Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgangsregelung: Abänderung wegen Umzugs des Kindesvaters nach Österreich; Voraussetzungen für eine Umgangsbegleitung
Leitsatz (amtlich)
1. Haben sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert oder hat sich eine bestehende Regelung nicht bewährt, kann eine Umgangsregelung abgeändert werden. Die Anordnung einer Umgangsregelung muss jedoch unterbleiben, wenn der Antragsteller (Kindesvater) einen dem Kindeswohl entsprechenden begleiteten Umgang in der dem Kind vertrauten Umgebung nicht wahrnehmen will.(Rz. 22)
2. Weiß ein achtjähriges Kind, dass es einen Vater in Österreich hat, kennt es ihn aber nicht, ist zur Überwindung der Fremdheit eine Umgangsbegleitung zumindest dann erforderlich, wenn es sich bei dem Kind um ein hoch sensibles, zurückhaltendes und ängstliches Kind handelt.(Rz. 25)
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 4, § 1696
Verfahrensgang
AG Bad Freienwalde (Beschluss vom 31.05.2007; Aktenzeichen 60 F 118/07) |
Tenor
Die Senatsbeschlüsse vom 4.10.2004 (10 UF 128/04) und 27.10./19.12.2005 (10 UF 110/05) werden aufgehoben.
Unter Zurückweisung des Antrags des Antragstellers auf Abänderung der zuvor genannten Senatsbeschlüsse und anderweitige Regelung des Umgangs mit dem Kind T. S. findet eine Umgangsregelung nicht statt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 3.000 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller ist der Vater des am ... 2.2001 geborenen T. S., der die 2. Klasse der Grundschule besucht und im Haushalt seiner Mutter lebt. Diese ist seit Juli 2008 verheiratet. Aus der Ehe ist ein weiteres Kind hervorgegangen.
Der Antragsteller, derzeit arbeitslos, ist ebenfalls verheiratet. Seine Frau hat drei Söhne mit in die Ehe gebracht. Nachdem es noch vor der Geburt von T. zur Trennung von der Mutter gekommen war, lebte der Antragsteller zunächst in D. und ist im Jahr 2007 nach W ... gezogen.
Nachdem verschiedene Verfahren zur Regelung des Umgangs stattgefunden haben, hat der Senat diesen schließlich durch die Beschlüsse vom 4.10.2004 und 27.10./19.12.2005 geregelt. Danach sollte der Vater zunächst alle zwei Wochen drei Stunden lang Umgang haben, und zwar begleitet durch einen Mitarbeiter des Jugendamts am Wohnsitz des Kindes, danach sollte der Umgang schrittweise zeitlich ausgedehnt werden und ohne Begleitung stattfinden. Diese Umgangsregelung ist nicht umgesetzt worden, ein regelmäßiger begleiteter Umgang hat nicht stattgefunden.
Im Mai 2007 hat der Antragsteller das vorliegende Verfahren eingeleitet und vorgetragen:
Das Jugendamt habe die Umgangsregelung nicht umgesetzt. Jetzt wohne er in W. und wünsche, dass T. zu ihm komme. Das Kind könne allein zu ihm reisen, die Fluggesellschaften stellten eine Flugbegleitung für Kinder ab fünf Jahren zur Verfügung.
Diesen Antrag hat das AG durch Beschluss vom 31.5.2007 zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antragsteller die dem Kind zugedachten Flugreisen selbst auf sich nehmen könne.
Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde und wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen. Er trägt weiter vor:
T. könne zur Wahrnehmung des Umgangs mit ihm nach W. kommen. Er, der Vater, wolle den Umgang dort haben. Mit einem Jugendamtsmitarbeiter werde er keinen Umgang durchführen. Eine Umgangsbegleitung lehne er ab. Im Übrigen begehre er die Übertragung der elterlichen Sorge für T. auf sich. T. sei in seiner Familie besser aufgehoben als bei der Mutter.
Der Antragsteller beantragt, den angefochtenen Beschluss abzuändern und in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 4.10.2004 den Umgang mit T. so zu regeln, dass dieser unbegleitet in W. stattfindet.
Die Antragsgegnerin beantragt Zurückweisung der Beschwerde.
Sie weist darauf hin, dass der Umgang in der Vergangenheit im Wesentlichen deshalb nicht stattgefunden habe, weil der Antragsteller nicht erschienen sei. Dieser sei an einem Umgang auch nicht mehr interessiert und begehre nur noch die Übertragung der elterlichen Sorge für T.
Wegen des Weiteren Vorbringens der Beteiligten zu 1. und 2. wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Der Senat hat durch Beschluss vom 27.8.2007 die Dipl.-Sozialpädagogin Sch. zur Verfahrenspflegerin ernannt und am 23.10.2007 einen Anhörungstermin durchgeführt, zu dem der Antragsteller nicht erschienen ist. Auf den Berichterstattervermerk zu diesem Termin wird Bezug genommen.
Durch Beweisbeschluss vom 29.1./29.4.2008 hat der Senat die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Frage der Erforderlichkeit einer Umgangsbegleitung angeordnet, für den Fall, dass unbegleiteter Umgang in Betracht komme, sollte der Sachverständige zur Frage des Umgangsorts und -zeitraums sowie einer Flugreise des Kindes nach W. Stellung nehmen. Zum Sachverständigen ist der Dipl.-Psych. D. bestellt worden. Der Senat hat ferner durch Beschluss vom 19.3.2009 über die Frage der Verfahrensfähigkeit des Antragstellers das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. L., Facharzt für Psychiatrie und Neurologie...