Verfahrensgang
AG Potsdam (Entscheidung vom 28.02.2019; Aktenzeichen 84 OWi 466/18) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Potsdam vom 28. Februar 2019 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Amtsgericht Potsdam zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Brandenburg hat mit Bescheid vom 10. August 2018 gegen den Betroffenen wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 39 km/h (nach Toleranzabzug), was am 12. April 2018 um ... Uhr auf der Bundesautobahn ..., bei km ... in Fahrtrichtung Autobahndreieck ..., mit dem Pkw amtliches Kennzeichen ... begangen worden sein soll, ein Bußgeld in Höhe von 145,00 € festgesetzt und gemäß § 4 Abs. 2 BKatV wegen Vorbelastung ein Fahrverbot von einem Monat angeordnet.
Nachdem der Betroffene dagegen form- und fristgerecht Einspruch erhoben hat, hat die Bußgeldrichterin des Amtsgerichts Potsdam mit Verfügung vom 22. November 2018 Termin zur Hauptverhandlung auf den 28. Februar 2019, 11:30 Uhr, anberaumt und den Betroffenen sowie seinen Verteidiger förmlich geladen.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 27. Februar 2019, eingegangen bei Gericht per Fax am selben Tag um 13:24 Uhr, hat Verteidiger des Betroffenen unter Vorlage einer schriftlichen Vollmachtsurkunde und unter Einrückung im Text und Hervorhebung durch Fettdruck beantragt, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung am 28. Februar 2019 zu entbinden. In dem Anwaltsschriftsatz wird dargelegt, dass der Betroffene die Fahrereigenschaft einräume und erkläre, sich in der Hauptverhandlung nicht weiter einzulassen. Darüber hinaus ist der Betroffene der Auffassung, dass die Ordnungswidrigkeit verjährt und daher das Verfahren einzustellen sei. Die Bußgeldrichterin hat den Antrag auf Entbinden von der Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht beschieden.
Nachdem weder der Betroffene noch sein Verteidiger zum Hauptverhandlungstermin am 28. Februar 2019 erschienen waren, hat das Amtsgericht Potsdam mit Urteil vom selben Tag gemäß § 74 Abs. 2 OWiG den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid vom 10. August 2018 verworfen. Unter dem Datum des 16. April 2019 vermerkte die Bußgeldrichterin, dass ihr der Schriftsatz des Verteidigers vom 27. Februar 2019 mit dem Antrag des Betroffenen auf Entbinden von der Pflicht zum Erscheinen in der Hauptverhandlung vor dem Hauptverhandlungstermin nicht "zur Kenntnis gelangt" sei.
Das Verwerfungsurteil wurde dem Betroffenen und seinem Verteidiger jeweils am 5. März 2019 zugestellt. Mit Anwaltsschriftsatz ebenfalls vom 5. März 2019 hat der Betroffene Rechtsbeschwerde erhoben und diese mit weiterem Anwaltsschriftsatz vom 12. April 2019 begründet und mit Anträgen versehen.
Die Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg hat in ihrer Stellungnahme vom 6. Mai 2019 beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Potsdam zurückzuverweisen.
II.
Der Senat folgt dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 79 Abs. 1 Satz 2, 80 Abs. 1 OWiG statthaft und gemäß §§ 341, 344, 345 StPO iVm. § 79 Abs. 3 Satz 1OWiG form- und fristgerecht bei Gericht angebracht worden.
2. Die Verwerfung des Einspruchs nach § 74 Abs. 2 OWiG kann als Prozessurteil, das naturgemäß keine Ausführungen zu Sache enthält, nur mit der Verfahrensrüge beanstandet werden.
a) Die auf die Verletzung rechtlichen Gehörs zielende Antragsbegründung enthält eine den Erfordernissen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO iVm. § 79 Abs. 3 OWiG entsprechende Verfahrensrüge. Denn soweit im Grundsatz bei der Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs darzulegen ist, was der Beschwerdeführer im Falle der Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, erfährt dieser Grundsatz dann eine Ausnahme, wenn gerügt wird, die Verwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG beruhe auf einer unterbliebenen oder auf einer rechtsunwirksamen Ablehnung, den Betroffenen von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung zu entbinden. Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht nur dann verletzt, wenn der Betroffene daran gehindert wird, zu den für die gerichtliche Entscheidung erheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen, sondern auch dann, wenn das Gericht eine Stellungnahme des Betroffenen nicht zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt (vgl. dazu Schmidt-Aßmann in: Maunz/Dürig, Grundgesetz, Loseblatt, Art. 103, Rdnr. 94; Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 26. September 2005, 2 Ss (OWi) 148 Z/02; ständige Senatsrechtsprechung, statt vieler: Senatsbeschluss vom 1. November 2013, 1 Z - 53 Ss-OWi 471/13 - 271/13; Senatsbeschluss vom 1. August 2011, 1 Z - 53 Ss-OWi 239/11 - 134/11). Der Betroffene trägt in der Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor, das Amtsgeric...