Verfahrensgang
AG Oranienburg (Entscheidung vom 16.10.2006; Aktenzeichen 33 F 232/06) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde wird die angefochtene Entscheidung teilweise abgeändert und dem Kläger ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt, soweit er Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Oranienburg vom 21. Juli 2003 (33 F 140/02) insoweit begehrt, als er ab Rechtshängigkeit der Klage nur noch einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 56,90 % des Regelbedarfs der jeweiligen Altersstufe gemäß § 2 Regelbetragsverordnung, vermindert um das nach § 1612 b Abs. 5 BGB anzurechnende Kindergeld, zu zahlen hat. Ihm wird Rechtsanwalt ... in S... zu den Bedingungen eines in O... ansässigen Rechtsanwalts bewilligt.
Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird auf die Hälfte ermäßigt. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Klägers vom 6. November 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 16. Oktober 2006 ist zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Notfrist von einem Monat gemäß §§ 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt und begründet worden.
Die sofortige Beschwerde hat in der Sache teilweisen Erfolg.
Gemäß § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Eine solche hinreichende Erfolgsaussicht ist nur dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für insoweit zutreffend oder es zumindest für vertretbar hält, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringt und dieses nicht aussichtslos erscheint. Es muss aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung zum Erfolg führen kann (vgl. nur Zöller/ Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.).
Gemäß § 654 Abs. 1 ZPO kann ein im Verfahren nach § 653 Abs. 1 ZPO ergangener Unterhaltstitel abgeändert werden, ohne dass es auf eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse im Sinne des § 323 ZPO ankommt. Jedoch kann eine Abänderung, soweit - wie hier - die Klage nicht binnen eines Monats nach Rechtskraft der Unterhaltsfestsetzung erhoben wird, lediglich für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen, sodass bereits aus diesem Grund Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Abänderung ab September 2006 nicht bewilligt werden konnte.
Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber dem minderjährigen Beklagten ergibt sich aus den §§ 1601 ff BGB. Diese Unterhaltsverpflichtung entfällt nur, soweit der Unterhaltspflichtige unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtung außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB).
Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt. Reichen seine tatsächlichen Einkünfte nicht aus, so trifft ihn unterhaltsrechtlich die Obliegenheit, seine Arbeitsfähigkeit in bestmöglicher Weise einzusetzen und eine mögliche Erwerbstätigkeit auszuüben (BGH FamRZ 1985, 158, 159; 1994, 372, 373; 1998, 357, 359).
Gegenüber minderjährigen Kindern erfährt diese Verpflichtung aufgrund der Vorschrift des § 1603 Abs. 2 BGB eine Verschärfung dahin, dass den Unterhaltspflichtigen eine noch erheblich gesteigerte Verpflichtung zur Ausnutzung seiner Arbeitskraft trifft (BVerfG FamRZ 2005, 1893; BGH FamRZ 2005, 608). Dies folgt aus der die Eltern treffenden rechtlichen und sittlichen Pflicht, ihre Kinder am Leben zu erhalten; diese Pflicht findet ihre Grenze allein in der Unmöglichkeit (RG JW 1903, 29, zitiert bei OLG Dresden OLG-Report 2005, 496). Für seine den Mindestunterhalt im Sinne eines Existenzminimums betreffende Leistungsunfähigkeit ist der Verpflichtete in vollem Umfange darlegungs- und beweisbelastet (BGH FamRZ 1996, 345, 346). Legt der Unterhaltsverpflichtete nicht dar, dieser Obliegenheit vollständig gerecht geworden zu sein, so muss er sich so behandeln lassen, als ob er über ein solch hohes Einkommen verfügt, welches ihm die Zahlung des Mindestunterhaltes ermöglicht (st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG FamRZ 2006, 1297; NJW-RR 2005, 949; FuR 2004, 38, 40; NJWE-FER 2001, 70 ff.; s. auch JAmt 2004, 502; FamRB 2004, 216, 217).
Ein gemäß § 1603 Abs. 2 BGB verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, d.h. unter Anspannung aller Kräfte und Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten um die Erlangung eines hinreichend entlohnten Arbeitsplatzes zu bemühen. Er muss alle verfügbaren...