Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterliche Sorge: Gerichtliche Ersetzung der verweigerten Zustimmung der Mutter zur Begutachtung des Kindes
Leitsatz (amtlich)
Die verweigerte Zustimmung der Mutter zu einer psychologischen Begutachtung des Kindes kann gem. § 1666 Abs. 3 BGB zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung ersetzt werden, wenn Umgang zwischen dem Vater und dem Kind nicht stattfindet und geklärt werden muss, ob dies ohne hinreichenden Grund geschieht.
Normenkette
BGB § 1666
Verfahrensgang
AG Fürstenwalde (Aktenzeichen 10 F 130/06) |
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Der Beschwerdewert wird auf 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Das AG hat die Einholung eines Gutachtens eines psychologischen Sachverständigen zur Frage des Umgangs des Vaters mit dem Sohn W. der Beteiligten zu 1. und 2. und des von der Mutter begehrten Ausschlusses des Umgangs beschlossen. Nach Hinweis der Sachverständigen darauf, dass für die ihr übertragene Beurteilung auch eine Glaubhaftigkeitsprüfung der Aussage von W. zum Vorwurf eines sexuellen Übergriffs erforderlich sei, hat das AG die Einholung eines weiteren Gutachtens zu dieser Frage beschlossen und mit der Erstellung dieses Gutachtens einen weiteren psychologischen Sachverständigen betraut. Nachdem die Mutter ihre Zustimmung zur Einholung beider Gutachten versagt hatte, hat das AG nach der Anhörung vom 6.7.2007 durch Beschluss vom 10.8.2007 die Zustimmung der Mutter zur psychologischen Begutachtung des Sohnes W. ersetzt und begleitende Maßnahmen angeordnet.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Mutter mit ihrer Beschwerde. Sie macht im Wesentlichen geltend, dass dem Beschluss des AG nicht entnommen werden könne, dass das Kindeswohl gefährdet sei. Hinzu komme, dass der Vater stets betont habe, er wünsche keinen Umgang gegen den Willen des Sohnes, so dass es keiner umfangreichen Kindeswohlprüfung bedürfe, sondern lediglich der Beantwortung der Frage, ob der geäußerte Wille des Sohnes, keinen Kontakt mit dem Vater haben zu wollen, seinem tatsächlichen Willen entspreche.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist gem. § 19 Abs. 1 FGG zulässig. Zwar handelt es sich bei dem Beschluss vom 10.8.2007 um eine Zwischenentscheidung, durch die die Einholung der angeordneten Sachverständigengutachten ermöglicht werden soll. Dadurch wird aber unmittelbar in die Rechtssphäre der Beteiligten zu 1. eingegriffen, so dass die Zulässigkeit zu bejahen ist (vgl. dazu Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 9). Die Beschwerde ist aber nicht begründet. Das AG hat die verweigerte Zustimmung der Mutter zur Einholung der Sachverständigengutachten zu Recht ersetzt, § 1666 Abs. 3 BGB.
Diese Vorschrift gibt dem Familiengericht die Befugnis, zur Abwehr einer Gefährdung des Kindeswohls notwendige Erklärungen der Eltern zu ersetzen, etwa in ärztliche Heileingriffe oder Untersuchungen einzuwilligen (vgl. Johannsen/Henrich/Büte, Eherecht, 4. Aufl., § 1666 Rz. 69) oder auch der psychologischen Begutachtung des Kindes zuzustimmen (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1210; Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1666 Rz. 53). Die Zustimmung zu einer psychologischen Begutachtung kann zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung auch dann erforderlich sein, wenn, wie hier, Umgang zwischen einem Elternteil und dem Kind nicht stattfindet und geklärt werden muss, ob dies ohne hinreichenden Grund geschieht. Denn zum - körperlichen, geistigen und seelischen - Wohl des Kindes gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen, § 1626 Abs. 3 Satz 1 BGB, also auch mit dem Elternteil, mit dem es nicht zusammen lebt. Deshalb kann das Kindeswohl gefährdet sein, wenn Umgang nicht stattfindet, ohne dass hierfür sachliche Gründe vorliegen (vgl. dazu OLG Karlsruhe, a.a.O., OLG Rostock FamRZ 2006, 1623 ff.; OLG Frankfurt, FF 2000, 176 f.).
Da die sachlichen Gründe, die einem Umgang des Vaters mit dem Sohn W. entgegenstehen könnten, durch die vom AG angeordnete Einholung von Gutachten psychologischer Sachverständiger geklärt werden sollen und die Antragstellerin ihre Zustimmung zur Begutachtung des Sohnes verweigert, ist ihre Zustimmung zu ersetzen.
Die vom AG angeordnete Begutachtung des Sohnes W. ist auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil, wie die Antragstellerin in ihrer Beschwerdeschrift ausführt, der Antragsgegner betont habe, Umgang nicht gegen den Willen des Sohnes ausüben zu wollen. Denn der Antragsgegner hat seinerseits stets klargemacht, dass er grundsätzlich Umgang wünsche und dem etwa entgegenstehende Gründe des Kindeswohls geklärt wissen möchte. Dementsprechend hat er durch Schriftsatz vom 6.7.2007 die vom AG nunmehr im angefochtenen Beschluss getroffenen Maßnahmen beantragt und, wie sich dem Vermerk in der Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 6.7.2007 entnehmen lässt, erklärt, er werde an der vom AG angeordneten Begutachtung mitwirken. Zugleich hat er betont, dass er bis zur Erstellung des Gutachtens gerne Umgang haben würde. Bereits zuvor ...