Leitsatz (amtlich)

Zu der Frage, wie der Verfahrenswert zu bestimmen ist, wenn die beteiligten Ehegatten auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs formwirksam verzichtet haben und das Amtsgericht daraufhin, ohne Auskünfte der Versorgungsträger einzuholen, den Versorgungsausgleich ausschließt.

 

Normenkette

FamGKG § 50

 

Verfahrensgang

AG Strausberg (Beschluss vom 22.12.2015; Aktenzeichen 2.1 F 125/15)

 

Tenor

1.1 Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 22. Dezember 2015 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 2. Dezember 2015 wird zurückgewiesen. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Unter dem 22.4.2015 hat die Antragstellerin die Scheidung der am ...2011 geschlossenen Ehe beantragt. Der Scheidungsantrag ist dem Antragsgegner am 9.10.2015 zugestellt worden (Bl. 22). Unter dem 26.10.2015 hat der Antragsgegner beantragt, die Frist zur Vorlage der Fragebögen zum Versorgungsausgleich zu verlängern und dabei darauf hingewiesen, dass die beteiligten Ehegatten im Hinblick auf die relativ kurze Ehezeit darüber verhandelten, ob ein Verzicht auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs vereinbart werden kann (Bl. 25). Unter dem 30.10.2015 hat die Antragstellerin angezeigt, die Beteiligten seien darüber einig, im Termin eine Vereinbarung über den wechselseitigen Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu treffen, weshalb um Terminierung gebeten werde (Bl. 26). Unter dem 10.11.2015 hat auch der Antragsgegner seine Bereitschaft zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs bekundet (Bl. 27).

Im Termin vor dem Amtsgericht vom 2.12.2015 ist ein "Vergleich" dahin protokolliert worden, dass die beteiligten Ehegatten wechselseitig auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs verzichten und die Verzichtserklärung des jeweils anderen Beteiligten annehmen (Bl. 40). Im Anschluss daran hat das Amtsgericht durch Beschluss den Verfahrenswert für die Ehescheidung auf 9.000 EUR und für den Versorgungsausgleich auf 1.000 EUR festgesetzt (Bl. 40). Sodann hat das Amtsgericht einen Beschluss dahin verkündet, dass die Ehe der Beteiligten geschieden wird und ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde.

Unter dem 22.12.2015 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin im eigenen Namen Beschwerde gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes über den Versorgungsausgleich eingelegt. Zur Begründung haben sie angeführt, die Antragstellerin habe im Fragebogen zum Versorgungsausgleich angegeben, zumindest über ein Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung zu verfügen. Da der Antragsgegner in der Ehezeit gearbeitet habe, sei davon auszugehen, dass er auch wenigstens ein Anrecht erworben habe.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Senat entscheidet über die Beschwerde nach Übertragung durch den Einzelrichter gemäß §§ 32 Abs. 2 Satz 1 RVG, 59 Abs. 1 Satz 5, 57 Abs. 5 Satz 2 FamGKG in der nach dem Gerichtsverfassungsgesetz vorgesehenen Besetzung.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

Da die Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin die Beschwerde damit begründen, der Wert sei zu niedrig festgesetzt worden und das Rechtsmittel "im eigenen Namen" eingelegt haben, ist davon auszugehen, dass sie die Beschwerde nur im eigenen Namen, nicht auch in demjenigen des von ihnen vertretenen Beteiligten eingelegt haben (vgl. Senat, JurBüro 1998, 421; FamRZ 2007, 2000; Hartmann, Kostengesetze, 47. Aufl., § 32 RVG Rn. 16), so dass das Beschwerderecht aus § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG folgt. Dabei finden die Vorschriften über das Beschwerdeverfahren nach § 68 GKG bzw. § 59 FamGKG entsprechend Anwendung (vgl. Senat, FamRZ 2007, 2000; Hartmann, a.a.O., § 32 RVG Rn. 19, 22).

Der Beschwerdewert von mehr als 200 EUR gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG ist erreicht. Dies ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer in ihrem Schriftsatz vom 13.1.2017 (Bl. 68), wonach sich - rechnerisch zutreffend - bei Gegenüberstellung der Anwaltskosten auf der Grundlage der Wertfestsetzung des Amtsgerichts und auf der Grundlage der von den Beschwerdeführern erstrebten Anhebung des Wertes eine Differenz des Vergütungsanspruchs von 220,15 EUR errechnet.

2. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Amtsgericht den Verfahrenswert für die Folgesache über den Versorgungsausgleich auf 1.000 EUR festgesetzt.

Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 FamGKG beträgt in Versorgungsausgleichssachen der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten.

§ 50 Abs. 1 Satz 2 FamGKG ordnet an, dass der Wert mindestens 1.000 EUR beträgt. Ist der nach § 50 Abs. 1 FamGKG bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen, § 50 Abs. 3 FamGKG.

Der Senat hat bereits entschieden, dass der Vorschrift des § 50 FamGKG nicht entnommen werden kann, dass es auf die Anzahl der dem Versorgungsausgleich unterliegenden Anrechte für die Wertbemessung dann ...

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