Entscheidungsstichwort (Thema)
Dauer der beruflichen Neuorientierung nach Verlust des Arbeitsplatzes
Normenkette
BGB §§ 242, 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, §§ 1361, 1577 Abs. 2 S. 2, § 1579
Verfahrensgang
AG Neuruppin (Beschluss vom 02.10.2013; Aktenzeichen 55 F 57/13) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Neuruppin vom 2.10.2013 - 55 F 57/13 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin Trennungsunterhalt zahlbar monatlich im Voraus bis spätestens zum 3. eines jeden Monats wie folgt zu zahlen:
- für Oktober und November 2012 jeweils 702,35 EUR, davon 127,35 EUR als Altersvorsorgeunterhalt,
- für Dezember 2012 einen Betrag von 1.453,66 EUR, davon 278,66 EUR als Altersvorsorgeunterhalt,
- für Januar 2013 bis einschließlich August 2013 jeweils 1.702,32 EUR, davon 325,32 EUR als Altersvorsorgeunterhalt,
- für September 2013 einen Betrag von 1.704,79 EUR, davon 325,79 EUR als Altersvorsorgeunterhalt und
- für die Monate Oktober bis Dezember 2013 jeweils 697,80 EUR, davon 122,80 EUR als Altersvorsorgeunterhalt,
abzgl. der aufgrund der einstweiligen Anordnung des AG Neuruppin vom 18.10.2012 - 55 F 93/12 - geleisteten Zahlungen i.H.v. jeweils 2.000 EUR monatlich für die vorstehend genannten Monate.
Der weiter gehende Antrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin wird verpflichtet, an den Antragsgegner 5.523,11 EUR zu zahlen.
Die weiter gehende Beschwerde des Antragsgegners wird einschließlich seines weiter gehenden Zahlungsantrages zurückgewiesen.
II. Die Anschlussbeschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Verfahrens der ersten Instanz haben die Antragstellerin 52 % und der Antragsgegner 48 % zu tragen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben die Antragstellerin 41 % und der Antragsgegner 59 % zu tragen.
Der Beschluss ist in Ansehung des tenorierten Trennungsunterhalts sofort wirksam.
Wert des Beschwerdeverfahrens: bis 65.000 EUR
Wert des Verfahrens I. Instanz: bis 40.000 EUR
Gründe
I. Die Antragstellerin verlangt vom Antragsgegner, ihrem Ehemann, von dem sie getrennt lebt, Trennungsunterhalt, den dieser aufgrund einer einstweiligen Anordnung i.H.v. 2.000 EUR monatlich zahlt und in dieser Höhe für die Monate Oktober 2012 bis August 2013 zurückverlangt.
Ihren Bedarf errechnet die Antragstellerin auf der Grundlage eines Einkommens, das beide Ehegatten als Zahnärzte und Gesellschafter einer zweiköpfigen Zahnärztepraxis-GbR erwirtschaftet hatten, konkret und zeitlich gestaffelt in wechselnder Höhe.
Der Antragsgegner zog am 1.10.2009 aus der vormals gemeinsamen Ehewohnung aus. Jeder Ehegatte erhielt fortan aus den Erträgen der weiter gemeinsam betriebenen Praxis 2.000 EUR monatlich für seinen persönlichen Lebensbedarf. Mit Vereinbarung vom 16.4.2012 (23) wurde die Antragstellerin von ihren Praxispflichten entbunden und die Zahlungsabrede befristet bis zur Auflösung der Sozietät. Der Antragsgegner kündigte den Sozietätsvertrag mit Schreiben vom 25.4.2012 (24). Die Antragstellerin war vom 27.4.2012 bis zum 11.9.2012 arbeitsunfähig krank, lehnte in der Folgezeit ein Angebot des Antragsgegners vom 25.1.2013 auf eine Praxisgemeinschaft in den ehemals gemeinsam genutzten Praxisräumen ab und ist ab dem 29.7.2013 in Übernahme einer Schwangerschaftsvertretung als Honorarkraft in einer Zahnarztpraxis tätig.
Eine weiter gehende Erwerbsobliegenheit hat die Antragstellerin für nicht gegeben erachtet.
Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin einen monatlichen Trennungsunterhalt wie folgt zu zahlen - zahlbar monatlich im Voraus bis spätestens 3. eines jeden Monats:
- ab Oktober 2012 bis einschließlich Dezember 2012 i.H.v. monatlich 2.552,23 EUR,
- und ab Januar 2013 monatlich 3.636,68 EUR (davon 1.064 EUR als Altersvorsorge)
- August 2013 2.449,60 EUR
- ab Oktober 2013 monatlich 1.692,76 EUR.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag abzuweisen.
Er hat sich gegen einzelne Bedarfspositionen der Antragstellerin gewendet, gegen ihre Bedürftigkeit und zudem ihren Unterhaltsanspruch wegen behaupteter Entnahme von Praxisgeldern für verwirkt erachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes verweist der Senat auf den angefochtenen Beschluss, mit dem das AG dem Zahlungsbegehren der Antragstellerin überwiegend stattgegeben hat.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein erstinstanzliches Antragsabweisungsbegehren uneingeschränkt weiter: Er macht geltend, das AG habe den Trennungszeitpunkt verkannt, die Erwerbsobliegenheit der Antragstellerin zu spät beginnen lassen und deren Umfang zu niedrig angesetzt, in ihren Bedarf fälschlich Mietkosten einbezogen, die Möglichkeit des Bezuges einer - abschlagsbelasteten - Altersversorgung aus der berufsständischen Versorgung unerörtert gelassen, ebenso wie seinen Verwirkungseinwand; überdies habe das AG einzelne Bedarfspositionen rechnerisch unzutreffend behandel...