Verfahrensgang

LG Frankfurt (Oder) (Entscheidung vom 31.03.2003; Aktenzeichen 41 BRH 30/01)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss der Kammer für Rehabilitierungsverfahren des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 31. März 2003 aufgehoben.

Die Wiederaufnahme des Rehabilitierungsverfahrens wird angeordnet.

Die Sache wird an das Landgericht Frankfurt (Oder) zur Entscheidung über den Rehabilitierungsantrag zurückverwiesen.

Die notwendigen Auslagen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren trägt die Staatskasse.

 

Gründe

I.

Der Betroffene beantragte im Jahre 1995 seine Rehabilitierung. Er trug im Wesentlichen vor, er sei in der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik in S... bei Pflegeeltern aufgewachsen. Seine Mutter sei verstorben; durch den Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes habe er erfahren, dass sein Vater in Österreich wohnhaft gewesen sei. 1964 habe er durch die österreichische Mission einen österreichischen Reisepass erhalten. Am 28. Juni 1965 sei er illegal aus der DDR ausgereist. Dabei habe er aber nicht - wie er im damaligen Notaufnahmeverfahren angegeben hatte - den vorerwähnten österreichischen Reisepass verwandt, sondern einen gefälschten polnischen Reisepass mit einem Visum für die Bundesrepublik Deutschland. Im Notaufnahmeverfahren habe er anders lautende Angaben gemacht, um seine Verwandten in Polen, die ihm den polnischen Reisepass verschafft hätten, nicht zu gefährden. Seinen österreichischen Reisepass habe er nach der Ausreise aus der DDR vernichtet. Im Jahre 1966 habe er von Minden zu seinen Verwandten nach Polen fahren wollen. Zuvor habe er vom Rat des Kreises S... ein Schreiben bekommen, wonach er jederzeit in die DDR einreisen und auch durchreisen könne. Nachdem er mit dem Zug über Hannover nach Berlin (West) und von dort mit der S-Bahn zum Ostbahnhof gefahren sei, sei er von Zivilpersonen aus dem Zug geholt worden, nachdem er seinen österreichischen Reisepass vorgezeigt habe. Er habe die Auflage erhalten, nach S... zurückzukehren. Weisungsgemäß sei er nach S... gefahren, wo er sich auf der Polizeidienststelle gemeldet habe. Er sei bei seinen Pflegeeltern geblieben, bei denen er nach 2-3 Tagen von Polizisten festgenommen worden sei. Er sei mit einem Polizeiwagen direkt nach F... gebracht worden ,wo er in einem außerhalb des Ortes befindlichen ehemaligen Schloss untergebracht worden sei. Seinen Pflegeeltern sei erklärt worden, dass seine Festnahme zur Klärung seiner Staatsangehörigkeit erfolgt sei, da er noch als DDR-Bürger gegolten habe. Bei dem fraglichen Schloss habe es sich um ein Gebäude auf einem allseits umzäunten und bewachten Gelände gehandelt, das man nicht habe verlassen dürfen. Innerhalb des Schlosses habe er sich frei bewegen können. Er sei mit anderen in einem Mehrbettzimmer untergebracht gewesen. Im Keller hätten sich Verwahrzellen mit Leuten befunden, die man nie zu Gesicht bekommen habe. Anfangs sei er jede Nacht zum Verhör in einen Seitentrakt geführt worden, wo er stundenlang bis zur Erschöpfung verhört worden sei. Man habe alles über seine Flucht im Jahre 1964 und seinen Aufenthalt in Gießen wissen wollen. Schließlich sei ihm eröffnet worden, dass er DDR-Bürger sei und kein Österreicher und dass man ihn wegen Republikflucht und Propaganda anklagen werde. Er sei dann nach F... zum Gericht gebracht und nach kurzer Verhandlung wegen Republikflucht zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden. Dann sei er in das Schloss zurückgebracht und weiter verhört worden. Plötzlich habe er seine Sachen packen müssen und sei mit dem Auto zu einem Bahnhof an der Grenze gebracht und in den Zug nach Hannover gesetzt worden. Vorher habe er die Weisung erhalten, die DDR nicht mehr zu betreten; andernfalls werde die verhängte Strafe vollstreckt. Sein Aufenthalt im Schloss habe von Juli bis September 1966 drei Monate gedauert; nähere Angaben könne er nicht mehr machen.

Mit Beschluss vom 26. Oktober 1998 verwarf die Kammer für Rehabilitierungsverfahren des Landgerichts Frankfurt (Oder) - ... - den Rehabilitierungsantrag des Betroffenen, weil dessen Angaben nicht glaubhaft seien. Die von Amts wegen angestellten Ermittlungen hatten ergeben, dass bei keiner amtlichen Stelle Unterlagen zu der vom Betroffenen behaupteten Inhaftierung und Verurteilung vorhanden waren. Zudem meinte die Rehabilitierungskammer, in den Angaben des Betroffenen Widersprüche entdecken zu können.

Mit Beschluss vom 24. Februar 2000 - 2 Ws (Reha) 8/00 - verwarf der Senat die dagegen eingelegte Beschwerde des Betroffenen als unbegründet.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2001 verlangte der Betroffene erneut "Schadensersatz für (s)eine Verhaftung". Diesem Schreiben legte er die Ablichtung eines Ermittlungsberichts der Kreisdienststelle S... des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR vom 17. Dezember 1965 bei, wonach der Betroffene am 29. Juni 1965 illegal mit einem gefälschten Pass von der Volksrepublik Polen die DDR verlassen haben soll. Das Schreiben des Betroffenen wurde von der Rehabilitie...

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