Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderung einer in einer Jugendamtsurkunde enthaltenen Unterhaltsverpflichtung

 

Leitsatz (amtlich)

Die in einer Jugendamtsurkunde enthaltene Unterhaltsverpflichtung kann dann nur durch Erhebung der Abänderungsklage nach § 323 ZPO, nicht aber durch Errichtung einer weiteren Jugendamtsurkunde formell wirksam abgeändert werden.

 

Normenkette

ZPO § 323; SGB VIII § 60

 

Verfahrensgang

AG Zehdenick (Beschluss vom 18.02.2005; Aktenzeichen 3 FH 33/04)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird geändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antrag des Antragstellers vom 17.12.2004 auf Festsetzung von Unterhalt im vereinfachten Verfahren wird verworfen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.

3. Der Beschwerdewert beträgt 3.068 EUR.

 

Gründe

I. Der Antragsgegner ist der nichteheliche Vater des am 16.2.1988 geborenen Antragstellers. Mit Urkunde vom 23.8.1988 (Rat des Kreises G., Register-Nr. ...) hat er die Vaterschaft für den Antragsteller anerkannt und sich zugleich zu monatlichen Unterhaltszahlungen i.H.v. zuletzt 120 M/DDR verpflichtet.

Mit Urkunde des Jugendamtes des Landkreises O. vom 8.7.2004 (Register-Nr. ...) verpflichtete sich der Antragsgegner, in Abänderung der vorgenannten Urkunde des Rates des Kreises G in der Zeit vom 1.12.2003 bis 31.8.2004 einen monatlichen Unterhalt i.H.v. 116 % des jeweiligen Regelbetrags der 3. Altersstufe gem. § 2 RegelbetragVO zu zahlen.

Mit Antrag vom 17.12.2004 hat der Antragsteller im vorliegenden Verfahren die Festsetzung eines monatlichen Unterhaltes i.H.v. 236 EUR, beginnend ab 1.9.2004, im vereinfachten Verfahren begehrt und dabei zugleich darauf hingewiesen, dass in der Zeit von September bis November 2004 durch den Antragsgegner monatlich 236 EUR geleistet wurden. Nachdem der Antragsgegner sich hierzu nicht äußerte, hat das AG mit dem angefochtenen Beschl. v. 18.2.2005 den Unterhalt für die Zeit ab 1.12.2004 auf 236 EUR monatlich festgesetzt. Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des Verfahrens aufgrund des Vorhandenseins eines Unterhaltstitels.

II. Die Beschwerde ist gem. § 652 Abs. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch gem. § 652 Abs. 2 ZPO in zulässiger Weise eingelegt. Insbesondere ist der Antragsgegner mit seinem vorgebrachten Einwand nicht gem. § 652 Abs. 2 S. 2 ZPO ausgeschlossen, da er sich gem. §§ 645 Abs. 2, 648 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens wendet und diese Einwendung gem. § 652 Abs. 2 S. 1 ZPO keiner Präklusion unterliegt.

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Die durch den Antragsgegner vorgebrachte Einwendung trifft zu, das Verfahren auf vereinfachte Festsetzung des Unterhaltes ist aufgrund anderweitiger Titulierung des begehrten Unterhaltes gem. § 645 Abs. 2 ZPO unzulässig. Dabei ist es unschädlich, dass der Antragsgegner sich insoweit allein auf den am 8.7.2004 vor dem Jugendamt des Landkreises O. errichteten Titel (Jugendamtsurkunde) als Zulässigkeitseinwendung beruft, da dieser Grund nicht bindend für das Beschwerdegericht ist, vielmehr die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens zumindest hinsichtlich der Einwendung einer anderweitigen Titulierung in jeglicher rechtlicher Hinsicht zu überprüfen ist.

1. Ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Schuldtitel liegt hier in Form der am 23.8.1988 errichteten Urkunde des Rates des Kreises G. vor. Derartige vor dem Organ der Jugendhilfe errichtete vollstreckbare Urkunden gelten als Vollstreckungstitel i.S.d. § 60 SGB VIII, sind also auch über die Wiedervereinigung hinaus vollstreckungsfähige Titel (vgl. nur Maurer, Kindesunterhalt im Beitrittsgebiet, FamRZ 1994, 337 [344]). Diese Urkunde gilt auch weiterhin fort. Inhaltlich enthält sie keine Einschränkung in ihrer Geltungsdauer, insb. fehlt eine konkrete Befristung.

Für eine anderweitige (höhere) Festsetzung von Unterhalt bleibt dem Antragsteller daher allein das Verfahren einer Abänderungsklage gem. § 323 ZPO. Die nach DDR-Recht erstellte Unterhaltsurkunde zählt zu den in § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO aufgeführten Urkunden, weshalb sie zugleich der Regelung des § 323 Abs. 4 ZPO unterfällt (vgl. nur Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl. 2005, § 323 Rz. 47). Die Klage auf Abänderung einer Jugendamtsurkunde richtet sich dann nach § 323 ZPO (BGH FamRZ 2003, 305). Das allein auf die erstmalige Festsetzung von Unterhalt gerichtete vereinfachte Verfahren der §§ 645 ff. ZPO scheidet damit aus.

2. Die Urkunde des Rates des Kreises G. - Organ der Jugendhilfe - ist auch nicht durch die am 8.6.2004 vor dem Jugendamt des Landkreises O. errichtete Jugendamtsurkunde ersetzt worden.

a) Gegen eine im Sinne einer vollständigen Ersetzung vorgenommene Abänderung der Urkunde des Rates des Kreises G. durch die am 8.6.2004 errichtete Jugendamtsurkunde für die Zeit nach August 2004 spricht bereits ihr Inhalt. Diese hat eine Änderung ausdrücklich allein für die Zeit von Dezember 2003 bis einschließlich August 2004 ausgesprochen. Aufgrund dieser begrenzten zeitlichen ...

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