Verfahrensgang
AG Bernau (Aktenzeichen 6 F 547/18) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Kindesvaters wird der Beschluss
des Amtsgerichts - Familiengericht - Bernau bei Berlin vom 29.11.2021
(Az. 6 F 547/18) aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
1. Mit Beschluss vom 23.10.2018 hatte das Amtsgericht dem Vater für das vorliegende Sorgerechtsverfahren ratenfreie Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten bewilligt. Unter dem 18.08.2020 wurde die Zahlung monatlicher Raten von 54 EUR angeordnet.
Durch Beschluss vom 01.03.2021 hat das Amtsgericht die Ratenzahlungsverpflichtung aus dem Beschluss vom 18.08.2020 mit der Begründung vorläufig eingestellt, dass die Ratenzahlung zur Deckung der voraussichtlichen Kosten des Rechtszuges nicht mehr erforderlich sei. Es hat dann mit Beschluss vom 29.11.2021 die Wiederaufnahme der Ratenzahlung angeordnet, weil der Vater für noch ausstehende Gerichtskosten in Höhe von 577 EUR als Zweitschuldner hafte. Gegen diesen Beschluss hat der Vater mit einem am 23.12.2021 beim Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Der Mutter sei für das Verfahren ebenfalls Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden, sodass eine Inanspruchnahme als Gesamtschuldner gemäß § 26 Abs. 3 FamGKG ausscheide.
2. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässig. In der Sache führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Die angeordnete Wiederaufnahme der Ratenzahlung ist nicht gerechtfertigt.
Es trifft zwar zu, dass vorliegend die Vorschrift des § 26 Abs. 3 Satz 1 FamGKG einer Inanspruchnahme des Vaters als Zweitschuldner nicht entgegensteht. Nach dieser Vorschrift darf die Haftung eines anderen Kostenschuldners nicht geltend gemacht werden, soweit einem Kostenschuldner, der - wie die Mutter - Entscheidungsschuldner ist, Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden ist. Dies gilt jedoch nicht mehr, wenn die Verfahrenskostenhilfebewilligung nachträglich gemäß § 124 ZPO i.V. mit § 76 Abs. 1 FamFG aufgehoben worden ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.01.2016 - 5 WF 176/15 - FamRZ 2016, 2146; OLG Celle, MDR 2015, 918). So liegt der Fall hier.
Die Kindeseltern haben gemäß Beschluss des Amtsgerichts Bernau vom 12.11.2018 die Gerichtskosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen. Mit Beschluss vom 24.10.2018 war der Mutter für die vorliegende Sorgerechtssache Verfahrenskostenhilfe bewilligt worden. Die Verfahrenskostenhilfebewilligung ist aber durch Beschluss vom 18.11.2020 nach § 124 Abs. 1 Nr. 2 ZPO i.V. mit § 76 Abs. 1 FamFG wieder aufgehoben worden.
Die Voraussetzungen für eine Haftung des Vaters als Zweitschuldner hat das Amtsgericht aber nach dem bisherigen Sach- und Streitstand zu Unrecht bejaht.
Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 FamGKG soll, soweit ein Kostenschuldner als Erstschuldner - wie die Mutter - aufgrund von § 24 Nr. 1 FamGKG haftet, die Haftung eines anderen Kostenschuldners nur geltend gemacht werden, wenn die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen des ersteren erfolglos geblieben ist oder aussichtslos erscheint. Da der Vater als Entscheidungsschuldner nach § 24 Nr. 1 FamGKG neben der Mutter für die Kosten des Verfahrens anteilig haftet, kann der Beteiligte zu 1. nach § 26 Abs. 2 Satz 1 FamGKG grundsätzlich als Zweitschuldner in Anspruch genommen werden. Insoweit handelt es sich um eine Sollvorschrift, aus der für den zuständigen Kostenbeamten eine Rechtspflicht folgt (vgl. Schneider/Volpert/Fölsch, FamGKG, 3. Aufl., § 26 Rz. 48).
Gleichwohl ist die Inanspruchnahme des Zweitschuldners an bestimmte gesetzliche Voraussetzungen gebunden, ohne deren Vorliegen die Zweitkostenschuldnerhaftung nicht realisiert werden soll. Der Senat kann nicht erkennen, dass das Amtsgericht hier die erforderliche Prüfung vorgenommen hat. Eine Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen der Kindesmutter hat hier nicht stattgefunden. Es ist aber auch nicht ersichtlich, dass eine solche aussichtslos erscheint. Die voraussichtliche Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung muss unter Würdigung aller Umstände von Amts wegen geprüft werden. Indizien für die Annahme, dass die Zwangsvollstreckung erfolglos verlaufen werde, können sich u.a. daraus ergeben, dass der Erstschuldner Sozialhilfeleistungen bezieht, über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, sein Aufenthalt unbekannt ist oder ein Vollstreckungsauftrag durch den Gerichtsvollzieher mit dem Hinweis darauf, dass der Schuldner amtsbekannt unpfändbar ist, zurückgereicht wurde (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 09.07.2018 - 21 WF 176/17 - JurBüro 2018, 534; OLG Karlsruhe, FamRZ 2016, 2146; Schneider/Volpert/Fölsch, a.a.O., § 26 Rz. 51 ff.).
Der Akteninhalt gibt dafür nichts her. Soweit die Landeshauptkasse dem Amtsgericht unter dem 20.05.2021 mitgeteilt hat, die Kostenschuldnerin sei unbekannten Aufenthalts, dürfte das überholt sein. Das Rubrum des angefochtenen Beschlusses weist jedenfalls eine ladungsfähige Anschrift der Mutter aus. Der Besc...