Leitsatz (amtlich)
Eine Ehe ist gescheitert i.S.v. § 1565 Abs. 1 BGB, wenn bei mehr als 1 Jahr getrennt lebenden Ehegatten nur ein Ehegatte - aus welchen Gründen auch immer - sich endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zerrüttet angesehen wird, weil dann eine Wiederherstellung der Ehe nicht zu erwarten ist.
Verfahrensgang
AG Bad Freienwalde (Oder) (Beschluss vom 19.08.2014; Aktenzeichen 60 F 126/14) |
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des AG Bad Freienwalde (Oder) vom 19.8.2014 - Az. 60 F 126/14 - wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsgegner zu tragen.
III. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14.350 EUR festgesetzt.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die am 25.1.1970 geborene Antragstellerin und der am 12.7.1953 geborene Antragsgegner, beide deutsche Staatsangehörige, haben am 7.12.2011 vor dem Standesamt ... die Ehe geschlossen. Die Ehe blieb kinderlos.
Die Eheleute leben seit dem Auszug der Antragstellerin aus der Ehewohnung am 28.5.2013 getrennt voneinander. Mit dem Antragsgegner am 21.6.2014 zugestelltem Antrag vom 30.5.2014 hat die Antragstellerin die Scheidung begehrt.
Der Antragsgegner ist dem Scheidungsantrag entgegen getreten.
Im Termin vor dem AG am 19.8.2014 hat die Antragstellerin ausdrücklich erklärt, sie sei nicht bereit, die eheliche Lebensgemeinschaft wiederherzustellen. Der Antragsgegner wiederholte seinen Wunsch, nicht geschieden zu werden. Keiner der Beteiligten hat die Durchführung des Versorgungsausgleichs beantragt.
Mit Beschluss vom 19.8.2014 hat das AG die Ehe der Beteiligten geschieden und festgestellt, dass ein Versorgungsausgleich nicht stattfinde. Eine Wiederherstellung der Ehe mehr als ein Jahr nach der Trennung sei mit Blick auf die ablehnende Haltung der Antragstellerin nicht zu erwarten. Ein Versorgungsausgleich für die weniger als drei Jahre währende Ehe finde mangels entsprechenden Antrages eines der Beteiligten nicht statt.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der er weiterhin die Zurückweisung des Scheidungsantrages erstrebt. Mangels Zustimmung des Antragsgegners könne von einer unwiderlegbaren Vermutung des Scheiterns der Ehe nicht ausgegangen werden. Die Antragstellerin habe den von ihr zu führenden Beweis der Zerrüttung der Ehe nicht geführt. In diesem Falle komme eine Scheidung vor Ablauf von drei Trennungsjahren nicht in Betracht. Die Antragstellerin habe sich erst im April 2014 aus der Ehewohnung abgemeldet und dort nahezu sämtliche persönlichen Gegenstände zurückgelassen, so dass der Antragsgegner - mit Recht - noch heute von der Wiederherstellung der Ehe ausgehen dürfe.
Die Antragstellerin verteidigt die angefochtene Entscheidung mit näherer Darlegung. Sie betont, dass sie seit der räumlichen Trennung im Mai 2013 konsequent die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft abgelehnt habe und daran weiter festhalte; auch der Antragsgegner zeige konkrete Perspektiven für die Ehe nicht auf. Die Ehe sei deshalb zu Recht geschieden worden.
Der Senat hat die Beteiligten im Termin am 12.2.2015 persönlich angehört.
II. Die gem. § 58 Abs. 1 FamFG statthafte und form- und fristgerecht gem. §§ 63 Abs. 1, 64 Abs. 1, 117 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 520 Abs. 2 Sätze 2 und 3 ZPO eingelegte und begründete Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig.
In der Sache selbst hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg.
Das AG hat die Ehe der Beteiligten zu Recht geschieden. Auch der Senat ist nach Anhörung der Beteiligten persönlich davon überzeugt, dass mit der Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu rechnen, die Ehe mithin gescheitert und deshalb mehr als ein Jahr nach der Trennung auch gegen den erklärten Wunsch des Antragsgegners zu scheiden ist (§§ 1565 Abs. 1, 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Beteiligten besteht unstreitig seit dem 28.5.2013 nicht mehr. Die Trennung liegt also mehr als ein, aber noch nicht drei Jahre zurück. Das allerdings steht entgegen der vom Antragsgegner vertretenen Auffassung einer auch nicht einvernehmlichen Scheidung nicht entgegen. Zwar wird ein Scheitern der Ehe nur unwiderlegbar vermutet, wenn nach Ablauf eines Trennungsjahres beide Ehegatten der Scheidung zustimmen (§ 1566 Abs. 1 BGB) oder die Trennung drei Jahre zurückliegt (§ 1566 Abs. 2 BGB).
Aber selbstverständlich kann grundsätzlich auch schon nach Ablauf des ersten Trennungsjahres eine Scheidung gegen den Willen des anderen Ehegatten durchgesetzt werden. Das Gericht muss dafür allerdings tatsächlich positiv die Zerrüttung der Ehe feststellen. Im Streitfall ist die Ehe der Beteiligten erkennbar gescheitert. Entscheidend ist, ob die Ehekrise - die mit Blick auf den Auszug der Antragstellerin, deren mehrseitigem persönlichen Abschiedsbrief und das seinerzeitige anwaltliche Schreiben vom 27.5.2013 (Bl. 52 GA) auch der Antragsgegner in seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat nicht ernsthaft bestritt...