Leitsatz (amtlich)
Für ein Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG kann regelmäßig keine Verfahrenskostenhilfe gesondert bewilligt werden.
Verfahrensgang
AG Bad Liebenwerda (Aktenzeichen 22 F 189/16) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 ZPO statthaft und zulässig. Insbesondere ist insoweit auch die Verweigerung der Beiordnung eines Verfahrensbevollmächtigten mit der Beschwerde durch den betroffenen Beteiligten anfechtbar.
Die Beschwerde ist aber unbegründet und daher zurückzuweisen. Die Voraussetzungen für eine Beiordnung gemäß § 78 Abs. 2 FamFG liegen nicht vor.
1. Dies folgt bereits daraus, dass für ein Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 FamFG - was das Amtsgericht nicht erörtert hat - regelmäßig keine Verfahrenskostenhilfe gesondert bewilligt werden kann. Bei kinderschutzrechtlichen Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 2 und 3 FamFG handelt es sich um nicht förmliche informelle Verfahren eigener Art. Das Überprüfungsverfahren ist dabei auch in kostenrechtlicher Hinsicht streng von der Durchführung des danach ggf. einzuleitenden Abänderungsverfahrens nach § 166 Abs. 1 FamFG zu unterscheiden. Während das Abänderungsverfahren selbst in Ansehung der Gerichtskosten nach §§ 31 Abs. 2 S. 1 FamGKG und der Rechtsanwaltsgebühren kostenrechtlich besondere Verfahren bzw. gesonderte Angelegenheiten sind, ist dies in den Überprüfungsverfahren gemäß § 166 Abs. 2 und 3 FamFG nach § 31 Abs. 2 S. 2 FamGKG ausdrücklich nicht der Fall, so dass grundsätzlich neue Gebühren hier nicht entstehen und eine bereits im Ursprungsverfahren erfolgte Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe fortwirkt. Gemäß § 15 Abs. 2 RVG bildet das Überprüfungsverfahren auch in Bezug auf die Rechtsanwaltsgebühren keine gesonderte Angelegenheit, soweit nicht die Frist von § 15 Abs. 5 S. 2 RVG überschritten ist. Da damit im Überprüfungsverfahren nach § 166 Abs. 3 FamFG weder Gerichts- noch Anwaltskosten anfallen, kommt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe schon aus diesem Grund nicht in Betracht (vgl. zum Ganzen OLG Frankfurt FamRZ 2016, 926 m.w.N.).
2. Soweit danach allenfalls in seltenen Ausnahmefällen die Bewilligung von Verfahrenkostenhilfe überhaupt in Betracht käme (vgl. OLG Frankfurt FamRZ 2016, 926 und zu einem solchen Fall OLG Naumburg FuR 2012, 206), liegt ein solcher Ausnahmetatbestand jedenfalls bezogen auf die anwaltliche Beiordnung nicht vor. Ist wie hier eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht vorgeschrieben, wird dem Beteiligten auf seinen Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, § 78 Abs. 2 FamFG. Ausreichend ist, dass entweder die Sachlage oder die Rechtslage so kompliziert sind, dass auch ein Bemittelter Anlass sehen würde, einen Rechtsanwalt zu beauftragen (BGH FamRZ 2012, 1290). Abzuwägen ist darüber hinaus, ob angesichts der Sach-/Rechtslage die Interessen des Beteiligten in hinreichendem Maße durch die Amtsermittlung und die Möglichkeit der Bestellung eines Verfahrensbeistands gewahrt sind (vgl. MünchKommZPO/Viehfues, § 78 Rz. 4).
Zwar ist nicht zu verkennen, dass auch das Überprüfungsverfahren einen erheblichen Eingriff in die elterlichen Rechte betrifft. Andererseits handelt es sich hier im Wesentlichen allein um die Feststellung, inwieweit die Grundlagen des bereits erfolgten sorgerechtlichen Entzuges noch weiter fortbestehen. Vorliegend ist zudem zu berücksichtigen, dass es sich auch vom Sachverhalt her um ein sehr einfach gelagertes Verfahren handelt; dass besondere Rechtsfragen zu prüfen wären, ist ebenfalls nicht erkennbar. Im Rahmen der Überprüfung ist primär zu überprüfen, inwieweit sich Änderungen an den Grundlagen der getroffenen Entscheidung ergeben haben bzw. ob es weiter gerechtfertigt ist, den Sorgerechtsentzug aufrecht zu erhalten. Die dafür maßgeblichen tatsächliche Änderungen können aber die beteiligten Kindeseltern ihrerseits selbst dem Gericht nahebringen, da sie gleichermaßen von dem ursprünglichen Beschluss und den zum Entzug führenden Gründen Kenntnis nehmen konnten und daher ohne weiteres in der Lage sind, Abweichungen dazu vorzubringen. Insoweit bedarf es hier weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht einer anwaltlichen Beratung.
Auch das Argument, dass "die Gegenseite" - gemeint ist wohl der Kindesvater - anwaltlich vertreten ist, dringt nicht durch. Zum einen gibt es in diesem Verfahren keine Gegenseite in Gestalt des anderen Elternteils, da hier beiden Elternteilen das Sorgerecht entzogen wurde und - wenn überhaupt - als Gegenseite allein der bestellte Pfleger - das Jugendamt - anzusehen wäre. Zum anderen hat auch der Kindesvater seinerseits für die Beiordnung Verfahrenskostenhilfe beantragt, welches nach der bisherigen zutreffenden Auffassung des Amtsgerichts jedenfalls betreffs der anwaltlichen Beiordnung abzulehnen wäre.
Fundstellen