Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgungsausgleich geschiedener Ehegatten im Beitrittsgebiet
Leitsatz (amtlich)
1. Eine gezahlte Rente aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung unterfällt auch dann dem Versorgungsausgleich, wenn die Rente erst nach dem Ehezeitende (aus)gezahlt wird, sofern die Zahlung rückwirkend erfolgt und der Bewilligungszeitpunkt der Rückwirkung innerhalb der Ehezeit des § 1587 Abs. 2 BGB liegt.
2. Zum Verhältnis der § 3b VAHRG bzw. § 4 VAÜG bei Beteiligung angleichungsdynamischer und nichtangleichungsdynamischer Anrechte.
Normenkette
BGB § 1587 Abs. 2, § 1587b Abs. 1; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1; VAÜG § 4 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Cottbus (Beschluss vom 05.04.2006; Aktenzeichen 52 F 115/03) |
Tenor
Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der angefochtene Beschluss abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Von dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 1), Vers.-Nr.: 04 100777 I 505, werden auf das Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 1), Vers.-Nr.: 04 150875 H 043, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 3,12 EUR sowie nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 0,09 EUR, jeweils bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31.5.2003, übertragen.
Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen. Die zu übertragenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.
Der Ausgleich der weiteren nichtangleichungsdynamischen Versorgungsrechte bleibt dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben; Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Der Beschwerdewert wird auf 2.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Beschwerde der Beteiligten zu 1) führt in der Sache zum Erfolg.
Die angefochtene Entscheidung des AG kann keinen Bestand haben, weil das FamG den Versorgungsausgleich auf Grund einer unzutreffenden Ehezeitauskunft für die Antragstellerin durchgeführt und zu Unrecht die bei der Beteiligten zu 2) bestehenden Versorgungsrechte der Antragstellerin unberücksichtigt gelassen hat.
1. Auf Seiten der Parteien sind folgende Versorgungsrechte zu berücksichtigen:
a) Die Antragstellerin hat berücksichtigungsfähige Anrechte sowohl in der gesetzlichen als auch in der privaten Rentenversicherung erworben.
aa) Während der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 Satz 1 BGB (1.4.1998 bis 31.5.2003) hat sie nach der korrigierten Auskunft der Beteiligten zu 1) vom 27.4.2006 (Bl. 99 HA) angleichungsdynamische Anwartschaften auf eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 52,06 EUR und nichtangleichungsdynamische Anwartschaften auf eine Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. monatlich 0,09 EUR erworben.
bb) Außerdem wurde ihr ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 2) (Bl. 12 Sonderheft VA) aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung eine monatliche Rente i.H.v. 255,70 EUR gezahlt. Diese Rente unterfällt dem Versorgungsausgleich.
Zwar handelt es sich bei der privaten Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Risikoversicherung, aus der grundsätzlich kein Deckungskapital gebildet wird. Tritt aber der Versicherungsfall ein, bilden die Versicherungsgesellschaften ein Deckungskapital, aus dem heraus dann Leistungen erbracht werden. Voraussetzung für die Einbeziehung einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung in den Versorgungsausgleich ist daher, dass aus dieser Versicherung spätestens bei Ehezeitende eine Rentenleistung erbracht wird (BGH, FamRZ 2005, 1530; vgl. auch BGH v. 7.12.2005 - XII ZB 34/01, MDR 2006, 638 = BGHReport 2006, 367 = FamRZ 2006, 260 [261] und OLG Nürnberg v. 20.10.2005 - 10 UF 407/05, FamRZ 2006, 711).
Zwar ist das Ende der Ehezeit hier der 31.5.2003, und die Beteiligte zu 2) hat der Antragstellerin die Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente erst im Juli 2003 bewilligt. Der für diese private Versicherung maßgebende Rentenfall ist aber im November 2002, also 6 Monate vor dem Ehezeitende, eingetreten. Demgemäß ist auf den bereits vor dem Ehezeitende gestellten Antrag der Antragstellerin (die Antragstellerin hat im Mai 2003 die Rente beantragt) auch die rückwirkende Zahlung seit November 2002 bewilligt worden. Insoweit ist unschädlich, dass die tatsächliche Rentenleistung erst nach dem Ehezeitende erfolgt ist. Maßgebend ist vielmehr, dass bei einer rückwirkenden Bewilligung der Rente aus der Berufsunfähigkeitsversicherung der Bewilligungszeitpunkt innerhalb der Ehezeit i.S.d. § 1587 Abs. 2 BGB liegt. Denn bereits ab diesem Zeitpunkt bilden die privaten Versicherer Deckungskapitale, weshalb dann gemäß den vorangestellten Grundsätzen die Einbeziehung in den Versorgungsausgleich zu erfolgen hat.
Für die Umrechnung der Berufsunfähigkeitsversicherung ist zu berücksichtigen, dass die mit Wirkung ab Juni 200...