Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden der Beschluss des Amtsgerichts Strausberg vom 29.10.2021 - 28 F 284/21 - und das Verfahren, auf dem er beruht, aufgehoben. Die Sache wird an das Amtsgericht Strausberg zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Im übrigen obliegt dem Familiengericht die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 EUR festgesetzt.
Dem Antragsteller wird zur Rechtsverteidigung im Beschwerderechtszug Verfahrenskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlungen bewilligt und Rechtsanwältin N... N... in B...-M... als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.
Der Antragsgegnerin wird zur Rechtsverfolgung im Beschwerderechtszug Verfahrenskostenhilfe mit Anordnung von Raten in Höhe von monatlich 67,- EUR bewilligt und die B... K... Partnerschaftsgesellschaft in R... als Verfahrensbevollmächtigte beigeordnet.
Gründe
I. Die Antragsgegnerin beanstandet die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Eltern gemeinsam.
Die Antragsbeteiligten sind die nicht miteinander verheirateten, seit Oktober 2019 getrennt lebenden Eltern des betroffenen Mädchens M..., die seit der Trennung im Haushalt der Mutter lebt. Die Mutter hat die elterliche Sorge für M... seit deren Geburt allein wahrgenommen und sich vorgerichtlich zur Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung nicht bereit erklärt.
Mit verfahrenseinleitendem Antrag vom 04.10.2021 (Bl. 1) hat der Antragsteller die Übertragung der elterlichen Sorge für M... auf beide Eltern gemeinsam beantragt. Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit Verfügung vom 05.10.2021 (Bl. 8) schriftlich angehört. Nachdem bis zum Ablauf der gesetzten Stellungnahmefrist eine Entgegnung der Antragsgegnerin nicht zur Akte gelangt war, hat das Amtsgericht durch die angefochtene Entscheidung vom 29.10.2021 (Bl. 14) die elterliche Sorge für M... den Eltern gemeinsam übertragen. Das Amtsgericht hat seine Entscheidung auf §§ 1626 Abs. 2, 1 BGB gestützt und von einer persönlichen Anhörung der Antragsbeteiligten und des Kindes, einer Anhörung des Jugendamts und Bestellung eines Verfahrensbeistands unter Hinweis auf § 155 a Abs. 3 FamFG abgesehen.
Mit ihrer Beschwerde vom 03.11.2021 (Bl. 25) beantragt die Antragsgegnerin Aufhebung des Beschlusses vom 29.10.2021 und Zurückverweisung des Verfahrens an das Amtsgericht Strausberg. Sie weist darauf hin, ihre Einwendungen mit Schriftsatz vom 12.10.2021 (Bl. 29) rechtzeitig vorgebracht zu haben. Mangels eines Mindestmaßes an Übereinstimmung zwischen ihr und dem Antragsteller in wesentlichen Angelegenheiten der elterlichen Sorge für M... widerspreche die angefochtene Entscheidung dem Wohl des Kindes.
Der Antragsteller beantragt ebenfalls Aufhebung und Zurückverweisung der angefochtenen Entscheidung und des Verfahrens (Bl. 46).
Der Senat entscheidet, wie angekündigt, über die Beschwerde ohne Durchführung eines Termins, § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG. Eine Anhörung ist entbehrlich, wenn der angefochtene Beschluss in jedem Fall aufzuheben und das Verfahren gemäß § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG zurückzuverweisen ist (Senat, BeckRS 2020, 685; BeckOK FamFG/Obermann, 40. Ed. 1.10.2021, FamFG § 68 Rn. 40).
II. Die gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Das Verfahren des Amtsgerichts leidet an einem wesentlichen Mangel, zu dessen Behebung ein erheblicher Aufklärungsaufwand zu betreiben ist (§ 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG).
Das Amtsgericht hat verfahrensfehlerhaft gegen seine Pflicht verstoßen, das minderjährige Kind M... anzuhören, § 159 Abs. 2 FamFG. Ob die Entscheidung des Amtsgerichts in zulässiger Weise im Wege des sogenannten "vereinfachten schriftlichen Verfahrens" gemäß §§ 1626 Abs. 2 Satz 2 BGB, 155 a FamFG ergangen ist, weil die Antragsgegnerin ihre Einwendungen nicht rechtzeitig zur Akte gereicht hat, kann deshalb im Ergebnis dahin gestellt bleiben. Die persönliche Anhörung des betroffenen Kindes ist auch in den Fällen des §§ 1626 a Abs. 2 Satz 2 BGB, 155 a Abs. 3 Satz 1 FamFG nicht entbehrlich (Senat, Beschluss vom 17.02.2021, 13 UF 176/20, juris; BeckOK FamFG/Schlünder, 40. Ed. 1.10.2021 FamFG § 155a Rn. 22). Da M... zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung 4,8 Jahre alt war, war auch davon auszugehen, dass eine persönliche Anhörung hinreichend Aufschluss über die Neigungen, Bindungen und den Willen des Mädchens zu vermitteln vermocht hätte.
Darüber hinaus trägt die Antragsgegnerin mit ihrer Beschwerde Gründe vor, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Wege des vereinfachten Verfahrens nach §§ 1626 a Abs. 2 Satz 2 BGB, 155 a Abs. 3 FamFG entgegen stehen können. Eine Fortsetzung des vereinfachten schriftlichen Verfahrens im Beschwerderechtszug kommt mithin nicht in Betracht (vgl. MüKoFamFG/Schumann, 3. Aufl. 2018, FamFG § 155 a Rn. 34). Vielmehr ist eine umfangreiche Ermittlung notwendig, nämlich die persö...