Verfahrensgang
AG Nauen (Aktenzeichen 21 F 50/19) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners wird der Verfahrenswertfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengerichts - Nauen vom 18.09.2020 in der Fassung vom 13.10.2020 abgeändert. Der Verfahrenswert für das Scheidungsverbundverfahren in I. Instanz wird auf 22.100,33 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht den Wert für das Scheidungsverbundverfahren der Beteiligten zunächst auf 15.100 EUR für die Ehesache und auf 8.880 EUR für die Folgesache Versorgungsausgleich festgesetzt. Dabei ist es von einem Nettoeinkommen der Ehegatten von 1.400 EUR und 2.300 EUR ausgegangen.
Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragsgegners, mit der diese eine zu geringe Bewertung des Verfahrens rügt und eine Festsetzung von insgesamt 25.791,15 EUR begehrt.
Das Familiengericht habe bei der Berechnung des Wertes der Ehesache zu Unrecht nur die Einkommensverhältnisse der Beteiligten, nicht jedoch auch deren Vermögen berücksichtigt. Aus einer von der Antragstellerin vorgelegten Auskunft über ihr Endvermögen zum Zeitpunkt der Trennung ergebe sich ein Vermögen der Antragstellerin in Höhe von 216.223,82 EUR. Der Antragsgegner habe ein negatives Vermögen von 3.817,17 EUR. Daraufhin hat das Amtsgericht der Beschwerde teilweise abgeholfen, den Wert für das Vermögen auf 1.811,15 EUR und für die Ehesache auf 11.411,15 EUR (1.400 EUR + 2.300 EUR ./. 500 EUR (Freibetrag für 2 Kinder) × 3 = 9.600 EUR + 1.811,15 EUR = 11.411,15 EUR) festgesetzt und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
II. Die gem. § 32 Abs. 2 RVG i.V.m. § 59 FamGKG zulässige Beschwerde gegen die Wertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
Für die Wertberechnung des Scheidungsverbundverfahrens gelten gem. § 44 Abs. 1 FamGKG alle in den Verbund einbezogenen Familiensachen (§ 137 FamFG) als ein Verfahren. Der Verfahrenswert ist dabei gem. § 44 Abs. 2 FamGKG in der Weise zu ermitteln, dass zunächst die Einzelwerte aller in den Verbund einbezogenen Verfahren zu ermitteln und danach zu addieren sind.
a) Gem. § 43 Abs. 1 FamGKG bestimmt sich der Verfahrenswert für die Ehesache unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen des Gerichts. Die Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall soll die Festsetzung angemessener Gebühren nach sozialen Gesichtspunkten ermöglichen (BVerfG, NJW 1989, 1985). Nach dem Wortlaut der Vorschrift sind die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten sowie der Umfang und die Bedeutung der Sache als Bewertungskriterien gleichrangig in die Gesamtabwägung einzubeziehen.
aa) Während für die übrigen Bemessungsfaktoren keine gesetzliche Berechnungsvorschrift existiert, gibt § 43 Abs. 2FamGKG eine konkrete Berechnungsweise für den Einkommensbetrag vor, der in die Wertberechnung einzubeziehen ist, nämlich das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen beider Ehegatten. Diesen Betrag hat das Familiengericht auf der Grundlage der übereinstimmenden Angaben der Beteiligten in nicht zu beanstandender Weise zuletzt mit 9.600 EUR ermittelt.
bb) Dem Grunde nach ebenfalls zutreffend, der Höhe nach aber zu niedrig hat das Amtsgericht im Abhilfeverfahren nachträglich das Vermögen der Ehegatten mit in die Verfahrenswertberechnung einbezogen.
Es widerspräche Wortlaut, Sinn und Zweck der Wertvorschrift des § 43 FamGKG nur einzelne Aspekte der wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, wie das Einkommen, in die Wertermittlung einfließen zu lassen, während andere, wie das Vermögen, generell unberücksichtigt zu lassen. Bei einer solchen Vorgehensweise würde dem sozialen Aspekt, der der Gebührenbemessung in Ehesachen zugrunde liegt nicht hinreichend Rechnung getragen (vgl. Brandenburgisches OLG, Beschluss vom 23.06.2014 - 15 WF 11/17 - juris).
Hinsichtlich der Frage, in welcher Weise die Vermögensverhältnisse der Beteiligten nach billigem Ermessen bei der Wertermittlung zu berücksichtigen sind, ist die Rechtsprechung uneinheitlich (vergleiche Überblick in: Brandenburgisches OLG, a. a. O.).
Das Beschwerdegericht schließt sich der Auffassung an, nach der der Betrag des beiderseitigen Vermögens der Ehegatten nur in der Höhe berücksichtigt wird, in der es einen Freibetrag von 60.000 EUR pro Ehegatte übersteigt (vgl. Brandenburgisches OLG, a. a. O., m. w. N.). Für die bei Verfahrensbeginn minderjährigen Kinder der Beteiligten sind dem Freibetrag von insgesamt 120.000 EUR weitere Freibeträge von je 10.000,- EUR hinzuzusetzen. Nach Abzug des Gesamtbetrages von 140.000 EUR verbleibt beim insoweit unstreitigen Vermögen ...