

Gegen diese Weisung wendet sich der Verurteilte mit seiner Beschwerde vom 28. Januar 2011, mit dem Ziel der "Abänderung und Ergänzung" der genannten Weisung. Er beanstandet, dass sich aus dem Beschluss nicht ergebe, ob die Weisung gem. § 68 b Abs.1 StGB oder § 68 b Abs.2 StGB erfolgt sei. Ferner sei ihm die Erfüllung der Weisung nicht zumutbar, weil er auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen sei und mit diesen zweieinhalb Stunden Fahrzeit bis zur Sozialtherapeutischen Abteilung der Justizvollzugsanstalt Brandenburg an der Havel benötige. Auch sei es ihm nicht zuzumuten, das Behandlungsprogramm innerhalb der Gefängnismauern gemeinsam mit Strafgefangenen zu absolvieren. Darüber hinaus sei die Weisung zu unbestimmt und deshalb rechtswidrig, weil nicht ein bestimmter Arzt oder Therapeut bezeichnet werde. Schließlich beanstandet er, dass die Strafvollstreckungskammer keine Regelung hinsichtlich der Kosten der Behandlung getroffen hat. Er lebe von Sozialhilfe und könne die Kosten der Behandlung nicht aufbringen.

II. Die gem. §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1 StPO zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die Beschwerde kann gemäß § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO nur darauf gestützt werden, dass die getroffenen Anordnungen gesetzwidrig sind. Gesetzwidrig ist eine Anordnung oder die Entscheidung über das Absehen von einer Anordnung, wenn die getroffene Anordnung im Gesetz nicht vorgesehen, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist oder sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 15. April 2010 -2 Ws 50/10- m.w.N.; Appl in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., § 453, Rn. 12; Meyer-Goßner, StPO, 53. Aufl., § 453, Rn. 12).

Aus dem Wortlaut der beanstandeten Weisung ergibt sich eindeutig, dass es sich um eine Weisung nach § 68 b Abs. 2 StPO handelt, auch wenn diese Vorschrift nicht ausdrücklich genannt wird.

Die beanstandete Weisung ist weder unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit noch der Zumutbarkeit zu beanstanden und lässt auch keine Ermessensfehler erkennen. Sie ist in Anbetracht der Delinquenzgeschichte des Beschwerdeführers vielmehr geboten, um die notwendige Unterstützung und erforderliche Kontrolle zu gewährleisten.

Aus dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses ergibt sich im Zusammenhang mit dem Protokoll der mündlichen Anhörung vom 13. Januar 2011, dass die Strafvollstreckungskammer ihr Ermessen ausgeübt und aufgrund welcher Tatsachen sie die in dem angefochtenen Beschluss getroffenen Weisungen erlassen hat. Die Weisungen sind mit dem Beschwerdeführer in der mündlichen Anhörung gemeinsam mit Herrn ..., dem Leiter der Sozialtherapeutischen Abteilung, und Frau .... von der Sozialtherapeutischen Abteilung erörtert worden. Noch am selben Tag wurde der angefochtene Beschluss aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Anhörung erlassen, was sich aus dem Inhalt des angefochtenen Beschlusses auch ergibt. In dem angefochtenen Beschluss ist ferner ausgeführt, dass die im Vollzug begonnene Behandlung und Förderung des Beschwerdeführers noch nicht abgeschlossen sei.

Die angefochtene Weisung ist auch nicht...

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